Ein goldener Bademantel und ein Arsch mit Ohren stehen im Büro in Zürich-Wiedikon. Die Awards hat Dominic Deville (47) von seinem Team erhalten. Dazu gesellt sich «Die Krönung» von Aadorf und Burgdorf, ein Kleinkunstpreis in Form einer Krone, die nun an der Garderobe hängt. In seinen 30 Jahren als Bühnenkünstler war der Kopf der Late-Night-Show «Deville» zwar oft nominiert, amtete auch als Jurymitglied – nur gross gesiegt hat er, der mit zwölf die Theatergruppe Die Stinki-Bande gründete, nie.
Bis jetzt: Dominic Deville erhält den Salzburger Stier 2023, den renommiertesten Kleinkunstpreis im deutschsprachigen Raum. Per Anruf hat er, der sich bis heute dem Smartphone verweigert, davon erfahren. «Es ist der wichtigste Preis und eine schöne Bestätigung. Tief in mir drin habe ich wohl darauf gehofft.» Sagts und fügt lachend an: «Die Auszeichnung habe ich natürlich sofort angenommen – und auch verdient.»
Seit sechseinhalb Jahren läuft «Deville» beim Schweizer Fernsehen, aktuell die 14. Staffel, am Sonntag steht die 139. Show an. «Ein wöchentliches Satireformat zu produzieren, das lockig-flockig daherkommt, ist ein gewaltiger Kraftakt», sagt Deville. «Über so lange Zeit eine SRF-Show zu haben, ist eigentlich die grösste Auszeichnung», findet Partnerin Simone Kern (42) Sie war von Anfang an dabei, als vor über acht Jahren die Idee für eine Late-Night-Show im kleinen Freundeskreis entstanden ist. Obwohl sie damals Eltern von Kleinkindern sind (ihr Sohn ist heute zwölf, die Tochter zehn Jahre alt), schieben sie alles auf die Seite, um das Projekt zu starten. «Wir haben grundsätzlich keine Angst», sagt Kern, «weder vor der Zukunft noch vor etwas Neuem.» Die ausgebildete Schauspielerin ist in Sketchen zu sehen und für die Show als Regisseurin und Autorin tätig. «Wir geben uns gegenseitig Raum, damit etwas entstehen kann. Ich bin so aufgewachsen», sagt er. Seine Eltern – ein Architekt und eine Physiotherapeutin – hätten ihn in seinen Interessen gefördert. «Beides Freigeister, vor allem meine Mutter.»
«Es gab Tage, da hatte ich noch 7 Rappen auf dem Konto»
Dominic Deville
Deville und Kern haben sich 2009 in einer regnerischen Nacht kennengelernt. Beide suchten am selben Ort in Wiedikon Unterschlupf – aber zogen getrennt zu ihren Treffen weiter. «Ich habe sie dann gegoogelt, eine Mailadresse gefunden und ihr direkt einen Heiratsantrag gemacht», erzählt er. «Du hast abgelehnt. Darum wärst du nun am Zug.» – «Vermutlich. Aber wir wurden spiessiger, haben anstatt zu heiraten vor zehn Jahren eine gemeinsame Firma gegründet», erzählt sie. Altersvorsorge und Versicherungen sind so geregelt. «Ein oft kopiertes Format für Paare, die im Konkubinat leben», weiss die «Finanzministerin der Dominikanischen Republik». Deville amtet als «Kulturminister» des Teams – acht Personen bilden den Kern, bei der Aufzeichnung sind es inklusive Produktionsteam 24 Leute. Für die Show sind Deville und Kern jeweils für ein halbes Jahr beim SRF verpflichtet – eine 15. Staffel ist bereits bestätigt. Ihre Gage fliesst direkt in die eigene Firma, Simone zahlt beiden denselben Lohn aus.
Die Strassen sind voller Chancen Ob der Salzburger Stier nun Einfluss auf die Gage hat? «Ums Geld ging es uns nie, sondern um den Spass», sagt sie. Und Punkrocker Deville weiss: «Um Geld verhandeln ist eh falsch. Es gab Tage, da hatte ich noch 7 Rappen auf dem Konto.»
Nicht nur seine private Beziehung hat ihren Ursprung auf der Strasse gefunden, sondern generell viele von Devilles Projekten. Etwa seine Idee der alternativen Schweizer Meisterschaften im Fechten. «Die fanden auf der Strasse und in der Nacht vor dem offiziellen Turnier statt», erzählt der einstige Fechter. «Da wir aber noch Biere tranken, nahm uns die Polizei die Waffen ab.» Erst am Morgen gabs diese zurück. «Dafür mussten wir nüchtern sein.» Die Umsetzung blieb einmalig und bei den Meisterschaften fielen alle Beteiligten in der ersten Runde raus.
Seit 22 Jahren ist der ausgebildete Kindergärtner auch Teil der Punkband Failed Teachers. «Auf den Gassen absolvierten wir eine ganze Schweiztournee.» Noch heute spielt Deville mit der Band zwei bis drei Konzerte, wird öfters als Vorgruppe angefragt. Auch seine einstige Werbetätigkeit entstand, als er auf der Strasse von einer Eventagentur angesprochen wurde. «Der älteste Deville, mein Onkel Rodi, war früher übrigens ein bekannter Werber», erzählt er. Noch heute benotet «Unggle Rodi» jede Sendung seines Neffen mit einer Note von 1 bis 10. «Unser Schnitt liegt bei 8,75», weiss Kern. Ein gutes Feedback von ihm ist wichtig, «schliesslich sind alle Devilles in der Schweiz mit mir verwandt und von der Sendung betroffen», sagt der Showmaster. Heute würde er einen anderen Namen wählen, «einer, der weniger an meine Person gekoppelt ist».
Es klopft an der Tür der Ideenschmiede «Deville». Ein Nachbar erkundigt sich, ob die Heizung hier auch nicht gehe. Nur auf 19 Grad heizen, so wie es ein Spartipp des Bundesrats vorschlägt, tun Dominic Deville und Simone Kern noch nicht. «Auch duschen wir nicht gemeinsam. Wir teilen uns schon die Arbeit, den Haushalt und die Kindererziehung, das reicht.» – «So banal es tönt, aber in unserer Beziehung wirds auch sonst nie langweilig, wir habens stets lustig», sagt Kern. Er putzt lieber, sie bevorzugt die Wäsche, Kochen mögen beide nicht. «Zum Glück macht unsere Tochter feine Pancakes. Die Kinder schauen gut zu uns», meint Deville. Sobald er aber den Salzburger Stier physisch überreicht erhält, «mache ich eine Metzgete»! Den Award, «der einem Schwingerpreis ähnelt», will er zerstückeln und an sein vegetarisches Team verteilen. «Und auch die Grosseltern der Kinder haben ein grosses Stück verdient», sagt er. «Ohne unser funktionierendes Riesensystem wäre dies alles nicht möglich.»