Basel ist noch im Tiefschlaf an diesem Sonntagmorgen, die Cafés sind zu, kaum Leute unterwegs. Loan aber ist hellwach, schaut einem «Drämmli» nach, das über die Wettsteinbrücke donnert, der Münsterfähre und einem Motorboot auf dem Rhein – was mit 16 Monaten halt so interessiert. Es ist vor der Fussball-EM einer der letzten ruhigen Momente für Jeff Baltermia und seine Frau Nadja, beide 34. Solange die Schweizer Nati im Turnier ist, wird auch er an der EM weilen und Spielern sowie dem Trainer fürs SRF knackige Zitate entlocken. «Schwierig», sagt Baltermia, aber er meint nicht seinen Job, sondern dass er zum ersten Mal so lange von seiner Familie getrennt ist. «Während Corona habe natürlich auch ich sehr viel Zeit daheim verbracht.»
Der Basler Dialekt polarisiert im Sport
Die Interviews sind hingegen kein Problem. Die Kurz-Fragen unmittelbar nach Abpfiff an atemlose oder genervte Spieler bergen oft die Gefahr, nicht allzu gehaltvoll zu sein. Baltermia meistert sie generell etwas direkter, frecher, er versucht, die gängigen Floskel-Fragen zu umgehen. Das goutieren Schweizer Fussballfans, auch wenn sich Baltermia die Akzeptanz bei ihnen und in den Stadien erst erarbeiten musste – nicht zuletzt wegen seines Basler Dialekts. «Wie dieser im Sport polarisiert, ist unfassbar», sagt der aktive Fasnächtler. Es werde einem von Beginn weg jegliche Neutralität abgesprochen, weil ein Basler doch sicher direkt aus der Muttenzerkurve kommen müsse, was bei ihm aber nicht der Fall sei. «Umso schöner, erhalte ich nun aus anderen Städten Rückmeldungen, dass ich alle gleich behandle.»
An der Stadt Basel hingegen hängt Baltermia sehr. «Ich kenne niemanden, der so gern hier ist», sagt Nadja, Jeff freue sich nach den Ferien immer wieder heimzukommen. Die beiden haben sich 2013 am Open-Air-Festival «Em Bebbi sy Jazz» in der Basler Innenstadt kennengelernt. Die Baselbieterin ist Anwältin, arbeitet als Gerichtsschreiberin – und ist ebenso bewegungsfreudig wie ihr Mann. Die beiden haben gemeinsam schon Surf-, Windsurf- oder Tennisferien gemacht, joggen zusammen, spielen Badminton. Sie hat ausserdem eine Yoga-Ausbildung angefangen, die wegen Söhnchen Loan zurzeit aber ruht.
«Ihr Ding ist, wenn sie sich im Hobbyraum gemeinsam austoben»
Der knapp Anderthalbjährige kann zu Hause schon sehr gut den Ton angeben, «ist aber schüchtern, wenn andere dabei sind», sagt die Mutter. Die Eltern sind sich einig, Loan soll auch seine eigenen Erfahrungen machen, «wir wollen nicht nur Regel um Regel». Papa Jeff geniesst seine Rolle. «Ihr Ding ist, wenn sie sich im Hobbyraum gemeinsam austoben», sagt Nadja, «er singt dann auch gerne die Kinderlieder mit.»
Sie selbst ist in einer fussballbegeisterten Familie aufgewachsen, aber die Baltermias schlagen sie nicht. Die drei Brüder haben alle bei den Old Boys Fussball gespielt, Goalie Jeff trainierte dann auch eine Zeit lang bei den Junioren des FCB – gemeinsam mit Ivan Rakitic, Eren Derdiyok oder Yann Sommer. «Zu mehr hats nicht gereicht», grinst er. Vater Angelo arbeitete jahrelang als Sportjournalist – bei der «Basler Zeitung», bei der ehemaligen Sportzeitung «Sport» und auch bei der Schweizer Illustrierten. Zu Hause gab es nur ein Thema: Fussball.
Bei Telebasel begonnen, nun beim SRF
Das ist heute noch so, wenn er sich mit der Familie trifft. Während seiner Zeit bei Telebasel, wo er neben dem Journalismusstudium arbeitete, fand Baltermia allerdings auch Gefallen am Nachrichtenressort. Und auch zu Hause – das Paar hat sich eben ein Häuschen in Muttenz BL gekauft – gehts um mehr als Sport. «Wir sitzen oft lange da und reden über alles.» Und dabei muss der Fernsehmann, der es am Mikrofon gerne hat, wenns «chlöpft und tätscht», überhaupt nicht den Ton angeben. «Er ist häufig ruhig, und ich rede mehr», sagt seine Frau. «Er kann sehr gut zuhören.» Nun hören aber erst mal wieder wir ihm zu – und das möglichst lange an dieser Europameisterschaft