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Franz Fischlins Abschied bei der «Tagesschau»

«In dem Moment bekam ich Existenzangst»

Heute Abend moderiert Franz Fischlin zum letzten Mal die «Tagesschau». Dann beginnt für den Journalisten ein neues Zeitalter. Worauf er sich freut und was er für Pläne hat, erzählte er im Interview mit dem «Tele».

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Hallo SRF! Podcast-ExperimentHallo Franz!Franz FischlinCopyright: SRF/Gian Vaitl

«Ich gehöre nicht auf den roten Teppich, das ist nicht meine Welt»: Franz Fischlin beobachtet lieber Menschen als selber im Mittelpunkt zu stehen.

SRF/Gian Vaitl

18 Jahre lang stand Franz Fischlin (59) für die «Tagesschau»-Hauptausgabe vor der Kamera – eine lange Zeit. Und wenn heute Abend kurz vor 20 Uhr der Abspann läuft, beginnt für den Vollblut-Journalisten eine neue Ära. Eine Zeit, auf die sich der Solothurner freut. Viele Projekte kämen jetzt auf ihn zu, aber auch mehr Zeit für sich und seine Familie. Zum Beispiel fürs Reisen. «In einem vierköpfigen Moderationsteam, das sich untereinander 365 Tage aufteilt, hat man Verantwortung, muss sich gegenseitig stützen, Ferien absprechen. Mal länger abwesend zu sein, war kaum möglich. Nun zu sagen, ich könnte spontan meinen ältesten Sohn besuchen, der ein Austauschjahr in Kanada macht, ist in der Tat etwas, worauf ich mich sehr freue», sagt Fischlin dem Magazin «Tele». 

Beruflich wird Fischlin dem Journalismus treu bleiben, schliesslich übt er diesen Beruf sein halbes Leben aus. «Ich habe kaum etwas anderes gemacht. Vielleicht kann ich auch nichts anderes», erzählt er mit einem Lachen. Jetzt stünden vor allem Herzensangelegenheiten an, etwa der Ausbau von «YouNews», der Jugendmedienwoche, wo mit diversen Aktivitäten die Förderung der Medienkompetenz der Jugendlichen unter einem Dach vereinbart werden soll. Mit dem Eintritt in die Selbstständigkeit wird sich allerdings finanziell was verändern, schliesslich bekommt er keinen fixen Monatslohn mehr. «Ja, ich muss schon schauen, dass regelmässig etwas reinkommt», ist er sich bewusst.

Franz Fischlin

So kennt die ganze Schweiz den sympathischen Moderator: Fischlin an seinem (noch) Arbeitsplatz im Leutschenbach.

SRF

Fischlin hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Ende der 90er-Jahre ging er zum damals neu gegründeten Privatsender TV3, doch als der Sender immer boulevardesker wurde und seine Nachrichtensendung inhaltlich und zeitlich reduziert wurde, kam für ihn der Moment, seinen Abgang zu planen – er kündigte ohne einen Plan B in der Hand zu halten. «In dem Moment, als ich sagte, dass ich nicht bleiben kann, bekam ich Angst, Existenzangst. Ich hatte ja kleine Kinder», erinnert er sich an den Augenblick. Schnell eröffnete sich aber eine neue Option: SRF zeigte Interesse an ihm. Nach einem Abstecher beim «Mittagsmagazin», das bald schon wieder eingestellt wurde,  fand er schliesslich den Weg zur Tagesschau. «Es war mein Traumjob. Ich hätte den Job auch noch fünf, sechs Jahre weitermachen können», sagt er zu «Tele». Es gebe im Leben allerdings Momente, wo man sich frage, ob das wirklich alles gewesen sei. Der Entscheid, die «Tagesschau» zu verlassen, sei jedoch keine Kurzschlusshandlung gewesen, sondern das Resultat eines langen, inneren Prozesses. «Der Moment, als ich meinen Entscheid kommunizierte – das war vor zwei Monaten –, hatte auch etwas Befreiendes.»

Das Rampenlicht und die mediale Öffentlichkeit suchte Fischlin hingegen nie, seinen Platz sah er lieber bei seiner Familie als auf dem roten Teppich. «Das ist nicht meine Welt, lieber beobachte ich Leute, die darüberschreiten», sagt er ganz in der Manier des Journalisten. Heute Abend steht er allerdings noch einmal im «Schaufenster» der Nachrichtensendung, dann werden die Lichter gelöscht. Fischlin schaut der letzten Moderation gelassen entgegen: «Ich lasse mich überraschen, was das mit mir macht. Das kann man nicht antizipieren.»

Von bes am 23. Juni 2022 - 17:57 Uhr