Wenn sie Zeit hätte, würde Katharina Locher, 33, schon von Anfang an losradeln. Die 37,5 Kilometer zwischen Spiez und Zweisimmen im Berner Oberland unter die Räder nehmen. Aber erstens muss sie am Nachmittag pünktlich wieder in Bern sein, um Töchterchen Sophie, 1, von der Kita abzuholen. Und zweitens sind am Vortag bei ihrem alten Velo alle Gänge bis auf drei herausgeflogen, was die Strampelei nicht einfacher macht.
Die «gäbige» Alternative: der Zug. Den benutzt Katharina Locher auch im Alltag, wenn sie zwischen ihrem Wohnort und
ihrem Arbeitsort in Zürich pendelt. «Ein Auto haben wir nicht. Wir sind Mitglied bei Mobility, das passt super so.»
Wir, das sind Katharina und ihr Verlobter, dessen Namen sie nicht verrät. Seit 14 Jahren sind sie ein Paar, er arbeitet ebenfalls beim SRF. Im August läuten die Hochzeitsglocken. Ihren Nachnamen wird Katharina behalten. Auch Sophie heisst weiterhin Locher.
«Im Zuge der Emanzipation finde ich das gut so. Auch wenn es eigentlich nicht so wichtig ist.» Jetzt ist es allerdings wichtig, den Zug nicht zu verpassen. Denn in Zweisimmen darf Katharina in den Führerstand umsteigen und später sozusagen in der Poleposition in den Bahnhof Gstaad einfahren. Das geht übrigens auch als ganz normaler Fahrgast: Die Loki-Fahrt in der Goldenpass-Bahn kann man buchen.
Beim kurzen Bummel durch Gstaad lässt Katharina die Blicke schweifen. «Ich war schon hier. Aber da ich beruflich so viel unterwegs bin, verbringe ich meine Freizeit gern zu Hause.» Dazu gehört auch das Häuschen ihrer Eltern am Neuenburgersee, wo sich Katharina am liebsten ihrer grossen Passion, dem Gärtnern, widmet. Ab dem 29. Juli wird sie von dort aus jeden Morgen an den Bielersee radeln, wo sie eine Woche lang für «Schweiz aktuell» vom Campingplatz in Erlach berichtet.
Auch jetzt wirds Zeit, endlich in die Pedale zu treten. Es geht über den Röstigraben, der hier auf einem Hügel liegt, dem Col du Pillon. «Ich liebe die Westschweiz. Alles ist anders. Die Sprache, die Menschen, das Essen», schwärmt die Bernerin.
Im Restaurant Les Mazots hoch über Les Diablerets gönnt sie sich einen Salat mit Chèvre. Seit ihrem 15. Lebensjahr ist Katharina Vegetarierin. Auch zu Hause wird fleischlos gekocht.
«Wenn er genug davon hat, haut sich mein Partner ab und zu ein Schnitzel in die Pfanne», erzählt sie lachend. Und die kleine Sophie, die noch in der Brei-Phase ist, kriegt auch mal ein Gläschen mit Bolognese. «Ich bin da nicht missionarisch.»
Frisch gestärkt geht es hoch hinauf: auf den Col de la Croix, über den jeweils die Tour de France rollt. «Ganz so schnell bin ich nicht», meint die Moderatorin schnaufend, als sie die Passhöhe erreicht. Aber durchaus fit, schliesslich fährt sie ihre Tochter zwei Tage pro Woche im Velo-Anhänger in die Kita. Die restliche Zeit teilt sie sich mit ihrem Freund die Kinderbetreuung, beide arbeiten 70 Prozent. Zwischendurch springen auch Katharinas Eltern oder ihre Schwestern ein, die in der Nähe wohnen, oder die Schwiegermutter.
Jetzt aber nichts wie los! Hätte sie Zeit, würde Katharina Locher natürlich auf zwei Rädern nach Montreux fahren. Die Abfahrt von der Passhöhe geniesst die junge Mutter noch. Dann gehts mit dem Zug zurück nach Bern. Denn so sehr sie den freien Tag genoss – Katharina Lochers grösstes Glück wartet zu Hause auf sie.
Weitere Etappen gibt es im Dossier «Quer durch die Schweiz» zu lesen.