Ehe er Michael Jackson wird, ist Daniel «Danny» Atanasio Zbinden, 32, Altenpfleger. Seit einigen Jahren aber verdient der Schweizer mit brasilianischen Wurzeln sein Geld als King of Pop. Zbinden ist Europas erfolgreichster Michael-Jackson-Tribute-Artist. Umjubelt vom Publikum in Las Vegas.
Dannys Traum wird wahr. «Früher sagte ich mir, wenn ich mit Tanzen meinen Lebensunterhalt verdiene, hab ichs geschafft», erzählt er. Als Zwölfjähriger sieht er erstmals das Video zu «Thriller», und ihm ist klar: Ich will so tanzen können wie Michael Jackson. Er hängt seine Fussballschuhe an den Nagel, widmet sich dem Tanzen. Danny tritt regelmässig bei Wettkämpfen an, wird 2003 in Bremen mit der Thuner Tanzgruppe «da Kidz» sogar Weltmeister im Hip-Hop.
Aufgewachsen in Thun, erregt Atanasio Zbinden, der als Kleinkind adoptiert wird, kurz nach Michael Jacksons Tod 2009 Aufmerksamkeit – mit einer kleinen Showeinlage am Thunfest. Kurz darauf fliegt er nach Los Angeles, wo er drei Wochen lang jeden Tag als Jackson-Double auf dem Hollywood Walk of Fame am Stern seines Idols tanzt.
Er setzt alles auf eine Karte. Riskiert sein ganzes Geld, organisiert Anfang 2016 eine Jackson-Tribute-Show in Thun, verpflichtet dafür eine Profi-Videocrew, schickt die Aufnahme nach Las Vegas. Sein Auftritt im Film überzeugt. Er wird eingeladen, in der US-Showbiz-Metropole den jungen Jackson darzustellen. Und der Schweizer tanzt nicht nur, sondern er singt auch.
Danny wird gefeiert. «Das Publikum in Vegas geht ab wie ein Zäpfli», erzählt er lachend. Füllte er einst in Thun das Kultur- und Kongresszentrum mit 600 Besuchern, sind es nun 1500 Jackson-Fans in einer Show. «Die schreien und gehen mit, wie man es in der zurückhaltenden Schweiz nicht kennt.» Als ihn Jermaine Jackson, einer der Brüder Michaels, sieht, sagt der geschockt: «Oh my God, du siehst aus wie mein Bruder!»
Böse Vorahnungen beschleichen Danny im Februar, als die Dokumentation «Leaving Neverland» im TV läuft. Zwei Männer erzählen darin, von Jackson einst sexuell missbraucht worden zu sein. «Als ich das hörte, war mir klar, ich kann heimgehen», erinnert sich Danny. Tage darauf teilt ihm sein Produzent mit, dass es keine weiteren Shows in Vegas geben wird. «Es ist nicht fertig, aber wir lassen erst mal den Sturm vorüberziehen», habe er ihm und dem Rest der Crew Mut gemacht.
Danny schätzt Jacksons Musik. Die Doku hat er nicht gesehen, er will sie nicht sehen. «Für mich zählt Michael Jackson als Musiker», sagt der Vater eines fünfjährigen Buben. Er sei sehr stolz darauf, Jacksons beste Jahre auf der Bühne präsentieren zu dürfen.
Die unfreiwillige Auszeit hat er genutzt, um in seiner Heimat neue Kraft zu tanken. Er kann sie brauchen. Ende Juni tritt er wieder in Las Vegas auf. Bald danach gehts für einein-halb Jahre auf China-Tour. Wie lange er den jungen Michael noch verkörpern kann, hängt auch von ihm selbst ab. Sein Manager jedenfalls bescheinigte ihm, dass er bei gesunder Lebensweise bis 45 weitermachen könne.
So träumt Danny weiter. «Irgendwann möchte ich eigene Musik machen.» Sollte dieser Traum platzen, würde er sogar wieder als Altenpfleger arbeiten. Der Michael Jackson aus Münsingen ist auf dem Boden geblieben.