Wenn es um Frauenrechte geht, mahlen die Mühlen langsam! 1791 verfasste die französische Revolutionärin Olympe de Gouges die «Déclaration des Droits de la Femme et de la Citoyenne». Mutig forderte sie von der Nationalversammlung im Namen der Mütter, Töchter und Schwestern der Nation ihre Rechte der Frau und Bürgerin ein.
Diese Einmischung in die den Männern vorbehaltene Politik führte sie aufs Schafott. Am 3. November 1793 wurde sie hingerichtet. Rund 200 Jahre später bemüssigten sich mit Ach und Krach die Schweizer Mannen, Frauen das Stimmrecht zuzugestehen. Heute verdienen Frauen noch immer 20 Prozent weniger als Männer.
Die Psychologin und Autorin Julia Onken, 78, gehört zu den profiliertesten Feministinnen der Schweiz. Aufgewachsen in Kreuzlingen TG, arbeitete sie zunächst als Bewährungshelferin im Strafvollzug und als Psychotherapeutin mit eigener Praxis. Nach ihrer Scheidung 1987 gründete sie das Frauenseminar Bodensee und schrieb zahlreiche Sachbücher. Onken hat zwei Töchter, zwei Enkelinnen und einen Enkel. Sie lebt mit ihrem Partner in Amriswil TG.
Das Schneckentempo ist darauf zurückzuführen, dass sich Frauen gegenseitig den Wind aus den Segeln pusten und sich mit der Frage herumschlagen: «Was ist eine richtige Feministin?», und je nach gerade herrschender Ideologie sind es Opferfeministinnen, Intellektuelle, Pussycats oder barbusige Politikerinnen. Ich spreche aus eigener Erfahrung, denn ich fiel stets durch alle Raster. Als ich sehr jung war und mich im Zeitgeist der 68er selbstverständlich sämtlicher Rechte bediente, ob im Umgang mit dem andern Geschlecht, mich im Minirock in den Döschwo einfädelte oder in High Heels daherstöckelte, ich hielt mich für eine ernsthafte Feministin: selbstbestimmt, wirtschaftlich und politisch unabhängig.
Als ich älter wurde, das Stöckeln nicht mehr gelingen wollte und ich auf einen Jaguar umstieg, hielt ich mich zwar noch immer für eine waschechte Feministin. Wer aber damals nicht mit Velo, Rucksack und Birkenstock-Schuhen unterwegs war, gehörte nicht dazu und konnte nicht mitreden. Nun, beinahe im achten Jahrzehnt angekommen, wird mein Engagement eher mitleidig als «Schnee von gestern» abgetan.
Ob intellektuell oder handgestrickt, barbusig oder zugeknöpft, Pop oder Arie liebend, Frauen, die sich für Frauenrechte einsetzen, sind ohne Wenn und Aber Feministinnen. Die Themen bleiben unveränderlich: Selbstbestimmung, wirtschaftliche Unabhängigkeit und körperliche Unversehrtheit.