Maxime Valvini ist 29 und ein Koloss von einem Mann, wenn man das so sagen darf. 1,95 Meter gross, 100 Kilogramm schwer, muskulös, tätowiert, er hat Schuhgrösse 48, war Schwinger und hat den blauen Gürtel im Jiu-Jitsu. Genau die richtigen Voraussetzungen für seine Rolle im neuen Film «Bisons» von «Platzspitzbaby»-Regisseur Pierre Monnard.
Denn Valvini spielt im Film den introvertierten Bauern und Schwinger Steve Chappuis, der seinen Hof, auf dem er mit seiner frisch verwitweten Mutter lebt, vor dem finanziellen Ruin retten muss. Deshalb lässt er sich von seinem zwielichtigen Bruder überreden, für viel Geld an illegalen Kämpfen teilzunehmen.
Telegener Sportler
Doch so einfach ist es dann doch nicht, bis Maxime Valvini den Zuschlag für die Hauptrolle bekommt. Regisseur Pierre Monnard und Produzent Xavier Grin sind sich zwar einig, dass sie mit einem echten Schwinger und nicht mit einem Schauspieler zusammenarbeiten wollen, um die gewünschte Authentizität zu erreichen. Noch während der Entwicklung des Projekts starten sie Castings mit ausgewählten Sportlern. Doch keiner der Kandidaten zeigt schauspielerisches Potenzial. Bis ihnen aus der Sportszene Maxime Valvini empfohlen wird. Es gibt Testaufnahmen. Und sie kommen bei Monnard gut an. Aber noch immer gibt es kein definitives Go für Valvini.
Trotzdem beginnt der Genfer, sich auf die Rolle vorzubereiten. Der Neuenburger Schauspieler Bruno Todeschini habe ihm «den Kopf für die Schauspielerei geöffnet», so Valvini. «Er hat mir gezeigt, was es bedeutet, ein Schauspieler zu sein. Nämlich nicht nur eine Rolle zu spielen, sondern den ganzen Film zu verstehen. Und den Charakter von Steve.» Zwei Jahre lang habe er mit Todeschini gearbeitet. «Es war hart, aber auch wunderbar. Er war ein grossartiger Lehrer.»
So viel Engagement zahlt sich aus
Pierre Monnard ist beeindruckt, und Maxime Valvini bekommt die Hauptrolle. Die Dreharbeiten starten im Januar 2023. 35 Tage lang wird gefilmt, «die beste Zeit meines Leben». Natürlich könne er sich vorstellen, auch künftig als Schauspieler zu arbeiten. Bis jetzt hat er allerdings noch kein weiteres Angebot bekommen. Das kann sich allerdings schnell ändern, denn «Bisons» läuft erst seit Kurzem in den Schweizer Kinos.
Kranke pflegen und trainieren
Aufgewachsen ist Maxime Valvini in Carouge, einer Künstlergemeinde bei Genf, zusammen mit seiner Mutter und seinem Halbbruder. Nach der Schule macht er eine Ausbildung als Landschaftsgärtner, bricht die Lehre nach drei Jahren aber ab. Um – ja – zum Film zu gehen. Dort arbeitet Valvini allerdings nicht vor der Kamera, sondern als Tonassistent. «Es ist schon lustig», erzählt der 29-Jährige. «Da arbeite ich jahrelang beim Film und hätte mir nie träumen lassen, einmal vor der Kamera zu stehen. Kaum habe ich diesen Job aufgegeben, bekomme ich das Angebot für eine Hauptrolle.»
Irgendwann nämlich hat Valvini keine Lust mehr gehabt, sich als Tonassistent an Filmsets die Beine in den Bauch zu stehen. Er entdeckt neben dem Schauspielunterricht die Welt der Medizin und beginnt vor zwei Jahren am Unispital in Genf eine Lehre als Krankenpfleger. «Ja, ich bin glücklich. Es interessiert mich, wie man Krankheiten und Schmerzen behandelt. Es interessiert mich, wie der Körper funktioniert. Ob es mein Traumjob ist, weiss ich nicht. Gibt es ihn wirklich? Aber es ist eine Arbeit, für die ich jeden Morgen gerne aufstehe.
Eine Kämpfernatur
Wenn Maxime Valvini nicht arbeitet, trainiert er. Bis 2017 im Schwingklub Carouge. Den «lutte suisse», wie man den Schwingsport in der Romandie nennt, gibt er auf, weil das Training nur einmal in der Woche stattfindet.
Der Sportler will mehr – und begeistert sich vor fünf Jahren für Jiu-Jitsu. «Ich kämpfe viel und trainiere sechsmal in der Woche zwei Stunden pro Tag. Während der Wettkampfsaison sogar zweimal täglich», so Valvini.
Und was denkt er über die speziellen Kämpfe, wie sie im Film «Bisons» gezeigt werden? Würde er auch privat für Geld kämpfen? «Oh ja. Das ist mir auch schon in den Sinn gekommen. Vor ein paar Jahren, als ich pleite war. Denn ich weiss, dass ich kämpfen kann. Und ich habe keine Angst, Schläge einzustecken. Für die richtige Summe würde ich es machen. Es ist leicht verdientes Geld.»
Der Preis ist heiss
Momentan wohnt der Single-Mann wieder in Carouge bei seiner Mutter Laurence (58) denn seine Wohnung in Genf hat er für einen Monat untervermietet. Und momentan denkt Maxime Valvini sicher oft an den 22. März 2024. Dann werden in Zürich die Schweizer Filmpreise vergeben. Und er steht vielleicht bald mit einem «Quartz» in seiner Faust auf der Bühne und wird für seine Rolle als «Bester Hauptdarsteller» ausgezeichnet. Ein Sieg, der ihm jedenfalls zu gönnen wäre.