«Flugzeuge können nicht rückwärts fahren, deshalb braucht es meine Kollegen und mich. Wir sind Pushback-Fahrer. Nachdem die Passagiere eingestiegen sind, schiebe ich den Flieger mit dem Traktor Richtung Startbahn, damit die Piloten losfliegen können. Um ein Flugzeug zu bewegen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder setze ich einen Hubschlepper ein, der das Bugrad der Maschine umgreift und wenige Zentimeter anhebt. Oder ich verwende eine Schubstange. Das ist aber etwas komplizierter, weil ich dann mit einem Lenkkörper mehr arbeite. Das heisst, wenn ich links fahren will, muss ich rechts lenken. Das geht nur im Schritttempo. Ich bin gelernter Bäcker-Konditor. Doch ich war schon immer fasziniert von der Fliegerei. Als Kind fuhr ich oft mit meinem Vater zum Flughafen nach Frankfurt, und wir schauten uns stundenlang die Maschinen an. Nach der Lehre habe ich bei Gate Gourmet angefangen. Die Cateringfirma kocht die Menüs für die Fluggäste. Vor vier Jahren habe ich dann zu Swissport gewechselt, wo ich bis heute als Pushback-Fahrer arbeite. Wir verfügen über strenge Sicherheitsregeln. Mit einem Flugzeug irgendwas zu streifen, ist ein absolutes No-Go. Das sind Millionenschäden. Und natürlich geht es immer zuerst ums Wohl der Passagiere, die in der Maschine sitzen und damit abheben.»
Tobias Fischer, 28, Pushback-Fahrer
«Ich bin dafür zuständig, dass der Passagierbereich immer sauber ist. Mein Team und ich putzen die Toiletten, entsorgen den Abfall und reinigen die Sitzgruppen. Weil ich immer um die Passagiere herum bin, kommt es oft vor, dass sie mich fragen, wo ein Gate oder eine Anzeigetafel ist. Manchmal begleite ich die Leute sogar bis dorthin. Ich schaue immer, dass ich dafür Zeit finde – wenns irgendwie geht. Ab und zu erwarten die Passagiere auch, dass ich alle Sprachen spreche. Zu den Spitzenzeiten hat es manchmal so viele Menschen, dass ich fast nicht in die Toiletten oder Raucherräume reinkomme. Dann bin ich draussen die Türsteherin, während die Kollegin drinnen putzt. Oft finden wir Sachen, die vergessen gingen: Handys, Laptops, Dokumente und Pässe, Schmuck, Uhren und sogar schon ein Kleid. Wir bringen alles sofort zum Fundbüro. Ich habe vorher 24 Jahre in einem Hotel gearbeitet. Aber ich wollte in einem noch grösseren Betrieb mit noch mehr Nationalitäten arbeiten. Deshalb bin ich hier genau am richtigen Ort gelandet. Ich will bis zur Pension bleiben.»
Sladjana Novakovic, 46 Schichtleiterin Reinigung
«Es gibt Tage im Herbst, an denen ich im Kontrollturm arbeite und kein einziges Flugzeug sehe – nur eine graue Nebelwand. Dann sind wir stärker auf unsere Systeme angewiesen. Meine Arbeit ist dann keine andere, ich muss höchstens grössere Abstände zwischen den Flugzeugen einhalten. Als Apron-Controller leite ich den Verkehr am Boden. Dazu gehören Flugzeuge und Fahrzeuge wie Pushback-Traktoren auf dem Vorfeld. Ich bin immer mit mehreren Pilotinnen und Piloten gleichzeitig über Funk in Kontakt, muss deshalb meine Augen und Ohren überall haben. An Spitzentagen gibts rund 750 Flugbewegungen, und ich bin pro Schicht mit etwa 250 dieser Flugzeuge in Kontakt. Zwischenfälle gibts sehr selten. Vor zehn Jahren ist mal ein Pilot in der Nacht bei Regen in den Rasen rausgerollt, weil er die Rasenflächen zwischen den Rollwegen nicht richtig gesehen hat. Er ist stecken geblieben, man musste das Flugzeug während mehrerer Stunden bergen. Mit den Pilotinnen und Piloten rede ich Aviation English. Das ist ein fachspezifisches Englisch ohne Floskeln. Alle Piloten weltweit kennen diese Sprache. Einer von vielen Funksprüchen ist zum Beispiel: Swiss one-seven-three-four startup and pushback approved. Damit spreche ich zuerst den Piloten der Swiss-Maschine mit der Flugnummer 1734 an, dann weiss er, dass er die Triebwerke anlassen kann und der Traktor ihn rausstossen darf. Alle zwei Jahre müssen wir zum medizinischen Check, ab 40 sogar jährlich. Wir arbeiten maximal zwei Stunden am Funk, da die Arbeit hohe Konzentration erfordert. Dann gibts 30 Minuten Pause. Manche Kollegen gehen dann schnell raus an die frische Luft etwas lesen oder essen. Ich liege gern ein bisschen auf dem Sofa im Aufenthaltsraum.»
