Es war einmal ein junges Mädchen namens Kirsty. Vor zehn Jahren verriet sie in einem Interview: «Ich bin so glücklich, dass ich mich verliebt habe und eine Familie habe. Es ist wunderschön. Ich muss mich kneifen. So ein schönes Zuhause zu haben, ein schönes Boot – das Ganze ist ein Märchen.»
Seit Monaten aber ist das Märchen vorbei. Wie die britische «Daily Mail» vergangene Woche publik machte, haben sich Kirsty, 50, und Ernesto Bertarelli, 56, scheiden lassen – diskret und still. «Die Entscheidung wurde in gegenseitigem Einvernehmen getroffen, und die Trennung erfolgte freundschaftlich», lässt das Paar verlauten. Was verwundert. Noch im August vor einem Jahr hatte Kirsty auf Instagram ihren knapp 16 000 Followern stolz ein Ölbild von Ernesto präsentiert. Sie selbst hatte zu Pinsel und Farbe gegriffen und ihren Gatten auf dem «liebevollen Gemälde» porträtiert.
«Der Reichste der Alpenrepublik» – so titelte die deutsche Wochenzeitung «Zeit», als Bertarelli sich Anfang der 2000er-Jahre in die Öffentlichkeit drängt. Rund 100 Millionen Franken investiert der damalige CEO und VR- Präsident der Pharmafirma Serono in seinen Bubentraum: den Gewinn des prestigeträchtigsten Segelrennens der Welt, des America’s Cup. Der 1965 in Rom geborene Ernesto, dessen Eltern Maria Iris und Fabio Bertarelli in die Schweiz auswanderten und der 1990 die Schweizer Staatsbürgerschaft erhält, ist der Erste, der die Segeltrophäe nach Europa bringt – und die Schweiz zur stolzen Segelnation macht. Zweimal in Folge gewinnt Bertarelli mit seiner Jacht «Alinghi» 2003 und 2007 den America’s Cup.
Den Grundstein für den sagenhaften Reichtum der Bertarellis legte Ernestos Vater Fabio. Der kauft in den 1970er- Jahren von der Vatikanbank eine Firma, die ein Fruchtbarkeitsmedikament herstellt. Der Wirkstoff des Medikaments stammt aus Urin von Frauen in der Menopause – und der wird vom Vatikan aus Frauenklöstern geliefert.
Nach dem Krebstod seines Vaters 1998 erbt Ernesto Bertarelli das milliardenschwere Unternehmen zusammen mit seiner Schwester Dona, 53. Aktuell listet Forbes.com Ernesto Bertarelli mit einem Vermögen von umgerechnet acht Milliarden Franken auf Rang 288 der Reichsten weltweit.
Auch Kirsty Bertarelli, geborene Roper, stammt keineswegs aus armem Haus. Sie selbst kokettierte einst mit der Bemerkung: «Es ist nicht so, als ob ich vor meiner Heirat in Lumpen gelebt habe.» Ihr Vater ist Mitbesitzer der britischen Churchill China, einem der grössten Keramikhersteller der Welt. Kirsty geniesst ihre Kindheit im schönen Zuhause auf dem Land mit liebevollen Eltern, Tennisplatz, Pferden und Privatschule. In den Ferien jobbt sie in der Familienfabrik. «Es machte mir Spass, die Teller zu bemalen.»
Kurz vor dem Abitur der Schock: Die Eltern entdecken auf dem Boden ihre zusammengebrochene Tochter. Ärzte diagnostizieren eine akute Hirnhautentzündung, sagen, wenn sie eine Stunde später gerufen worden wären, wäre Kirsty gestorben. 1988 gewinnt sie den Schönheitswettbewerb zur Miss United Kingdom, modelt und wohnt in einer Villa in Chelsea. Ein Geschenk des Vaters. Als dessen Firma an die Börse geht, vermacht er der Tochter ein weiteres Haus in South Kensington, dazu einen Treuhandfonds mit 3,8 Millionen Franken.
