Einer ihrer Lieblingsplätze liegt etwas ausserhalb vom Dorf. Katharina von Salis (83) fährt oft mit ihrem E-Bike zum Schloss Crap da Sass. Von hier aus hat sie einen hervorragenden Blick über den kalten Silvaplanersee zu ihrem Wohnort und dem Piz Albana. «Wunderschön hier, oder?»
Schon als kleines Mädchen verbrachte die gebürtige Bernerin die Ferien mit ihrer Familie in Silvaplana. Die pensionierte Geologieprofessorin und Frauenrechtlerin wuchs in Zollikofen BE auf und lebte unter anderem in Kopenhagen, Paris, Den Haag, London, Wien und Zürich. Als die dreifache Mutter 2001 vorzeitig in Pension ging, zog sie ins Oberengadin. «Ich bin vor allem von der Landschaft fasziniert.»
Silvaplana zieht mit dem See und den Bergen auch viele Sportbegeisterte an: im Sommer zum Kiten und Windsurfen. Im Winter zum Skifahren, Freeriden und Snowboarden. Und wenn der See gefriert zum Eislaufen. Sobald er von Schnee bedeckt ist, ergänzt er das Engadiner Langlaufparadies.
Katharina von Salis war schon früh auf der Loipe anzutreffen. Zwischen 1961 und 1965 gewann sie fünfmal die Schweizer Meisterschaft im Skilanglauf. Sie war eine der ersten Spitzensportlerinnen der Schweiz und holte 1966 an der OL-Weltmeisterschaft in Finnland die Silbermedaille für die Schweiz. «Heute fahre ich jeden Tag mit dem E-Bike das Äquivalent von 10 000 Schritten und pedale am Sonntagmorgen hinauf zum Julierpass.»
1107 Einheimische leben in Silvaplana. Die Gemeinde hat drei Fraktionen: Silvaplana, Surlej und Champfèr.
11 Prozent der Menschen hier sprechen Romanisch. Die Unterrichtssprache bis zum vierten Schuljahr ist Puter, das Oberengadiner Idiom.
24 Vereine sind in Silvaplana aktiv. Darunter der Lenkdrachenclub, der Surfclub und zwei Skiclubs.
Katharina von Salis wohnt in der Chesa L’Orsa. Das Engadinerhaus aus dem 15. Jahrhundert mit den wuchtigen Steinmauern hatte ihr Vater nach einer Erbschaft im Jahr 1946 gekauft. Ein Sgraffito ihrer Mutter zeigt eine Meerjungfrau. «Ich bin umgeben von Neubauten – mein Haus ist das einzige, das nicht abgerissen und neu erbaut oder ausgehöhlt wurde.» Katharina von Salis bot früher Führungen an und kennt die Geschichte hinter fast jeder Fassade im Dorf. «Da oben wohnt Sergio Ermotti, er thront über allen», sagt sie und lacht. «Leute, die kein Rambazamba wie in St. Moritz wollen, kommen hierher.»
Das Dorf wurde jahrelang von starkem Durchgangs- und Bauverkehr geplagt. Seit 2018 ist dank einem Umfahrungstunnel Schluss damit. Auf dem neuen Dorfplatz finden Feste, Märkte und Konzerte statt. Die Einheimischen durften den Platz mitgestalten und Ideen einbringen. Auch Katharina von Salis. Dank ihr gibts hier Hochbeete mit Kräutern für alle und einen Flirtstuhl, auf dem man sich gegenübersitzt und direkt anschaut. «Ein bisschen Schalk darf man ja noch haben.»