Nun stehen sie noch ein bisschen strammer da, die 34 eben vereidigten Schweizergardisten. In Reih und Glied, auf dem Ehrenhof ihrer Kaserne an der Via Sant’Anna im Vatikan. Bundespräsidentin Viola Amherd (61) schüttelt jedem Hellebardier die Hand, gratuliert «von ganzem Herzen». Auch Nicola Damann (23). «Sie sind ein Vorbild. Ich bin stolz auf Sie», sagt die 61-Jährige zum St. Galler aus Gossau. Dieser rückt seinen drei Kilo schweren metallenen Helm mit roten Pfauenfedern zurecht. «Wir fühlen uns sehr geehrt, Frau Bundespräsidentin. Ihr Besuch erfüllt uns alle mit Stolz.»
Für vier Tage ist die Walliserin nach Rom und in den Vatikan gereist. Bei den Gesprächen mit dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella und der Regierungschefin Giorgia Meloni warb sie für die von der Schweiz auf dem Bürgenstock NW organisierte Ukraine-Friedenskonferenz. Mit Aussenminister Ignazio Cassis weibelt sie überall für die Konferenz. Sie warnt vor übertriebenen Hoffnungen: «Die Ambition jetzt ist nicht ein Friedensvertrag, sondern ein erster Schritt dazu. Es wird eine zweite Konferenz in einem anderen Land brauchen, bei der dann hoffentlich auch Russland dabei sein wird.»
Krieg und Frieden sind auch bei der päpstlichen Audienz ein Thema. Amherd spricht fliessend Italienisch. «Papst Franziskus und ich hatten ein interessantes und anregendes Gespräch, in herzlicher Atmosphäre.» Während sie in Rom weilt, wird in Stansstad NW die Bevölkerung über die Bürgenstock-Konferenz informiert. Sicherheit ist dort ein grosses Thema.
«Den Lead in dieser Sache hat der Kanton Nidwalden», sagt Amherd in Rom auf Nachfrage. «Aus meinem Departement sind aber auch Armee, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienst und Cybersicherheit involviert.» Im Dezember hätte sie das Departement wechseln und damit den Problemen und der oft harschen Kritik entfliehen können. Amherd entschied sich, im VBS zu blieben: «Genau dann, wenn es schwierig ist, muss man an Bord bleiben.» Schläft sie noch ruhig bei all den Gefahren rundum? «Meist bin ich so müde, dass ich gleich einschlafe. Und ich habe das Glück, lang und gut zu schlafen.»
Es ist Tradition, dass Bundespräsidenten bei der Vereidigung von Gardisten dabei sind. Diese findet jedes Jahr am 6. Mai statt. Sie erinnert an die 147 Schweizergardisten, die während der Plünderung Roms durch die Armee Karls V. 1527 ihr Leben für Papst Clemens VII. liessen. Das Korps umfasst 135 Gardisten.
Zum Schluss der «Schweizerpsalm»
Der grosse Tag der Vereidigung beginnt früh. Schon um 6.30 Uhr stehen Menschen vor dem Petersdom Schlange für die heilige Messe. Viele sind Angehörige der 34 Gardisten. Immer wie-der ist Walliserdeutsch zu hören: Jahrzehntelang haben die Walliser den Hauptharst der Schweizergarde gebildet. Viola Amherd und ihre Delegation schreiten ohne Securitycheck durch die Porta della Preghiera in die Basilika. Amherd setzt sich auf den für sie bestimmten Stuhl in der ersten Reihe. Neben ihr: Kommandant Christoph Graf, Nationalratspräsident Eric Nussbaumer mit Frau Margrit, Ständeratspräsidentin Eva Herzog und Manuela Leimgruber, Botschafterin der Schweiz beim Heiligen Stuhl.
Um 7.30 Uhr beginnt die Messe, zelebriert von Kardinal Pietro Parolin mit dem Lied «Lobe den Herrn». Die Bundespräsidentin singt mit. Auch Felix Gmür, Bischof von Basel, und Urban Federer, Abt von Einsiedeln, nehmen teil. Musikalisch begleitet wird der Gottesdienst vom Caecilienchor Aesch aus dem Gastkanton Baselland. Die 45 Sängerinnen und Sänger singen die «Missa Christus Dominus» des Schweizer Komponisten Benno Ammann. Ein Gardist trägt die Lesung vor. Gegen Schluss der Messe beten alle für die Schweizergarde und singen den «Schweizerpsalm».
Danach sind Nicola Damann und seine 33 Kollegen mit ihren nächsten Angehörigen in die Bibliothek des Apostolischen Palasts unterwegs: Papst Franziskus hat seine Beschützer zur Audienz geladen. Der 87-Jährige betritt den Raum, begrüsst die Anwesenden herzlich auf Italienisch. In seiner Rede bedankt er sich: «Eure Präsenz zeichnet sich durch Qualität aus, durch euren freundlichen, aufmerksamen und gewissenhaften Stil. Ihr leistet tagtäglich engagiert und pflichtbewusst euren Dienst.»
Der Papst fordert die Gardisten auf: «Schwimmt gegen den Strom! Verbringt die Freizeit nicht nur mit dem Computer und dem Handy, unternehmt gemeinsame Sachen! So erlebt ihr Momente der Brüderlichkeit. Und betet für mich!» Auf dem Weg zurück in die Kaserne sind sich Gardist Rémy Vaucher und seine Angehörigen einig: «Wir alle sind tief beeindruckt. Ich diene dem Papst gern.»
Der Höhepunkt des Tages: die Vereidigung im Damasushof des Apostolischen Palasts! Die Garde präsentiert sich in Gran Gala, also in Uniform inklusive Rüstung. Auf der Balustrade stehen Mitglieder der Gendarmeria und Marines der US-Botschaft stramm.
Gemessenen Schrittes marschieren Punkt 17 Uhr die Gardisten unter Fanfarenklängen auf, unzählige Handys filmen. Nach Ansprachen von Kommandant Graf und Pater Kolumban, dem Kaplan der Schweizergarde, folgt die Vereidigung in Anwesenheit Seiner Eminenz Edgar Peña Parra, des Vertreters des Heiligen Vaters. Auch Nicola Damann umfasst mit der linken Hand die Fahne des Korps, hebt mit der rechten die drei Schwurfinger und legt den Eid ab: «Ich, Hellebardier Nicola Damann, schwöre, alles das, was mir eben vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten. So wahr mir Gott und unsere Heiligen Patronen helfen!»
Zurück in der Kaserne, weicht die Anspannung. Im Ehrenhof stossen die Vereidigten mit ihren Familien an, lassen sich mit diesen unter der jeweiligen Kantonsfahne fotografieren, auch mit der Bundespräsidentin. Diese wünscht allen eine schöne Feier, der nächste Termin steht an. Zum Abschied winkt sie allen zu: «Ihr seid grosse Vorbilder. Ich bin stolz auf euch!»