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Schock-Geständnis in Biografie

Köbi Kuhn wurde als Jugendlicher missbraucht

Eine neue Biografie kehrt das Innerste von Köbi Kuhn nach aussen. In einem nun veröffentlichten Auszug offenbart der ehemalige Nati-Trainer, dass ein Fussballkollege ihn missbraucht hatte.

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Koebi Kuhn

Nati-Legende Köbi Kuhn nimmt den Mut zusammen und spricht über seinen Missbrauch.

Kurt Reichenbach

Schock-Geständnis vom ehemaligen Nati-Trainer Köbi Kuhn: Der 75-Jährige veröffentlicht ein neues Buch über sein Leben. In der Biografie verarbeitet «Köbi-National» die Höhen, aber auch die unendlichen Tiefen seines Lebens. 

So beschreibt er in einem  Kapitel, das der «Blick» publizierte, wie ein Fussballkollege ihn sexuell missbrauchte. Kuhn erklärt, dass er viele Jahre brauchte, um sich mit dem Geschehenen zu befassen. Er schämte sich gar. Geholfen habe das Gespräch mit seiner Gattin.

«Da meine zweite Frau und ich einhundert Prozent ehrlich miteinander umgehen und über alles reden, habe ich mir ein Herz gefasst und ihr erzählt, wie mich einst ein Kollege missbrauchte. Jadwiga stand mir selbstverständlich zur Seite.»

«Die eine oder andere schwerwiegende Erfahrung»

Köbi Kuhn beschreibt, wie er als Jugendlicher in seinem ersten Verein mit älteren Kollegen Fussball spielte. «Für den Fussball war ich reif. Bei vielem sonst ein Kindskopf. Meine Offenheit gegenüber Menschen sollte mir zeitlebens zahlreiche schöne Momente bescheren, aber auch die eine oder andere schwerwiegende Erfahrung. Ich habe vor allem den Fussballerkameraden stets vertraut. Diese Naivität wusste einer skrupellos für sich auszunutzen.»

«Ich stand unter Schock»

Als «Frischling» habe er sich in seinem ersten Verein mit einem älteren Kollegen angefreundet, schreibt Kuhn. «Er war nett zu mir und lud mich eines Nachmittags zu sich nach Hause ein. Törichterweise bin ich mitgegangen.»

Der Mann habe ihn benutzt, um sich selber zu befriedigen und ihn gezwungen, mitzumachen, schreibt der ehemalige Nationaltrainer weiter. «Ich stand unter Schock, war eingesperrt in der fremden Umgebung und konnte mich nicht wehren. Danach habe ich mich geschämt und gefürchtet, was wohl passieren würde, wenn meine Eltern oder der Trainer etwas erfahren. Also habe ich nichts gesagt.»

Hilflosigkeit, Beschmutzung, Scham

Jahrzehnte lang litt Köbi Kuhn unter den Folgen des Erlebnisses. Er beschreibt, wie er auch als Erwachsener mit dem Geschehenen kämpfte: «Immer, wenn ich über sexuellen Missbrauch von Kindern in der Zeitung las, kam alles wieder hoch: die Hilflosigkeit, die Beschmutzung, die Scham, die Wut …»

2016 entschied sich Kuhn, mithilfe seiner Frau Jadwiga, seinen Peiniger zu konfrontieren. Das Paar verfasste einen Brief an die Leitung seines damaligen Vereins, um den Verbleib des Mannes herauszufinden. Dann der Schock: «Man teilte uns mit, dass dieser Mann noch heute ehrenamtlich in der Jugendarbeit im Klub engagiert ist!»

Verein hinterfragte Köbi Kuhns Geschichte

Köbi Kuhn musste für diesen Schritt seinen ganzen Mut zusammennehmen und tat dies in der Hoffnung, andere Kinder und Jugendliche vor demselben Schicksal zu schützen. Doch er wurde enttäuscht. 

«Leider stiess ich auf taube Ohren. Man hat mich abgekanzelt, hinterfragt, warum ich erst jetzt, nach all den Jahren, komme.» Und doch - der Verein habe mittlerweile ein Konzept gegen sexuellen Missbrauch, dessen Schutzwirkung jährlich überprüft werden soll, schreibt Kuhn und schliesst mit den Worten: «Wer Verantwortung für Kinder im Fussball übernimmt, muss diese auch wahrnehmen.»

Berit-Silja Gründlers
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Von Berit-Silja Gründlers am 16. April 2019 - 11:03 Uhr