Hoch über den Dünen von Maspalomas auf Gran Canaria thront die Villa Casa Léon. Doch statt Touristen stehen auf der Terrasse des 10 000-Quadratmeter-Anwesens Verstärker, Scheinwerfer und Kameras – wohin das Auge reicht. Das 25-Zimmer-Hotel bietet eine perfekte Kulisse für die erste Staffel der Schweizer Ausgabe von «Sing meinen Song – Das Tauschkonzert».
Jan Dettwyler, 41, alias Seven ist heute als Erster beim Soundcheck dran. «Ich brauche dringend Kaffee», sagt der Soulsänger. Er steht nach nur gerade vier Stunden Schlaf schon wieder auf der Matte. «Die Aufzeichnung dauerte gestern bis zwei Uhr morgens.» Und schon drängt die Regieassistentin: «Du hast 15 Minuten. Dann kommt Stefanie Heinzmann.»
Jeder Abend ist einem der sieben Künstler und ihren Songs gewidmet. Und damit auch wirklich niemand vor der Sendung mitbekommt, welcher Sänger welchen Song performen wird, treffen die Stars gestaffelt in der Casa Léon ein.
Seven war bereits 2016 in der deutschen Version der Sendung als Gast von Xavier Naidoo, 48, dabei. Er weiss, wies läuft. «Mein erstes Lied für die deutsche Popsängerin Nena habe ich damals so richtig verkackt.» Dies tat seinem Erfolg jedoch keinen Abbruch. Und er startete danach in Deutschland so richtig durch. «Vorher kannte mich dort keine Sau!»
Dass der Aargauer vier Jahre später selber als Gastgeber der Sendung fungieren wird, hätte Seven nie gedacht. «Es ist, als ob man eine Geburtstagsparty organisiert und die Gästeliste so zusammenstellt, dass es ein geiler Abend wird.» Und damit es richtig geil wird, gehört Marc Storace, 68, definitiv dazu.
Der Frontsänger von Krokus ist alles andere als ein Morgenmensch, doch selbst er muss sich an den Drehplan halten. «Sonst stehe ich nur so früh auf, wenn ich zum Flughafen muss», witzelt der Altrocker und bedient sich erst mal am grosszügigen Buffet des Hotels. «Es ist unmöglich, Marc nicht gerne zu haben», sagt Seven und setzt sich neben seinen Kumpel auf die Terrasse. «Du hast uns gestern auf der Bühne alle abgetrocknet», schwärmt der Gastgeber beeindruckt. «Wir sind auf dem Sofa vor Neid erblasst», bestätigt Stefanie Heinzmann, 30, die nach ihrem Soundcheck auch langsam Hunger verspürt. Das tägliche gemeinsame Mittagessen hat sich in den letzten Tagen zur beliebten Routine entwickelt.
Die Walliserin ist immer noch aufgewühlt. Der gestrige Abend war ihr gewidmet, und die anderen überraschten Stefanie mit einer neuen Version ihrer Songs. Dabei wurde sie von ihren Gefühlen völlig übermannt: «Ich bin so ein emotionaler Mensch. Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.» Obschon sie im Vorfeld noch Zweifel hatte, wie so ein bunter Haufen wohl miteinander funktionieren würde.
«Aber so verschieden wir musikalisch auch sind, so ähnlich ist unser Alltag als Künstler.» Besonders überrascht habe sie Loco Escrito, 30. «Ich dachte, das ist sicher ein riesen Macho und Womanizer», schmunzelt sie, «ich lag 100 Prozent falsch!» Vielmehr habe sie den Latinosänger hier auf Gran Canaria als sehr sensiblen und tiefgründigen Menschen kennengelernt.
Seven wählte seine prominenten Gäste ganz bewusst: «Die Zusammenstellung ist alles andere als beliebig.» In der Musikbranche gebe es genug Egomanen, wo es immer nur um sie gehen müsse. Umso mehr schätzt er den Respekt, die Loyalität und die Demut seiner Runde: «Wir haben alle schon Scheissdreck gefressen!»
Das Thermometer zeigt inzwischen 35 Grad, und die Sonne brennt über der Casa Léon. Während sich Steff la Cheffe, 32, und Stefanie Heinzmann einen kühlen Platz in der Lobby suchen und noch etwas relaxen und lesen, geniessen Loco Escrito und Francine Jordi, 42, am Pool die Aussicht aufs Meer. «Ich weiss gar nicht mehr, was ich gestern während der Aufzeichnung alles erzählt habe», sagt Francine ungläubig. «Du als Oberprofi? Dir würde sicher nie was einfach so rausrutschen», lacht Loco und gesteht: «Ich hatte keine Angst, mich zu öffnen und von meiner kleinen Tochter zu erzählen, denn ich habe mich in der Runde so wohl gefühlt und mit der Zeit die Kameras total vergessen.»
Dem kann Francine nur zustimmen. Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass eine Gruppe nach so kurzer Zeit so zusammenwachsen kann. «Seit 22 Jahren bin ich nun im Musikgeschäft und habe nur ein einziges Mal im Fernsehen geweint – bei meinem Grand-Prix-Sieg 1998!» Doch an ihrem Abend war sie für einmal selber Zuschauerin, und Stefanies Auftritt brachte die Schlagersängerin doch tatsächlich zum Heulen.
«Freudentränen, wohlgemerkt.» Hier gehe es um Herzlichkeit und Charakter und nicht um irgendwelche oberflächlichen Schönheitsideale – «ausser bei Loco natürlich», scherzt die erfolgreiche Sängerin. «Das sagt genau die Frau mit dem Jungbrunnen zu Hause», erwidert der Zürcher mit kolumbianischen Wurzeln. «Als ich Francine hier zum ersten Mal live sah, dachte ich: Die sieht ja immer noch gleich aus wie damals im Fernsehen, als ich acht war.»
Francine hingegen war erst mässig begeistert, dass Loco bei «Sing meinen Song» mit dabei ist. «Ich spreche Englisch, Französisch und Italienisch, und die geben mir einen Spanier?» – «Kolumbianer!», kontert Escrito künstlich enerviert. «Ich habe eh schon ein ‹Despacito›-Trauma», sagt Francine. Mindestens zehn Tage habe sie damals gebraucht, um den Text für den Sommerhit zu lernen.
«Ihr Auftritt hat mich von allen am meisten überrascht – und ich habe mindestens ein Wort auf Spanisch verstanden», sagt der Frauenschwarm. «Ja, dir ist das Gesicht entgleist. Ich habs gesehen», lacht Francine. Doch nach einem Blick auf die Uhr vergeht ihr das Lachen, und sie springt erschrocken auf. «Ich muss sofort in die Maske!»
Auch bei Ritschi, 40, lief nicht alles wie ursprünglich geplant: «Ich wollte für Steff unbedingt meine Komfortzone verlassen und rappen. Ihr Song war einer der wichtigsten für mich», sagt Ritschi und outet sich als Fan der Bernerin. «Ganz ehrlich: Ich wollte Steff scho chli gfalle.» – «Nicht ohne Grund habe ich an meinem Abend aus Rührung, Trauer, Melancholie und zum Schluss noch aus lauter Freude geweint», sagt die Berner Rapperin, «ein magic Moment. Oder besser gesagt: eine magic Woche!»
«Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» startet am 21. Februar auf TV24.