Im zarten Alter von sieben Jahren entdeckte Giulia Steingruber, 26, ihre Leidenschaft fürs Kunstturnen. Seit vielen Jahren zählt sie in der Schweiz zu den Besten ihrer Disziplin und feiert auch international grosse Erfolge. Ihr bisheriger Peak in ihrer Karriere war 2016 ihre Bronze-Medaille im Sprung an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro, Brasilien. Für Meilensteine wie diesen trainiert die gebürtige St. Gallerin normalerweise mindestens 28 Stunden in der Woche.
Aufgrund des Corona-Lockdowns veränderte sich der Trainingsalltag der Profisportlerin in den letzten acht Wochen allerdings immens: Statt wie gewohnt in Magglingen BE zu trainieren, konnte sie sich bei ihrer Familie in Gossau SG aufhalten und ein Zusammenleben wahrnehmen, dass sie in diesem Ausmass nicht mehr gekannt hatte. Diese Zeit hat die 26-Jährige zum Nachdenken angeregt, wie sie in ihrem neusten Blog-Beitrag auf ihrer Website schreibt.
«Zeit zum Runterfahren – Zeit für Zukunftsgedanken» – mit diesen Worten kündigt Giulia Steingruber ihren Beitrag an. Zunächst resümiert die Kunstturnerin, was sie während des Lockdowns tagsüber so gemacht hat: «Ich habe gepuzzelt, gezeichnet, Sudoku gespielt, Gartenarbeiten verrichtet, Wände gestrichen, meine Zukunftspläne etwas genauer unter die Lupe genommen», schreibt sie.
Statt für sich allein hart zu trainieren, erlebte sie den Sport auf ganz andere Art: «Mit meinem Vater unternahm ich Biketouren, meine Mam machte mit mir meine täglichen Workouts, was oftmals in lautem Gelächter endete, wenn sie die Übungen einfach nicht hinkriegte», erinnert sich die Profisportlerin.
Gemeinsam wurde auch durch ihren Heimatort Gossau gewandert, wie sie resümiert. «Es war toll, so eine Trainingsunterstützung zu haben. Vielen Dank!», schreibt sie an ihre Eltern gewandt.
Seit dieser Woche hat sie ihren fast gewohnten Trainingsalltag zurück. Unter Einhaltung der Vorschriften des Bundes trainiert die 26-Jährige wieder in Magglingen. Mit der langsamen Rückkehr in ihr altes Leben – vor Corona – durchlebt sie ein sehr nachdenkliches Kapitel: «Für mich persönlich heisst dies herauszufinden, ob ich wirklich nochmals zurück in diesen strukturierten Alltag will? Ob mir diese Art von Leben als Profisportlerin nochmals die volle Zufriedenheit bringt?»
An der Motivation läge es nicht, beruhigt sie die Fans. Sie sorgt sich aber um ihre Gesundheit. «Macht mein Körper das ganze Aufbautraining nochmals mit?», sinniert sie. Um an der Weltspitze mithalten zu können, müsse ihr Körper und ihr Geist im Einklang sein, weiss die erfahrene Spitzenturnerin.
Für den Trainingsalltag in Magglingen bedeute dies, dass sie neue Elemente in die Übungen einbauen werde. Erst wenn alle Präsentationen bis ins letzte Detail stimmen, nur dann, könne sie wieder um Medaillen mitkämpfen, ist sie überzeugt.
Da die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020 wegen Covid-19 um ein Jahr verschoben wurden, hat Steingruber nun etwas länger Zeit, um sich darauf vorzubereiten. Ob sie an der Teilnahme – ihrem nächsten Karriere-Ziel – festhalten wird, lässt sie offen. «Ob dies gelingt werden wir sehen», schreibt sie. Ihr Blog-Beitrag endet mit den Worten: «Ich wünsche euch allen gute Gesundheit, hört auf euren Geist und euren Körper, lasst die Sonne in euer Gemüt und seid glücklich.»