Kirstys grosse Leidenschaft aber ist die Musik. Der Hit «Black Coffee» der britischen Girlband All Saints stammt von ihr, als «Kirsty B» veröffentlicht sie bei Universal Records vier Alben, steht als Supporting Act von Simply- Red-Frontmann Mick Hucknall auf der Bühne. Und ihre Single «Twilight» führt sogar neun Wochen lang Europas Dance-Charts an. Sie selbst gibt sich bescheiden: «Ich will nicht die neue Rihanna oder Lady Gaga sein. Ich bin nur eine Singer-Songwriterin.»
Kennengelernt hat sich das Paar 1997 bei einer Dinnerparty auf Sardinien. Kirsty, damals 26, ist zuvor zwei Jahre mit dem Casino-Erben und Naturschützer Damian Aspinall, 61, liiert gewesen. Als sie Ernesto erstmals begegnet, ist es für sie Liebe auf den ersten Blick: Er ist sechs Jahre älter, gut aussehend, kluger Harvard-Absolvent – und reich. «Ich war nervös, wie mans am Anfang jeder Liebesgeschichte ist», erinnert sie sich. «Und ich habe mich gefragt, ob es zwischen uns funktio- nieren wird.» Ernesto hingegen lässt sich zwei Wochen Zeit, ehe er zurückruft. «Es gab viele Mädchen, die mit ihm zusammen sein wollten.» Ihr erstes Date bei ihm in Genf bleibt Kirsty unauslöschlich in Erinnerung. «Ich besuchte Ernesto in seiner Wohnung, trug einen langen Gucci-Kunstpelzmantel. Den bewahre ich bis heute auf wegen seines emotionalen Werts.»
Den Heiratsantrag macht er ihr zwei Jahre später zu den Klängen einer Mariachi-Band in Mexiko. «Ernesto fragte mich auf Französisch, ob ich seine Frau werden wolle. Da ich die Sprache nicht so gut verstand, war ich unsicher, ob er wirklich diese Frage stellte.» Im Juli 2000 geben sich beide in Genf vor 250 Gästen das Ja-Wort. Flitterwochen in Afrika, wo sie Tochter Chiara, heute 20, zeugen. Zwei Söhne, Falco, 17, und Alceo, 15, folgen.
Die Familie pendelt zwischen ihrem zwölf Millionen Franken teuren Sommerhaus in Genf, dem Acht-Millionen-Anwesen in Gstaad (mit eigenem See und Formel-1-Tycoon Bernie Ecclestone als Nachbarn), einem ebenfalls Zwölf-Millionen-Herrenhaus im Londoner Nobelquartier Belgravia und ihrer 125-Millionen-Jacht «Vava II» (100 Meter lang, sechs Decks, Swimmingpool, Helilandeplatz, 30-köpfige Crew), mit der sie zwischen Indonesien, Alaska und der Karibik kreuzen.
Nun also die Trennung. Das Liebes-Aus. Ein Freund des Paares erklärt gegenüber «Daily Mail»: «Die Wahrheit ist, dass Kirsty und Ernesto, obwohl sie sehr verliebt gewesen sind, immer zwei ganz unterschiedliche Menschen waren. Sie haben sich auseinandergelebt.» Bei den Scheidungsmodalitäten konnte Kirsty auf das Verhandlungsgeschick von Baroness Fiona Shackleton, 65, zählen. Die Anwältin vertrat schon Prinz Charles, 72, und dessen Bruder Andrew, 61, bei deren Scheidungen, ebenso Paul McCartney, 79. Sowohl Ernesto als auch Kirsty wickelten ihre Trennung «sehr diskret» ab, verrät eine dem Paar nahestehende Person. «Sie haben immer noch grossen Respekt voreinander.»
Kirsty erhält 440 Millionen Franken, dazu das Haus am Genfersee und das Chalet in Gstaad. Ob sie künftig als Musikerin mehr von sich hören lassen wird? Eine von Kirstys Freundinnen sagt: «Alles, was sie jemals wirklich wollte, ist, Popstar zu werden. Diesen Traum hat sie nie ganz begraben.»
Der Beginn eines neues Märchens?