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Philipp Fankhauser über die Tour nach der Krankheit

«Mit Blues vertreibe ich den Blues»

Nach seiner schweren Krankheit ist der Berner Musiker Philipp Fankhauser zurück auf Tournee. Und gibt wieder richtig Vollgas! Im Rücken hat er eine starke Band, die ihn auch in schwierigen Zeiten unterstützt hat. «Wir sind eine Familie.»

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Der Maestro und seine Gibson ES-355 B.B. King Lucille. Sein Mops Trevor verfolgt das Geschehen bei jedem Konzert backstage. «Manchmal irritiert mich das.»

Der Maestro, 61, und seine Gibson ES-355 B.B. King Lucille. Sein Mops Trevor verfolgt das Geschehen bei jedem Konzert backstage. «Manchmal irritiert mich das.»

Kurt Reichenbach

«Die Pause ist vorbei, wir wären parat. Wie siehts bei dir aus, Hendrix?», ruft Philipp Fankhauser (61) durchs Probelokal in Wildegg AG. Auch seine vier anderen Mitmusiker auf der Bühne lachen. «Ich komme», ruft Hendrix Ackle zurück, nimmt noch einen Zug von seiner selbst gedrehten Zigi, kommt auf die Bühne, setzt sich an seine Hammondorgel. Maestro Fankhauser schnippt mit den Fingern: «One, two, three!» Und los fegt «Jack in My Back». Diesen Song widmet der 61-Jährige seinem jungen unbekannten Stammzellspender, er nennt ihn Jack. «Dank ihm bin ich zurück im blühenden Leben.»

Im Probelokal Pianoschmiede in Wildegg AG. Philipp Fankhauser mit Mops Trevor und seiner Band. Von links: Andrew Tolman, Richard Spooner, Hendrix Ackle, Daniel Durrer und Flo Bauer.

Im Probelokal Pianoschmiede in Wildegg AG. Philipp Fankhauser mit Mops Trevor und seiner Band. Von links: Andrew Tolman, Richard Spooner, Hendrix Ackle, Daniel Durrer und Flo Bauer.

Kurt Reichenbach

Am 25. Juli 2023 unterzog sich der Musiker und SI-Kolumnist am Unispital Zürich einer Stammzelltransplantation. Jahrelang hatte er an einer Myelofibrose gelitten, einer bösartigen, schmerzhaften Erkrankung des Knochenmarks. Zuletzt konnte er kaum mehr eine Treppe hochsteigen. «Der Eingriff hat mir das Leben gerettet», sagt der Berner aus Thun nach der Probe. Ab und zu habe er zwar wegen Sauerstoffmangel die Texte der neuen Lieder noch nicht ganz im Kopf, dann müsse er sie ablesen. «Doch sonst ist alles wieder gut.» Die Musiker haben sich in Ledersessel vis-à-vis der Bühne gesetzt. «Komm, Schatzeli!» Fankhauser hebt seinen Mops Trevor (10) auf den Schoss, dieser folgt ihm auf Schritt und Tritt. «Er bringt mich viel zum Lachen.»

Kafipause. Mops Trevor ist immer bei ihm. In der Halle des Probelokals war früher eine Schmiede beheimatet.

Kafipause. Mops Trevor ist immer bei ihm. In der Halle des Probelokals war früher eine Schmiede beheimatet.

Kurt Reichenbach

Hier in der Pianoschmiede, einer ehemaligen Schmiede, in der schon Nemo und Pegasus geprobt haben, bereitet sich die Band sechs Tage auf ihre neue Tour vor. Diese startet am 7. März, es folgen Dutzende von Auftritten. Am gleichen Tag erscheint das neue Album «Ain’t That Something», übersetzt: Ist das nicht bemerkenswert? «Die Bühne ist mein Zuhause. Ich freue mich riesig, mit unserem treuen Publikum wieder die Magie der Musik zu teilen.» Die Palette des neuen Albums ist vielfältig, die Band wird das Publikum mit Soul, Country, Blues und Chansons begeistern. «Wir machen einfach Musik, authentische und handgemachte. Aus Leidenschaft!» Jeder Ton spiegelt die tiefen Emotionen und Erfahrungen seines Lebens. «Ich war schon immer ein ernster Mensch. Mit Blues vertreibe ich den Blues.»

Der Gitarrenschrank mit den Saiteninstrumenten und Hochprozentigem «für die gute Laune». 2600 Konzerte hat Fankhauser gespielt.

Der Gitarrenschrank mit den Saiteninstrumenten und Hochprozentigem «für die gute Laune». 2600 Konzerte hat Fankhauser gespielt.

Kurt Reichenbach

Gutes Gespür fürs Publikum

Philipp Fankhauser ist stolz auf seine langjährigen Bandkollegen, unter ihnen zwei Engländer und ein Elsässer. «Sie alle sind hervorragende Musiker. Und gute Freunde. Keiner von uns verbringt so viel Zeit mit jemand anderem wie wir miteinander, vor allem auf Tour.» Manchmal gehe man sich auf die Nerven. «Doch wir sind eine verschworene Truppe, eine Familie.» Die Zeit vor und nach der Transplantation sei für alle schwer gewesen, erzählt Hendrix Ackle.

«Wir haben Philipp in unserer Whatsapp-Gruppe moralisch unterstützt, ihn ab und zu daheim besucht. Doch eine Selbsthilfegruppe für ihn waren wir nicht.» Lachen in der Runde. «Philipp hat ein grosses Herz. Es ist ein Privileg, in dieser Band zu sein.» Fankhauser nickt. Richard Spooner, Schlagzeuger und Bandleader: «Philipp hat ein ausgeprägtes Gespür, das Publikum zu lesen. Meine Augen sind stets auf ihm. Ist das Publikum verhalten, macht er eine unscheinbare Körperbewegung, dann gebe ich Gas – und die anderen ziehen nahtlos mit.»

Torte zum Zvieri. Kürzlich wurde Fankhauser 61. Seit 2023 feiert er am 25. Juli – damals fand die Transplantation statt.

Torte zum Zvieri. Kürzlich wurde Fankhauser 61. Seit 2023 feiert er am 25. Juli – damals fand die Transplantation statt.

Kurt Reichenbach

Mops Trevor spitzt die Ohren. Oliver Stöbe ist gekommen, Geschäftsführer der Pianoschmiede und für die Instrumente der Band zuständig. «Der Znacht ist parat!» Die Band steigt in den ersten Stock, Stöbe hat Spaghetti Bolognese gekocht, eine Flasche Chianti steht auf dem Tisch. Es wird diskutiert, über Musik, Politik und Fussball, viel gelacht.

Beim Geschirrabwaschen machen alle mit, auch Chef Fankhauser. Dann teilt sich die Band auf: Die einen schlafen bei Stöbe, die anderen bei Fankhauser daheim im Züribiet – am nächsten Tag steht wieder eine Probe an.

«Die nächsten 20 Jahre werden aufregend.» Mindestens 100 Konzerte jährlich will Fankhauser geben, in ganz Europa. Auf Harley-Davidson-Touren Inspirationen für neue Songs sammeln. Wie 2024: Auf einer Reise durch den US-Bundesstaat Louisiana mit seinen mystischen Sumpflandschaften kaufte Fankhauser einen 40 Kilo schweren Alligator aus Aluminium, taufte ihn «Monsieur Thibodeaux», widmete ihm einen Zydeco-Song auf dem neuen Album. Der Sänger freut sich. «Jetzt gebe ich nochmals richtig Vollgas. Doch ab und zu werde ich ihn sicher wieder haben, den Blues.»

am 9. März 2025 - 06:00 Uhr