Die 2500 Kugeln im Treppenhaus erinnern an einen Wasserfall aus Glas. Die Lichtinstallation aus der Designer-Schmiede Sans Souci ist Hingucker und Herzstück und könnte den Damen und Herren vom Housekeeping noch schlaflose Nächte bereiten. Schönheit hat eben ihren Preis. Im Grand Hotel Quellenhof kann man sich kaum sattsehen!
Fünf Monate waren 400 Arbeiter unter der Leitung von Innenarchitekt Claudio Carbone im Einsatz. Am 13. Juli wird die Wiedereröffnung des «Quellenhofs» mit geladenen Gästen gefeiert. 98 neue Suiten (die King Suite gibts ab 8000 Franken), eine prunkvolle neue Lobby: Das Flaggschiff ist für die Zukunft gerüstet und trumpft auch kulinarisch auf. GaultMillau-Star Sven Wassmer kocht in den Lifestyle-Restaurants «Memories» und «verve by sven». «Wir wollen das beste Grand Hotel Europas werden», sagt General Manager Marco R. Zanolari selbstbewusst.
45 Millionen Franken kostete die Verjüngungskur. Thomas Schmidheiny, 72: «Pro Tag verbauten wir 400 000 Franken.» Der milliardenschwere Hauptaktionär, Investor und Unternehmer gilt als unnahbarer Charakter mit rustikalem Charme. Sein Urteil zählt. Beim Rundgang durchs Grand Hotel notiert er Mängel. Und jetzt wackelt noch der Stuhl in der Mustersuite!
Schmidheiny erscheint mit Tochter Lisa, 38, zum Interview, die als Innenarchitektin intensiv am Umbau mitarbeitete. Gut gelaunt erzählt der Weinliebhaber und Kunstsammler vom Treffen mit Brad Pitt an der Biennale Venedig, welche Emotionen ihn mit Bad Ragaz verbinden und warum er das Resort getrost der nächsten Generation übergeben kann.
Das Grand Hotel Quellenhof überrascht mit einem total modernen Image. Thomas Schmidheiny, wie stolz sind Sie auf der Skala von eins bis zehn?
Elf ! Es ist unglaublich, was in zwei Jahren Planung und fünf Monaten Bauzeit geleistet wurde. Beim Ausräumen im Januar packte uns alle das Baufieber, und jetzt sind wir stolz auf das Ergebnis.
Was war Auslöser für den Umbau?
Lisa Schmidheiny: Der Grund ist simpel: In den Zimmern gabs keine integrierte Klimaanlage.
Holt man Investitionen in Höhe von 45 Millionen Franken wieder rein?
Thomas Schmidheiny: Sicher, das ist das Ziel. 1973 hatte mich mein Vater in den Verwaltungsrat abkommandiert. Seither hat sich viel getan. Wir haben 700 Millionen investiert, die wir über die Jahre auch wieder erwirtschaftet haben. Nun war es an der Zeit für eine neue Investition.
«Lisa macht einen hervorragenden Job»
Sind Sie mit den Ideen Ihrer Tochter immer einverstanden?
Lisa macht einen hervorragenden Job. Sie ist seit 2011 im Verwaltungsrat, ein prima «Lernblätz». Es wird über jedes Detail entschieden – vom Vorhang bis zum 70-Millionen-Spa-Tower. Lisa Schmidheiny: Ich war schon in den Umbau 2009 involviert. Mein Vater meinte damals: Willst nicht du nicht an meiner Stelle an die Bausitzungen gehen? So wiederholt sich die Geschichte.
Welche Werte gaben Ihnen Ihre Eltern mit auf den Weg?
Respekt vor den Menschen zu haben. Ich und meine drei Geschwister wuchsen sehr bodenständig auf. Privat bin ich gern in der Natur. Jetzt mache ich noch eine Ausbildung zur Winzerin.
Welches ist Ihr Kraftort im Resort?
Thomas Schmidheiny: Da gibt es viele. 1965 hatte ich einen Militär-Unfall, seither bin ich auch noch glücklicher Patient im Medizinischen Zentrum. Wie Rilke schon sagte: Hier sein ist herrlich. Er hats erfasst!
Was bedeutet Ihnen Bad Ragaz?
Das Engagement meiner Familie geht 100 Jahre zurück. Einst war der «Quellenhof» eine Brandruine. In den 1950er-Jahren wurde das Hotel mit minimalen Mitteln aufgebaut und bis heute massiv vergrössert. Wir beschäftigen 790 Leute. Viele davon kommen aus Bad Ragaz und der Region, kennen das Resort schon seit Kindsbeinen und sind stolz, ein Teil davon zu sein. Das freut auch meine Familie und mich.
«Verlieren wir einen Stammgast, müssen wir acht bis zehn neue Gäste gewinnen, um die lange Aufenthaltsdauer zu ersetzen»
Wird der frische Style bei den Stammgästen ankommen?
Das hoffen wir. Herz und DNA des Hauses aber sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die fast alle wieder mit im Team sind. Das Business ist herausfordernd: Verlieren wir einen Stammgast, müssen wir acht bis zehn neue Gäste gewinnen, um die lange Aufenthaltsdauer zu ersetzen.
Sie wollen der führende Gourmet-Hotspot werden. Wie wichtig sind Sterne und Punkte?
Mit Sven Wassmer im «Quellenhof» und Silvio Germann im «Igniv by Andreas Caminada» verwirklichen sich gleich zwei junge Talente. Wir setzten nicht nur auf High-End-Küche, sondern auf gesunde und bewusste Ernährung. Einige unserer Gäste kämpfen mit Übergewicht und gesundheitlichen Problemen. Wir möchten, dass Sie sich darüber bei uns keine Gedanken machen müssen.
Darfs trotzdem mal eine Bratwurst sein? Oder doch lieber Kaviar?
Ich kann mit beidem leben. Am liebsten ist mir die mediterrane Küche. In der «Zollstube» gibts wunderbare Forellen aus dem Weisstannental. Auch einfache Gerichte müssen stimmig sein.
Sie besitzen Weingüter auf der ganzen Welt. Welches ist Ihr Lieblingstropfen?
Ich wuchs im Rebhof in Heerbrugg auf und habe als Bub schon im Weinberg mitgeholfen. Stolz sind wir auf Cuvaison in Kalifornien, Chapel Hill in Australien, Decero in Mendoza, Höcklistein am Zürichsee und Schmidheiny im St. Galler Rheintal. Aktueller Favorit? Argentinischer Malbec.
Und in Sachen Kunst?
In den letzten Jahren haben wir die Hodler-Sammlung meines Vaters, verschlankt: mehr Qualität statt Quantität. Ein harter Prozess. Privat sammle ich, was mir gefällt. Die Figurengruppe «Krieger», die vor dem «Quellenhof» die Gäste begrüsst, kaufte ich an der Skulpturenschau Bad RagArtz.
General Manager Marco R. Zanolari stammt aus der Gegend. Warum ist er der Richtige für den Job?
Er weist eine tolle Karriere auf, war zehn Jahre im «Four Seasons» und riskiert auch einmal etwas Freches. Mit CEO Patrick Vogler bringt er frischen Wind ins Resort. Und dass er aus Chur stammt, ist definitiv ein Vorteil.
Welcher Charakterzug mögen Sie gar nicht an Menschen?
Fehlende Neugierde. Und wenn man nichts dazulernen will.