1. Home
  2. People
  3. Swiss Stars
  4. Nemo über die Zeit nach dem Eurovision Song Contest
Nemo räumt mit Gerüchten nach ESC auf

«Ich wollte nie nicht im Finale antreten»

In der Nacht auf den 12. Mai 2024 veränderte sich das Leben von Nemo auf einen Schlag. Ganz Europa blickte auf den Musikstar aus Biel BE, als dieser mit «The Code» den ESC gewann. Auch heute verlaufe alles noch wie im Schnelldurchlauf, sagt Nemo im Interview mit dem «Blick».

Artikel teilen

ESC-Star Nemo wurde nach dem Sieg in den Musik-Olymp katapultiert.

ESC-Star Nemo wurde nach dem Sieg in den Musik-Olymp katapultiert.

Thomas Meier

Lys Assia (1924-2018), Céline Dion (56), Nemo (25): Mit dem Sieg am Eurovision Song Contest 2024 in Malmö (Schweden) reihte sich Nemo in die Reihe der grossen ESC-Gewinneracts ein. Seit dem Gewinn steht das Leben von Nemo kopf. Neu lebt der Musikstar in London und gibt nächste Woche den Titel «Eurostar» raus.

Am Donnerstagabend trat Nemo an einem Event der Finanzdienstleister Postfinance und Yuh im Zürcher Schiffbau auf. Aus dem Boden stieg der Musikstar herauf, um rund zehn Meter über den 100 anwesenden Wettbewerbsgewinnern in einem langen Tüllkleid den Siegersong «The Code» zum Besten zu geben.

Nemo, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie sich Monate nach Ihrem ESC-Sieg bei einem Auftritt so künstlerisch austoben können?

Nemo: Es ist ziemlich verrückt. Auch heute hatte ich Momente beim Konzert, in denen ich dachte, dass das alles überhaupt nicht selbstverständlich ist. Vor ein paar Monaten konnte ich in London in einem riesigen aufblasbaren Kleid auftreten und heute flog ich in zehn Meter Höhe durch die Luft. Es ist jetzt so vieles möglich, und ich finde es schön, wenn sich Musik und Kunst verbinden.

Wie hat sich Ihr Leben seit Ihrem ESC-Sieg verändert?

Es ist schon sehr anders. Die Höhen und Tiefen sind stärker geworden. Früher bewegte ich mich oft in der Mitte meiner Gefühlswelt. Jetzt gibt es Momente, in denen ich total euphorisch bin und dann andere, in denen es sehr schwierig ist. Vieles ist neu. Und ich muss lernen, damit klarzukommen.

Neu ist auch Ihr Wohnort. Sie sind nach London gezogen. Wieso?

In der Woche nach meinem ESC-Sieg war ich in London, um dort Interviews zu geben und Auftritte zu machen. Und damals merkte ich, dass es in Europa keine Stadt gibt, in der ich mich künstlerisch mehr ausleben kann. London hat so eine riesige Geschichte, wenn es um Kunst, Musik und Mode geht. London ist quasi das Tor zur Welt.

Spielte auch die Anonymität dort eine Rolle?

Natürlich werde ich dort weniger erkannt, aber das hatte ich auch in Berlin bereits. Klar ist es in der Schweiz so, dass ich oft erkannt werde und es eine Herausforderung ist, wenn ich mal rausgehe, aber eher für mich sein will. Aber ich habe den Entscheid, nach London zu ziehen, nicht aus diesem Grund getroffen. Für mich ist es ein sehr inspirierender Ort, an dem ich viel Potenzial sehe, als Mensch und kunstschaffende Person zu wachsen.

Wie schauen Sie auf den ESC 2024 zurück?

Bis heute ist es schwierig, dafür die richtigen Worte zu finden. Diese Erfahrung hat mir alleine durch den Wettbewerb so viele neue Perspektiven für mich, aber auch im Umgang mit anderen Menschen gegeben. Und dann kam das mit dem Sieg noch dazu. Der hat mein Leben ziemlich auf den Kopf gestellt. Aber ich schaue zurück mit sehr vielen, schönen Gefühlen. Ich konnte sehr viel lernen, sehr viele Freundschaften knüpfen. Und ich konnte meine Geschichte erzählen und die Leute damit berühren. Und anderen Menschen eine Perspektive geben, die sie vorher nicht hatten. Das sind alles Dinge, die bleiben.

Es gab Gerüchte, dass Sie mit dem Gedanken spielten, wegen Vorkommnissen hinter den Kulissen mit der israelischen Delegation nicht am Finale teilnehmen zu wollen. Was ist da dran?

Ich wollte nie nicht im Finale antreten. Aber es gab Dinge, die vor dem Finale hinter den Kulissen passierten, bei denen ich noch immer auf die Berichte der Europäischen Rundfunkunion warte. Dass es von den Organisatoren des ESC noch keine Äusserungen zu diesen Vorfällen gibt, macht es für mich als Act schwierig, vertiefter Stellung dazu zu beziehen. Ich finde, die Menschen, die den ESC organisieren, haben auch die Verantwortung, Dinge aufzuklären. Das kann nicht auf die Künstler*innen abgeschoben werden.

Am ESC lastete ein riesiger Druck auf den Teilnehmenden. Wie hat sich dieser Druck verändert nach dem Sieg?

Der Druck, den ich mir selber mache, ist grösser, weil es kein festes Schema für meinen weiteren Weg gibt. Beim ESC war ja alles vorgegeben mit den Terminen, ich konnte also einem Plan folgen. Jetzt muss ich als Boss mir gegenüber schauen, dass mein Team funktioniert, ich den Überblick habe und mir gut aussuche, mit wem ich zusammenarbeite.

Jetzt ist Ihre Festivaltour durch, nächste Woche kommt Ihr neuer Song «Eurostar» auf den Markt, dann folgen die Clubtournee durch die Schweiz und Ihre Europatour. Wann entspannen Sie?

Das ist eine sehr gute Frage. Es muss dieses Jahr einmal eine Woche geben, in der ich gar nichts machen muss. Ich habe eine Stimme in mir, die sehr viel von mir erwartet. Dieser habe ich sehr viel zu verdanken, aber manchmal könnte sich diese Stimme auch etwas zurücknehmen. Wenn ich ehrlich bin, ist es aktuell eine Schwierigkeit, eine Balance zwischen Arbeit und Ruhe zu finden.

Was sind die nächsten Schritte? Amerika?

Ich finde die USA zwar ein spannender Markt, aber er ist nicht mein Fokus im Moment. Ich bin aktuell ein grosser Fan der Musikkultur in Europa. Wir sind an einem Moment in der Geschichte, an dem europäische Musik viel Gewicht bekommt. Und allgemein der Musikmarkt sich diversifiziert und über die Kontinente verteilt. Ich weiss also nicht, ob ich tatsächlich in die USA gehen muss, um meine Karriere voranzutreiben. Aber es stimmt, ich gehe tatsächlich nach Los Angeles. Ich bin an eine Hochzeit eingeladen. Und ich schreibe dort ebenfalls ein paar Lieder.

Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Blick.ch

Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Blick.ch

Blick.ch
Von Michel Imhof am 27. September 2024 - 12:00 Uhr