Mehrere Dutzend Anfragen aus aller Welt liegen aktuell bei Marco Odermatts Management. Für Interviews, Auftritte, Autogrammstunden, Drehs. Keine Frage: Nicht nur die Schweizer Fans sind verzückt vom jungen Innerschweizer. Momentan scheint ihm die ganze Skiwelt zu Füssen zu liegen. Und der Tenor ist immer derselbe: Wer oder was soll diesen Odermatt davon abhalten, seinen Sport über die nächsten Jahre hinweg zu dominieren?
Natürlich wurde das schon von manchem gesagt. Erhofft. Etwa von Odis Schweizer Vorgänger als Riesenslalom-Olympiasieger, Carlo Janka, der 2010 im ähnlichen Alter eine ähnlich ausserordentliche Saison hatte. Doch nun spricht alles für diesen genialen Skifahrer aus Buochs NW.
Das beweisen diese Olympischen Spiele in Peking erneut. Nach einem soliden siebten Platz in der Abfahrt geht er im Super-G volles Risiko ein – und scheidet mit Bestzeit aus. Im Riesenslalom ist er der absolute Favorit, führt nach dem ersten Lauf, wechselt vor dem zweiten das komplette Set-up («Das braucht schon Mut an Olympia»), riskiert wieder alles – und gewinnt. Nerven aus Stahl, die er schon kürzlich beim Sieg in Adelboden gezeigt hat. Ausschliesslich auf seine Qualitäten setzt er dann aber doch nicht. Beat Feuz’ Goldmedaille fasste er nicht an, falls das Pech bringen sollte, wie er grinsend sagt.
Wie er es schafft, trotz Enttäuschung wieder auf den Punkt bereit zu sein, erklärt seine langjährige Mentaltrainerin Monika Wicki-Hess. «Marco ist auch in der Verarbeitung von Niederlagen ein absoluter Meister. Er hat die beiden ersten Rennen schnell abgehakt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Er hatte die Gewissheit, dass er alles mitbringt, um bei diesem Riesenslalom erfolgreich zu sein.
Der Athlet selber ist erleichtert und zufrieden. «Aber es ist schon surreal, dass ich jetzt Olympiasieger bin.» Die Woche nach dem Rennen gilt der Verarbeitung und Erholung, feiern im kleinen Rahmen mit den engsten Freunden und der Familie. Es folgt eine Woche Konditraining. Und dann der Schlussspurt. Am 20. März will Odermatt im französischen Méribel die Trophäe für den Gesamt-Weltcupsieg in die Luft stemmen. «Einzelrennen wie Adelboden oder Olympia zu gewinnen, ist vielleicht emotionaler», sagt der 24-Jährige. «Aber sportlich hat die grosse Kugel schon am meisten Wert.»
Bereits letztes Jahr fuhr Odermatt bis zuletzt um den Sieg. Damals kam er aber enttäuscht von einer WM ohne Medaille und mit Rückstand auf die Zielgerade. Doch nun, mit 375 Punkten Vorsprung, mit dem Selbstvertrauen aus sieben Saisonsiegen, elf Podestplätzen aus 17 Weltcuprennen: Wer soll Odi da noch stoppen?