Roman Kistler, 39, Apron-Controller
«In den letzten 14 Jahren habe ich schon einiges erlebt. Aber Namen werden Sie keine von mir hören. Ich bin VIP-Agentin. Wenn unsere Gäste – meistens in Begleitung eines Chauffeurs – ankommen, warte ich bereits am Terminal mit einem VIP-Schild und einem Portier, der sich um ihr Gepäck kümmert. Dann begleite ich die Gäste zum Check-in und durch die separate Sicherheitskontrolle. In unserer Lounge können die Wartenden dann etwas essen, trinken, sich ausruhen oder duschen. Wir erfüllen jeden Wunsch. Wenn jemand einen Burger von McDonald’s will, ist das kein Problem. Ich behalte immer den Flug der Gäste im Auge und bringe sie mit dem Auto bis vors Flugzeug. Über die Crew-Treppe begleite ich sie in die Maschine, so kommen sie nicht mit anderen Passagieren in Kontakt, wenn sie das wünschen. Diesen Service gibts ab 700 Franken. Wir haben jeden Tag Gäste, es kommen immer mehr dazu. So viel kann ich sagen: Amerikanische Schauspieler sind sehr unkompliziert, Mitglieder von Königshäusern sehr höflich. Während des WEFs in Davos ist bei uns Full House. Oberstes Gebot ist Diskretion. Ebenso gilt: Selfies und Autogramme sind strikt verboten.Ich selbst komme aus einer Fliegerfamilie: Mein Vater war Pilot, ich flog schon als vierjähriges Mädchen bei ihm im Cockpit mit. Meine Tochter arbeitet bei der Swiss. Ich mag das Flughafenleben, es ist wie in einem Dorf hier. Jeder kennt jeden.»
Nadja Studinka, 56, VIP-Agentin
«Ich bin ein Frühaufsteher, ich arbeite gern in der Morgenschicht. Dann ist auch am meisten los in der Gepäcksortierung. Pro Tag kommen hier in der Hochsaison rund 30 000 Koffer durch. Ich sehe im System, welche Flieger wann ankommen und ob sie Verspätung haben. So weiss ich, wo wir Gas geben müssen. Die Arbeit ist schon streng, am Anfang hatte ich Muskelkater. Aber inzwischen spüre ich nichts mehr am Abend. Es ist halt wie Training. Wir helfen uns gegenseitig, wenn es grossen Ansturm gibt. Wir haben es immer lustig miteinander, das Team ist super. Wenn ein Gepäcketikett verloren geht, schauen wir, ob der Koffer angeschrieben ist. Falls ja, suchen wir im System nach dem Namen. Wenn dieser mit den Passagierangaben für einen Flug am selben Tag übereinstimmt, wissen wir, wo wir den Koffer hinschicken müssen. Wenn wir nichts finden, bringen wir den Koffer ins Lost & Found. Wir kümmern uns auch um das Verladen von Sperrgütern wie Sportgeräte, Instrumente oder Kinderwagen. Diese Ladungen sind markiert und kommen separat zu uns. Ich habe als Aushilfe angefangen – und wurde seit Corona bereits zweimal befördert. Das macht mich stolz.»
Adnan Sakiri, 43, Gepäckabfertigung
«Ich arbeite immer 24 Stunden durch, danach habe ich zwei Tage frei. Das heisst, ich bin immer einen vollen Tag hier auf der Wache der Berufsfeuerwehr am Flughafen. Wenn der Alarm losgeht, kann das alles bedeuten. Es kann sein, dass es einen Autounfall gegeben oder ein Passagier einen Herzstillstand erlitten hat. Oder ein Flugzeug hat beim Start ein paar Vögel erwischt. Dann wird der Start abgebrochen. Wir begleiten die Maschine zurück und helfen bei der Evakuierung der Passagiere. Die Arbeit hier am Flughafen ist sehr vielseitig. Früher, wenn Freundinnen oder Freunde in die Ferien geflogen sind, wollte ich sie immer zum Flughafen fahren und wieder abholen. Ich bin total fasziniert vom Flughafen. Es läuft immer etwas, die verschiedensten Menschen kommen und gehen. Man sieht so viele Emotionen hier: Freude auf Ferien, Trauer bei Abschieden. Und ich bin immer nah dabei. Wenn ich auf der Wache in meinem Ruhezimmer im Bett liege und die Flugzeuge frühmorgens direkt nebenan losfliegen, ist das schon ein cooles Gefühl – das kann nicht jeder von seinem Job sagen.»
Kathrin Buholzer, 38, Feuerwehrfrau
«Man kann fast sagen, ich hätte das Flughafen-Gen in mir: Mein Vater arbeitete 36 Jahre lang hier, kurz nach seiner Pensionierung habe ich angefangen. Ich bin für verschiedene technische Systeme verantwortlich wie die sogenannte Pisten- und Rollwegbefeuerung. Wir sind gerade dabei, von Halogen auf LED umzustellen. Aber das dauert. Immerhin haben wir auf der ganzen Fläche 11 800 Feuer – ohne die Standplatzbeleuchtung mitzuzählen. Dass bei einem Notfall alle Lichter ausgehen, ist übrigens fast unmöglich. Die für den Flugbetrieb relevanten Systeme sind doppelt abgesichert, und es steht Notstrom bereit. Wir könnten die Pisten mehrere Tage damit befeuern. Momentan arbeite ich in der Nacht. Jeden Sommer machen wir bei einer der drei Pisten eine grosse Revision. Dafür richten wir alle Feuer mit einem Laser neu aus, ersetzen alle Leuchtmittel und reinigen sämtliche Beleuchtungskörper. Wir fangen um neun Uhr abends an und sind um sechs Uhr morgens fertig. Es ist speziell, in der Nacht am Flughafen zu sein. Die letzten Maschinen landen um elf Uhr. Aber es läuft trotzdem mehr, als man denken würde. Überall wird gearbeitet, Beläge werden erneuert, das Kanalsystem wird gereinigt und Grünflächen werden gemäht. Das sind alles Arbeiten, die man am Tag wegen des Flugbetriebs nicht machen kann. Und es ist ziemlich angenehm, wenn man an solchen Hitzetagen wie jetzt in der Nacht arbeiten kann.»
Luca Zupi, 33, Facharbeiter Airfield Technics