Oft ist Eliane Müller, 29, die Unpünktliche. Doch heute steht die Sängerin bereits um 16.58 Uhr gemeinsam mit Schwester Noemi, 23, vor dem KKL Luzern. Am 24. Januar startet Eliane hier ihre Wintertournee. «Der Verkehr», entschuldigt sich Lorena, 31, wenig später und begrüsst ihre Schwestern mit einem Schmutz auf den Mund. Dann gehts los! Vor drei Tagen waren sie noch bei den Eltern in Hochdorf LU, jetzt gibts schon wieder viel zu bereden.
Im Seebistro Luz geht das Gespräch bei zwei Glas Rosé, einem Hugo-Drink und einem Antipasti-Teller mit Oliven, Käse, Brot und Salami erst richtig los. «Von uns war einzig Eli ein Jahr lang Vegetarierin», verrät Lorena. «Das war auch nur wegen einer Wette. Aber ich war konsequent, habe sogar die Ravioli-Füllung ausgekratzt!» – «Doch als es Bratwurst gab, hast du aufgegeben!», lacht Noemi.
Ob Anekdoten, Freud oder Leid – die drei Müller-Schwestern teilen alles miteinander, früher auch die Kleider. «Für jede von uns gibt es wohl anderweitig kaum eine Person, mit der wir mehr Themen besprechen», so Eliane. «Wir sind unsere ersten Anlaufstellen.»
Seit Eliane vermehrt eigene Lieder schreibt, spielt sie sehr persönliche Songs wie ihre aktuelle Single «For You» zuerst ihren Schwestern vor. «Ich wollte von ihnen wissen, ob die Emotionen, die ich ausdrücken möchte, auch wirklich so rüberkommen», sagt sie. «Denn beim Lied geht es um einen uns nahestehenden Menschen, den wir verloren haben.»
Auf Elianes Reise mit dem gemeinsamen Büssli im Sommer 2018 durch Skandinavien entstanden die Songs für ihr neues und fünftes Album «Eliane». An ihrer Musikkarriere ist Noemi schuld. 2012 meldet sie ihre Schwester Eliane heimlich bei der SRF-Show «Die grössten Schweizer Talente» an, die diese dann auch gewinnt.
Eliane, die einen Master in Kommunikation hat, steht als Einzige von den dreien in der Öffentlichkeit. Noemi arbeitet als Flight-Attendant und besucht die Pädagogische Hochschule. Lorena hat nach ihrem abgeschlossenen Sportstudium einen Master in Gesundheitsmanagement begonnen. So etwas wie Neid kennen beide nicht. «Ich würde nie auf eine Bühne stehen! Ich bin froh, dass Eli das macht», sagt Lorena. «Ich kann an ein Konzert von dir gehen und einfach zwei Stunden geniessen ohne einen Eifersuchtsgedanken.»
Auch die Eltern achten sehr darauf, dass ihre Töchter gleich behandelt werden. «Sie kämpfen sehr dafür, dass nicht alles Licht auf Eli fällt, obwohl Noemi und ich nie zu kurz kommen», so Lorena.
«Unsere Erziehung war immer sehr liebevoll und fair», erzählt Eliane über ihre Eltern – der Vater besitzt eine Bauspenglerei, die Mutter ist Dentalassistentin. «Und nicht so streng, würde ich sagen», ergänzt Noemi. «Das behauptest du, als Jüngste!», fährt Lorena dazwischen. «Ja, das kann ich so auch nicht unterschreiben», ruft Eliane. Alle drei lachen.
Ihre Beziehung untereinander war nicht immer so ausgeglichen und eng. Bei Noemi und Eliane dauerte es am längsten. Die sechsjährige Eliane hatte Mühe, als sie plötzlich nicht mehr das Nesthäkchen war. «Ich fand das gar nicht lustig. Lange warst du einfach die kleine nervige Schwester. Ist das jetzt böse?» – «Nein, es war ja so.» Für Lorena war Noemi dafür das perfekte «Bäbi, das alles mit sich machen liess».
Seit die Jüngste im Teenageralter war, sind sie jedoch eine eingespielte Einheit, in der jede ihre Rolle hat. «Zu Lorena gehen beide, wenn wir Ratschläge brauchen», sagt Eliane. «Ja, Lorena sieht Dinge aus Perspektiven, die uns nicht in den Sinn kommen», so Noemi. «Und sie kann tausend Dinge miteinander erledigen.» – «Wir hätten alle längst ein Burnout!», damit löst Eliane erneut ein Gelächter aus.
Beruflich wie auch privat ist sie die Unterhalterin. «Oft, wenn Eli eine Anekdote erzählt, springt sie auf und spielt manchmal zwei Personen gleichzeitig», sagt Noemi. «Und du bist wiederum die Vermittlerin und Schlichterin zwischen allen in der Familie», sagt Lorena. «Noemi spannt die Fäden, hat für alle Verständnis und ist immer fair und loyal.» – «Und sie findet jeden nett, wo ich eher irgendwann sage: ‹Nein, mit dieser Person kann ichs einfach nicht!›», so Eliane.
Misstöne unter ihnen gibts selten, «ausser wenn wir Hunger haben», so Lorena. «Vor allem du, wenn du Hunger hast! Dann wirst du richtig ‹uliidig›!», widerspricht Eliane. Lorena und Noemi sind sich einig: Eliane wirkt in der Öffentlichkeit braver, als sie wirklich ist.
«Ich weiss auch nicht, wie es dazu gekommen ist.» – «Du warst halt die zarte Eliane, die bei Sven Epiney auf der Bühne fast zusammengebrochen ist», so Lorena. «Ich habe auch gezittert vor Nervosität!» Dieser Moment ist schon sieben Jahre und unzählige Konzerte her.