Lisa Catena fühlt sich leer. Blockiert. Alles ist zu viel. Der Lärm, die Hektik. Ihre Arbeit als Komikerin, Künstlerin und Musikerin macht ihr so ganz ohne Kreativität und Inspiration keine Freude mehr. Die Krise der 41-Jährigen wird existenziell.
Um aus der mentalen Gefangenschaft auszubrechen, legt sie 2019 eine Pause ein. Ein Monat Costa Rica soll es richten, ihr den Kopf lüften. Doch statt mit unzähligen neuen Ideen kehrt Catena mit nur einer, aber wertvollen Erkenntnis zurück: «Ich habe gemerkt, dass mir die wenigen Sachen, die ich eingepackt habe, vollkommen genügen, um glücklich zu sein. Es gibt mir den Freiraum für neues Gedankengut.»
Das Haus im Berner Trendquartier Länggasse, in dem sie eine grosszügige Vier-Zimmer-Wohnung alleine bewohnte, sollte damals saniert werden, die Miete entsprechend steigen. Gezwungenermassen nutzt Catena die Situation, um ihr Leben komplett zu überdenken und einen neuen Weg zu beschreiten. Einen Weg, der ihr eine Selbst-Fokussierung ermöglicht: Die Komikerin zieht mit ihrem Partner in ein 450-Seelen-Dorf zwischen Solothurn und Bern. Dort bewohnt das Paar ein heimeliges Stöckli.
Catena räumt radikal aus, was sie nicht mehr braucht. Vor ihrem Umzug besitzt sie an die 40 Paar Schuhe, einen vollgestopften Kleiderschrank, Regale voller Bücher und viel Plunder. Heute beansprucht ihr Freund den grössten Teil des Kleiderschranks. Sie selbst nennt zehn weisse Shirts, zwei Bühnen-Outfits, zwei Jeans und zehn Paar Schuhe ihr Eigen, Skischuhe mitgezählt. Neues kauft sie nur, wenn etwas kaputtgeht und man es nicht flicken kann. «Ich lebe heute viel bewusster. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich meine neue Jeans trage.»
Inzwischen hat Catena rund 70 Prozent ihres Besitzes verkauft, verschenkt oder entsorgt. Ein Ende ist noch immer nicht in Sicht. «Ich befinde mich immer noch im Prozess. Zu Beginn hielt ich jeden Gegenstand in der Hand und hinterfragte, wann ich ihn gebrauchen könnte. Es ist schwierig, sich dabei nicht selbst zu belügen. Mit der Zeit war es aber beflügelnd, mich von den Dingen zu trennen.» Trotz allem will sie nicht in ein Extrem verfallen: «Nur weil ich auf viele Dinge verzichte, heisst es nicht, dass ich mir nichts gönne. Ich gehe häufiger auswärts und gut essen.» Der positive Effekt ihres neuen Lebensstils: «Seit ich minimalistisch lebe, gebe ich weniger Geld aus, lebe insgesamt unter meinen Verhältnissen.» Was ihr als Kulturschaffende während der Corona-Pandemie hilft.
Etwas gibt es, das sie für nichts auf der Welt hergeben würde: ihr Notebook. «Darauf befindet sich meine Karriere. Jeder Text, jedes Programm, jede Moderation, alles habe ich darauf geschrieben. Es ist faszinierend, was man mit so einer kleinen Kiste alles machen und erreichen kann.»
Lisa Catenas aktuelles Programm heisst «Fertig Theater!» und handelt unter anderem von der Wandlung ihres Lebensstils. «Das ist ideales Futter, um darüber Witze zu machen», sagt sie. «Ich besass drei ‹Kuchentröhli›, sieben Cupcake-Formen und sogar einen Mini-Donut-Maker. Das ist eindrücklich für jemanden wie mich, der noch nie im Leben gebacken hat.»