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Mitten im Winter hüpft der Michael Elsener in den kalten Zugersee. Mit regelmässigen Eisbädern nutzt der Comedian den Adrenalinschub, um seine Comedy-Ideen aufzufrischen. Zurzeit bringt er Polit-Comedy-Show «Alles wird gut» auf die Bühne. Schweizer Illustrierte
Des Komikers kalter Kick

Michael Elseners Eisbad fördert Kreativität und Erfolg

Das Parodieren wurde ihm in die Wiege gelegt. Auch das Talent für Komik. Heute schwimmt der Satiriker Michael Elsener auf einer Welle des Erfolgs. Und geht – nicht mit seiner Kunst, sondern zum Vergnügen – immer wieder baden.

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Menschen in Badehose sind derzeit draussen ein rares Gut. Einer, der sie fast täglich anzieht, ist Comedian Michael Elsener (39). Nicht aus Spass an der Hose, sondern aus Freude am Baden. Ein Ritual, das der Zuger seit einigen Jahren pflegt. Natürlich in «seinem» See, fast direkt vor der Haustür – egal, bei welchem Wetter, egal, bei welcher Temperatur.

«Zuerst schaue ich einfach auf den See hinaus. Auf dem Wasser schimmert das morgendliche Sonnenlicht. Darüber schwebt ein Dunst, die Lichtstrahlen spielen mit ihm. Entenschwärme fliegen knapp über dem Wasser. Diese Stimmung regt meine Fantasie an.»

In Gedanken lässt er den Vortag Revue passieren, reflektiert sich selbst und andere Menschen, driftet vom Privaten ins Berufliche ab. «Aus dem Nichts kommt mir eine Idee für einen Sketch, die ich dann zu Hause weiterverfolge», so der Kabarettist. «Und irgendwann ist es Zeit, baden zu gehen.» Der Ablauf ist meist ähnlich: Michael Elsener schwimmt raus zu einer gelben Boje, umrundet sie und kehrt zurück. «Wenn ich ins kalte Wasser steige, dann gibt es nur diesen Moment und sonst nichts – die ultimative Präsenz. Ein unglaublicher Kick für den Körper und ein beglückendes Gefühl. Ich fühle mich danach extrem wach.»

Als Warmduscher kann man Elsener schlecht bezeichnen. Obwohl er absolut nichts gegen eine heisse Brause habe, schmunzelt er.

Als Warmduscher kann man Elsener schlecht bezeichnen. Obwohl er absolut nichts gegen eine heisse Brause habe, schmunzelt er.

Geri Born

Kein leichter Weg

Ja, Michael Elsener schwimmt nicht nur oft im See, sondern auch längst auf einer Welle des Erfolgs. 2007 gelang ihm der Durchbruch mit seinem ersten Soloprogramm, «Schlaraffenland». Seitdem ist der Comedian, Satiriker, Parodist und Autor von Theaterkomödien eine feste Grösse in der Schweizer Comedyszene. Ein Weg, der kein leichter gewesen ist.

Als Kind hat Elsener keine Ahnung, was er werden will. Auch ist er nicht der typische Klassenclown. «Ich habe schnell gemerkt: Rufe ich während der Schulstunde dazwischen, wird mein Leben anstrengend.» Deshalb parodiert er Lehrerinnen und Lehrer, bevor die Stunde beginnt. Auch privat imitiert der junge Michael gern die Verwandtschaft. «Meine Mutter sagte jeweils zu mir: ‹Michael, es ist lustig, wie du deinen Onkel parodierst, aber warte doch bitte, bis er gegangen ist›», erzählt Elsener und lacht. Sein Talent nahm er damals nicht als aussergewöhnlich wahr. «Ich dachte, das kann jeder.»

Er ist 14, als er das erste Mal mit einem Stand-up bei einer Talentshow auftritt – an der Kanti Zug vor 800 Menschen. «Ich hatte eine Zahnspange, war noch ohne Stimmbruch und stellte mich vor die versammelte Teenager-schar. Erst als ich auf die Bühne trat, wurde mir bewusst, was nun alles passieren könnte. Spontan strich ich meinen geplanten Eröffnungsjoke und parodierte als Erstes den strengen Rektor, der in der vordersten Reihe sass. Das hat gesessen. Sie verliehen mir für meinen Stand-up den Jury- und den Publikumspreis. Und ich spürte: Auf witzige Art Dinge aussprechen, die ich schwierig finde, das ist es, was ich machen will.»

