Ich bin «Bauer, ledig, sucht...»-Fanin der ersten Stunde. Habe die letzten vier Staffeln auch beruflich eng begleitet. Natürlich erschliessen sich viele Bauernweis- und -eigenheiten einer urbanen Feministin wie mir nicht. Müssen sie auch nicht. Denn allen voran bin ich Menschenfreund und offen für anderes. Bei Hans aus dem Kanton Bern aber, da hörts auf.
Viele unserer TV-Landwirte sind im Umgang mit Frauen jetzt nicht super souverän. Der 64-Jährige aber lässt jeden Hauch des Verständnisses für die Psyche und das Wohlbefinden von Frauen missen. Wenn ich den Berner über Liebe und Sex lamentieren höre, bleibt mir erst einmal die Sprache weg. Zum Glück habe ich meine Tasten.
Nicht, weil er gern Sex hat, und auch nicht, weil er seine Bedürfnisse offen kommuniziert. Mir platzt der Kragen aufgrund der Ignoranz, mit der er seiner Hofdame von Liebe und Gefühlen vorschwafelt, dabei aber Sex meint.
Veronika heisst die Frau, von der man das Gefühl hat, dass sie wirklich an Hans interessiert ist. Sie setzt sich mit seinem Leben auseinander, ist empathisch, hört dem Gebrabbel von «Schätzeli», «Bedürfnissen» und «seelischen Verletzungen» mit Geduld und betroffener Miene zu.
Bei Hans hingegen werde ich das Gefühl nicht los, dass da so ziemlich jede Frau sitzen könnte. Er will nur eines: ins Schlafzimmer. Schnell. Nur so könne er wissen, ob er seine Zeit nicht verschwende, ob es passe mit ihm und Veronika, ob es wirklich Liebe sei.
Sex ist wichtig in einer Beziehung. Keine Frage. Aber Sex ist nicht gleich Liebe. Man kann verdammt guten Sex haben ohne einen Funken Gefühl. Und ebenso geht lieben auch ohne jeglichen Körperkontakt. Wer schon mal Teenager war, der weiss, wovon ich rede.
In einer der einzigen herzerwärmenden Szenen zwischen Hans und Veronika erzählt der Bauer davon, dass er in seinen früheren Beziehungen verletzt wurde, kein Vertrauen mehr in Frauen hat und nur gegeben, nicht aber bekommen hat. Traurig. Echt. Ich habe gedacht, dass ers jetzt begriffen hat. Spoiler: Hat er nicht.
Veronika nutzt das Gespräch, öffnet sich etwas und erzählt unter Tränen, dass auch sie eine schmerzhafte Vergangenheit hat. Was vorgefallen ist, werden wir wohl nie erfahren, denn Hans unterbricht mit dem Satz: «Ich verstehe, dass du Sicherheit brauchst, aber ich kann nicht ewig auf dich warten. So körperlich.»
In diesem Moment blieb mir der Chriesistein im Hals stecken. Fast wäre ich wegen Hans erstickt. Aber nur fast. Statt das Zeitliche zu segnen, atme ich tief ein und mache meinem Ärger Luft.
«Ewig warten»!? Dein Ernst, Hans? Hier ist nicht die Rede von einer Jahre andauernden Bekanntschaft. Wir reden von einer Hof-WOCHE, die gerade erst begonnen hat. Also von maximal drei Tagen des Kennenlernens.
Drei Tage, lieber Hans, sind keine Ewigkeit. Vor allem, wenn man bedenkt, dass du ja die wahre Liebe suchst. Dein «Schätzeli», das ein Leben lang bei dir bleiben soll. Stell dir mal vor, wie viel Sex du bis ans Ende deines Lebens haben kannst, wenn du eine Frau findest, die so lange bei dir bleiben will.
Dass das bis anhin noch keine wollte und auch Veronika immer wieder den Eindruck macht, als würde sie am liebsten die Koffer packen, wundert mich kaum. Mir scheint, als wäre Liebe für dich ein Druckmittel, um Sex zu kriegen. Du versprichst Veronika eine liebevolle Beziehung unter der Bedingung, dass sie so schnell wie möglich mit dir ins Bett steigt.
Und deine Hofdame, die ist – so wie ich sie von meinem Sofa aus einschätze – kein Naivchen. Sie ist eine liebevolle Frau, die versucht, sich mit einem Zaun zu schützen. Einem Zaun, den du immer wieder gepflegt umpflügst.
Du als Bauer solltest doch wissen, dass man Strom auf Zäune legt, damit Kühe sie nicht einrennen. Ich hoffe ehrlich, dass Veronika ihren baldmöglichst unter Starkstrom setzt, du einmal hinlangst und so vielleicht lernst, dass es sich lohnt zu warten, bis sie dich von alleine und freiwillig von deiner Weide holt.