Wenn die Türe zu Erich Vocks und Hubert Spiess’ Eigentumswohnung im 10. Stock aufgeht, sticht jedem Besucher dasselbe ins Auge: so viel Licht. Die beinahe 180 Grad abdeckende Fensterfront im runden Hochhausgebäude in Zürich erhellt die Räume selbst bei bewölktem Himmel. «Wenn wir morgens aufwachen, ist es, als wären wir in einem Hotel», so Spiess. Der Blick ist frei auf den Uetliberg, reicht auf der rechten Seite bis in den Aargau, den Heimatkanton von Erich, und links bis zum See und den Glarner Alpen – also nicht ganz bis zu Huberts Heimatland Österreich.
Seit eineinhalb Jahren wohnen die Theaterproduzenten, die seit 26 Jahren liiert und seit 2003 verheiratet sind, im Minergie-Haus. Es dauerte eine Weile, bis das Paar im Neubau nicht nur physisch, sondern auch emotional ankam. Zuvor lebten sie nicht nur stets in Altbau-Häusern, sondern zwanzig Jahre in derselben Dachwohnung zur Miete. Als diese renoviert wurde, stieg der Mietzins ums Zweieinhalbfache. 60 000 Schweizer Franken pro Jahr, «das war es uns nicht wert», sagt Erich Vock, 57. Und so beschlossen sie, Eigentümer zu werden. Und: «Wenn urban, dann weit oben.»
Durch ihren Umzug in die Loft-ähnliche, 100 Quadratmeter umfassende Wohnung haben sie sich räumlich verkleinert. Einige Möbel mussten mangels Platz in den Keller weichen. Ins neue Daheim haben es dennoch einige Schmuckstücke geschafft. So steht im Wohnzimmer die Spiegelkommode von Hubert Spiess’ Eltern. Und das über Generationen an den Erstgeborenen weitervererbte Schaukelpferd. «Darauf sass ich als Kind im Pyjama mit meinen blonden Löckchen», erinnert sich der 55-Jährige.
«Wir lieben es, Altes und Neues zu kombinieren», sagt Erich. «Der Beton hilft den Antiquitäten, zur Geltung zu kommen.» Den übergrossen Wandspiegel seiner Urgrossmutter entdeckte er als Kind auf dem heimischen Estrich und sicherte ihn sich. Seither ist er mit ihm überallhin gezogen, selbst nach Deutschland. «Schon als wir den Wohnungsplan sahen, wussten wir: Der Spiegel kommt hierhin.» Einzig den Esstisch und die Stühle haben sie neu angeschafft. Deren Vorgänger, die sie vor 24 Jahren für 60 Franken pro Stück bei Interio kauften, haben sie nicht etwa entsorgt, sondern nach draussen auf den überdachten Balkon gestellt.
Die sechsjährige Hündin Pata wieselt durch die Wohnung. Trotz ihrer energievollen Art sind die dekorativen Figürchen – wie Bacchus, der Gott des Weines – vor ihr in Sicherheit. Nur die Schnauze eines der zahlreichen Jahres-Teddybären des Zürcher Lighthouse musste daran glauben. Und auch die lilafarbene Vliesdecke im Lese- und Fernsehraum zerzaust die gebürtige Spanierin mit Vorliebe immer wieder. «Sie ist unser Ruech», so Hubert. «Und Dreckmacher», ergänzt Erich. «Pata fühlte sich hier sofort wohl und liebt die Aussicht vom Balkon.»
Die von Hubert fast perfekt nach dem Alphabet geordneten Bücher im Regal verraten die Leidenschaften der beiden: Architektur, Reisen, Kunst, Theater und Belletristik wie «Sechseläuten» von Krimiautor Michael Theurillat. Zwischen ihrer Literatur – sie haben nur einen Viertel ihrer Bibliothek gezügelt – finden Pinguin-Figuren Platz. «Total herzige Viecher», findet Hubert. «Sie wollen elegant sein, sind aber doch tollpatschig.»
Daneben küssen sich Bambi und Stinktier Blume in einer Schneekugel zu Disney-Musik. «Am Anfang unserer Beziehung reisten wir jedes Jahr ins Disneyland Paris», so Erich. Ihr Faible für Märchen leben die Schauspieler ansonsten auf der Zürcher Märchenbühne aus, welche sie 1994 übernommen haben. Aktuell haben sie vier Produktionen am Laufen. «Pippi Langstrumpf» und «Nightmärchen für Erwachsene» im Theater am Hechtplatz sowie «Wunschpunsch» und natürlich den Publikumshit «Die kleine Niederdorfoper» im Bernhard-Theater.
Abends bleibt momentan leider wenig Zeit, ihrer privaten Tradition zu frönen: sich in die beiden Sessel zu setzen und die Aussicht mit dem nächtlichen Lichtermeer bei einem Apéro-Drink oder einer Flasche Rotwein zu geniessen.