Während seines Studiums in Zürich und Florenz (Politikwissenschaften) wagt sich Elsener auf die sogenannt Offenen Bühnen, tritt neben Jongleuren, Zauberern und Breakdancern auf. «Dort habe ich auf die harte Tour gelernt, was es heisst, Comedy zu machen. Niemand kannte mich. Neben all den virtuosen Akrobaten war ich irgendwie fehl am Platz. Doch ich wusste: Ich will das hinbekommen. Ich werde das Publikum von meiner Comedy überzeugen können.» Es hat funktioniert. Und wie.

Zurzeit ist Elsener auf Tournee mit ­seiner Polit-Comedyshow «Alles wird gut». Im Januar 2026 gibts ein neues Programm.

Zurzeit ist Elsener auf Tournee mit seiner Polit-Comedyshow «Alles wird gut». Im Januar 2026 gibts ein neues Programm.

Geri Born

Kosmischer Zufall

Heute kann Michael Elsener von seiner Kunst leben. Seine Kabarettnummern und fiktiven Bühnenfiguren sind Kult. Die Imitationen von Roger Federer, Viola Amherd, Guy Parmelin, Jacqueline Badran und Peach Weber – um nur einige zu nennen – sowieso. Vergangenen Herbst gewinnt er den begehrten Swiss Comedy Award für sein aktuelles Soloprogramm, «Alles wird gut – das Update». In der interaktiven Polit-Comedyshow ist Elsener im Dialog mit dem Publikum, fordert dieses auf, ihm Sorgen und Erwartungen zu seinem Wohnort mitzuteilen. Diese Anregungen fasst der Entertainer nach der Show in einem Brief zusammen und schickt ihn an die jeweilige Exekutive.

Kult sind aber auch Elseners unterhaltsamen Videos mit einfachen Erklärungen zu Abstimmungsvorlagen, die der studierte Politologe seit gut zehn Jahren auf Social Media veröffentlicht. «Dass ich in der Schweiz auf die Welt gekommen bin, ist ein gigantischer kosmischer Zufall. Ich habe Chancen, die andere nicht haben. Ich schätze es sehr, dass ich in einer Demokratie leben darf. Von uns allen gehen aber nur noch 45 Prozent wählen und abstimmen. Mit meinen Politvideos will ich die Leute dazu motivieren, wieder mitzumachen.«

Inspiration See: «Aus dem Nichts kommt mir eine Idee für einen Sketch, die ich dann zu Hause weiterverfolge.»

Inspiration See: «Aus dem Nichts kommt mir eine Idee für einen Sketch, die ich dann zu Hause weiterverfolge.»

Geri Born

Liebe und Homepartys

Geht es um sein Privatleben, hält sich Michael Elsener gegenüber den Medien bedeckt. Auf die Frage, ob er verliebt sei, antwortet er mit einem schlichten Ja. Mehr will er nicht dazu sagen. Im August 2021, kurz vor der Abstimmung «Ehe für alle», postet der Comedian ein Video auf Youtube und spricht erstmals öffentlich über seine Homosexualität – und auch darüber, dass er es schwierig findet, wie in der Öffentlichkeit queere Menschen oft auf ihre sexuelle Orientierung reduziert würden. Er wünscht sich, dass dies irgendwann kein Thema mehr ist.

Invasiv Privates fragt auch Elsener die prominenten Gäste nicht, die er in seiner anderen aktuellen Show – «Der Talk, der dich verändert» – empfängt. «Ich bitte sie beispielsweise, mir zu erzählen, was sie glücklich macht. Die Antwort gibt oft einen schönen Einblick in die Persönlichkeit des Gastes», weiss er. Ihn macht das Kochen und Essen einer italienischen Parmigiana glücklich. Aber auch das Zusammensein mit lieben Menschen, mit denen er über alles reden kann. Und eine richtig gute Homeparty.

Von Janine Urech am 31. Januar 2025 - 12:00 Uhr