Vom Stammtisch in die Hipster-Beiz: Jassen ist angesagter denn je. Das traditionsreiche Schweizer Kartenspiel wird nicht mehr nur in Quartierbeizen und auf dem Land gespielt. Auch in diversen In-Lokalen in Zürich und Bern wird neuerdings gejasst. In der Szene-Bar «Das Gleis» nahe der Zürcher Langstrasse finden regelmässig Jass-Turniere statt. Das vermeintlich antiquierte Kartenspiel ist plötzlich angesagt. Auch bei Schweizer Prominenten geniesst das Jassen einen Boom, allen voran bei Dominique Rinderknecht (34). Die Ex-Miss-Schweiz hat kürzlich in ihrer Wahlheimat Südafrika sogar eine kleine Jassgruppe gegründet. «Jassen ist das coolste Spiel der Welt», sagt sie zu Blick. «Es ist der perfekte Mix aus Strategie und Glück und wird nie langweilig.»
Einmal im Monat organisiert Dominique Rinderknecht bei sich zu Hause in Kapstadt, wo sie seit bald drei Jahren mit ihrem Verlobten Drew Gage (33) lebt, einen Jassabend mit Freunden. «Mein Grüppli besteht aus mir und drei Freundinnen – alles Südafrikanerinnen. Und die sind begeistert vom Schweizer Jass!» Gespielt wird auf einem originalen Schweizer Jassteppich, mit dazugehöriger Tafel, Kreide und Schwamm – und mit schweizerdeutschen Karten. «Die finde ich besonders schön und kultig», so die Schmuckdesignerin und Unternehmerin. Für das kulinarische Wohl werden Plättli und ein guter Wein serviert.
Nach Crash-Kurs Schieber mit Trumpf im Griff
Die grosse Herausforderung sei gewesen, ihren Freundinnen die komplexen Regeln des Schweizer Traditionsspiels beizubringen. «Als Schweizerin lernt man die Karten ja meist schon als Kind kennen. Aber meine Freundinnen kennen den Under und den Ober nicht. Also musste ich ihnen erst die Bedeutung und den Wert der einzelnen Karten beibringen.» Durch den sprachlichen Unterschied seien bei dem interkulturellen Spiel besonders lustige Momente entstanden. «Da wir für Karten, wie den Under, die schweizerdeutschen Ausdrücke verwenden, für andere wie die Schellen aber den englischen Begriff Bells benutzen, entstehen teilweise recht lustige Sätze», sagt sie und lacht. Da das Afrikaans nahe beim Schweizerdeutschen sei, funktioniere es mit der Verständigung dennoch gut. Nach dem ersten Crashkurs hätte ihr Grüppchen den Schieber mit Trumpf bereits gut im Griff, so die Zürcherin.
Neben dem Spielspass erlaubt das Jassen der Miss Schweiz von 2013 im Ausland ein Stückchen Heimat zu erleben, gesteht sie. «Mit meinem Jassteppich habe ich immer ein bisschen das Gefühl, ich sitze in den Schweizer Bergen.» Auch das Entschleunigende schätzt Rinderknecht an dem klassischen Spiel. «Beim Jassen erlebe ich eine Pause vom Digitalen. Man fokussiert sich, hat Pausen, in denen man redet. Niemand ist am Handy, alle leben im Moment. Das finde ich schön. Jassen als Spiel und Meditation sozusagen.»