Urs Meier, wie erklären Sie einem Kind Frieden?
Ich versuche, meinen Kindern Frieden jeden Tag vorzuleben, indem ich Probleme aktiv angehe und dabei das «Denken vom anderen her» anwende – eigentlich heisst das auch Fairplay.
Sie haben an der Fussball-WM 1998 mit USA gegen den Iran ein Spiel gepfiffen, das politisch aufgeheizt war wie keines zuvor. Im Duell der Erzfeinde waren Sie der Friedensrichter. Welches war in dieser Partie der dramatischste Moment?
Es gab eine Szene, die mir ein gröberes Problem und einen Aufschrei in der arabischen Welt hätte einbrocken können. Nach 20 Minuten liess ich das Spiel nach einer Intervention des US-amerikanischen Torhüters in seinem Strafraum weiterlaufen. Das war ein Fehlentscheid! Ich hätte Penalty für den Iran und Platzverweis gegen die USA geben müssen. Zum Glück gewann Iran den Match trotzdem 2:1.
Welche Erinnerungen haben Sie sonst noch an dieses Spiel?
USA gegen Iran war mein erstes Spiel überhaupt, das ich im Rahmen einer Weltmeisterschaft leiten durfte. Die Begegnung verlief faszinierend, spannend und packend. Am Schluss erhielten beide Mannschaften für ihr Verhalten den Fairplay-Preis des Weltfussballverbands Fifa.
Wie haben Sie es jeweils geschafft, dass sich iranische und amerikanische Spieler etwa nach Fouls versöhnen – also miteinander Frieden schlossen?
Ich habe meine Entscheidungen schnell, direkt und vor allem fair getroffen. Von Anfang an habe ich darauf hingewiesen, dass es «nur» um Fussball geht und dass man offen und ehrlich miteinander umgeht. Vor dem Spiel habe ich die Aktion initiiert, dass beide Mannschaften gemeinsam und durchmischt vor die Fotografen treten, um der Welt zu zeigen, dass heute ein friedliches Fussballfest über die Bühne geht. Am Abend vor dem Spiel habe ich diese Aktion mit Vertretern der beiden Mannschaften und der Fifa noch besprochen.
Haben Sie je mit einem Spieler Frieden geschlossen?
Ja, mit Michael Ballack. Ihm vermasselte ich die Teilnahme am WM-Final 2002. Im Halbfinal Deutschland gegen Südkorea musste ich Ballack nach einem taktischen Foul verwarnen. Wegen dieser Gelben Karte war er gegen Brasilien gesperrt. Zwölf Jahre später trafen wir uns anlässlich des Ballon d’Or in Zürich. Ich klopfte ihm von hinten auf die Schulter, Ballack drehte sich um, sah mir tief in die Augen und sagte: «Böser Mann!» Wir mussten beide lachen, umarmten uns – und schlossen Frieden miteinander. Michael Ballack ist ein echter Sportsmann.
Wo ist es am friedlichsten?
Bei mir zu Hause in Marbella, Andalusien. Im Kreise meiner Liebsten. Das sind Ehefrau Andrea und die zehnjährige Tochter Blu sowie – wenn sie zu Besuch sind – die erwachsenen Kinder Marcia (35) und Cyrill (33) aus meiner ersten Ehe, sowie Noah (26) und Lara (23) aus der ersten Ehe von Andrea.
Was verbinden Sie mit Frieden?
Nelson Mandela, ein Baby, das auf dem Bauch seiner Mutter oder seines Vaters schläft, und meine kleine Enkeltochter Amalia.
Was machen Sie für den Frieden?
Ich bemühe mich, keinen Konflikt zu verursachen.