Patrizia Laeri: Sie haben eine Top-Karriere hingelegt, Herr Krause. Liegt das auch an Ihrem guten Aussehen?
André Krause: Danke für das Kompliment (lacht). Natürlich ist ein sympathisches Auftreten hilfreich, um Menschen für sich zu gewinnen. Das Aussehen alleine hätte meine Karriere nicht gestalten können.
Aber um Kunden zu überzeugen, half es sicher?
Wenn, dann die Ausstrahlung, nicht das Aussehen. Ich glaube, dass ich Menschen gut für mich gewinnen kann.
Hatten Sie nie Angst, finanziell von einer Frau abhängig zu sein?
Nein. Ich habe Bekannte, die Hausmänner sind: Wer in der Familie hauptsächlich den Lead übernimmt, trägt mindestens die gleiche Verantwortung wie ein Manager in seinem Job.
Können Männer wirklich rechnen?
Für mich ist das keine Frage des Geschlechts. Es geht vielmehr um Talent. Wir haben drei Söhne und eine Tochter. Die Tochter kann am besten rechnen.
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie rechnen können?
Schwere Frage (lacht). Ich war in der Schule in Mathe nicht besonders stark.
Trotzdem war Ihre erste Position bei Sunrise jene des Finanzchefs!
Ich will nicht sagen, dass ich nicht rechnen konnte! Aber es hat mich nicht genug interessiert, um Mathe zu studieren. Heute bin ich gut im Kopfrechnen.
Sie stemmten mit UPC eine grosse Übernahme. Wie haben Sie das geschafft?
Immer nur im grossen Team.
Sie haben den Erfolg eingekauft?
Nein. Ich habe versucht, die besten Leute für das Projekt an Bord zu holen. Für mich in Anspruch nehme ich höchstens, dass es mir gelungen ist, alle zusammenzuhalten und zu begeistern.
Hat Ihnen das Mannsein schon mal Vorteile in der Karriere gebracht?
An Grossveranstaltungen finde ich es toll, dass die Schlangen vor den Männer-WCs viel kürzer sind. Ernsthaft: Im Gegenteil – ich habe das Gefühl, dass ich bei einem Jobwechsel als Mann schlechtere Chancen hätte. Aufgrund der zu Recht geforderten Quoten werden derzeit vermehrt Frauen angestellt.
Wer hat Sie gefördert – nur Männer?
Überwiegend, aber nicht nur. Bei Sunrise etwa war Verwaltungsrätin Ingrid Deltenre beteiligt daran, dass ich CEO geworden bin. Auch bei Telefónica gab es Frauen im Management, die für meine Entwicklung eine Rolle spielten.
Fördern Frauen anders?
Ja, weil sie einen anderen Blickwinkel und eine andere Herangehensweise haben – was ich sehr begrüsse. Ich finde auch, dass Frauen in Führungspositionen richtigerweise mehr fordern.
Wie ist das bei Ihnen: Fragen Sie sich nie, wie Sie das alles können?
O doch! Es gibt Situationen, wo ich nachts nicht so gut schlafe und mich frage: Bin ich gut genug vorbereitet? Bisher ist es immer noch gut gegangen.
Was ist Ihr Rezept?
Indem ich im Vorfeld eine Struktur, einen roten Faden entwickle. Das kann beim Sport oder am Wochenende sein.
Sie entwickeln am Wochenende Strukturen – dabei haben Sie vier Kinder. Wie geht denn das?
Das geht nur, weil meine Frau zu Hause den Lead übernimmt. Sie managt den Hotelbetrieb und die Logistik, um alles am Laufen zu halten.
Nie ein schlechtes Gewissen?
Doch! Mit vier Kindern ist es mir nicht möglich, bei allen Elternabenden dabei zu sein. Ich fühle mich schlecht, wenn ich von einer Schulaufführung nur das Video sehe und mein Sohn mich fragt, «Papa, warum warst du nicht da?» Oder wenn ich auf Geschäftsreise bin.
Spricht man darüber unter CEOs?
Mich fragen Leute manchmal, warum ich keine Geschäftsessen am Abend mache. Dann sage ich, dass ich mit meiner Familie Nachtessen will. Da redet man heute schon auch unter CEOs darüber. Ich will meine Kinder ja nicht verstecken, sie machen mir viel Freude.
Was ist wichtiger: Job oder Familie?
Die Familie! Ein Beispiel: Ich war in einer wichtigen Verwaltungsratssitzung und bekam einen Anruf von der Schule, dass unser Sohn einen Stein ins Auge bekommen hat und zum Arzt muss. Meine Frau war verhindert. Da war für mich klar – ich gehe zu meinem Sohn.
Welche Konsequenzen hatte das?
Ich habe die Sitzung verpasst. Die Welt ist nicht untergegangen.
Als Working Dad – wie halten Sie Ihr Energielevel?
Beim Sport kann ich den Stress aus den Kleider schütteln und Kraft und Energie für meine Familie tanken. Aber ich gebe zu: Wenn ich einen schwierigen Tag hatte, kann ich das zu Hause nicht immer komplett verdrängen.
Wie hiessen Sie vor der Heirat?
Krause.
Warum haben Sie nicht den Namen Ihrer Frau angenommen?
Meine Frau fand den Namen Krause allerweltsmässig, und wir haben dieses Thema gar nicht gross diskutiert.
Was machen Sie eigentlich zur Selfcare? Peelings? Massagen?
Die normale Männerpflege: rasieren, Feuchtigkeitscreme, Aftershave. Und ich trinke viel Wasser.
Ah, ein Modeltipp!
(Lacht.) Ist das so? Ich trinke eigentlich, weil ich Durst habe.
Sie tragen Rollkragen statt Krawatte!
Ich verzichte schon lange auf Krawatten. Es braucht keine Anzüge, um Kompetenz und Seriosität zu beweisen.
Wie geht es Ihnen nach diesem Interview?
Mir ist klar, dass viele dieser Fragen nur Frauen gestellt bekommen – zu Unrecht! Gerade etwa die Frage nach dem schlechten Gewissen wegen der Familie. Dazu sollten Männer auch Stellung nehmen müssen.