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  4. Möbel-Märki-Chef im Interview über über Einbrüche im Markt und warum er nicht auf online setzt
Möbelunternehmer Roger Märki

«Ein Verkauf kommt nicht infrage!»

Die Österreicher übernehmen die Möbel-Schweiz. Nur einer hält Stand: der Aargauer Roger Märki mit seinen acht Einrichtungshäusern. Der Hobby-Velofahrer über Einbrüche im Markt, eine Politik der Angst und warum er nicht auf online setzt.

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Roger Maerki, Moebel Maerki

Gabbeh-Teppiche aus dem Iran sind seine Leidenschaft. Roger Märki neben einem orangefarbenen Exemplar.

Kurt Reichenbach

Roger Märki (63) kramt am Hauptsitz in Hunzenschwil AG eine Lupe aus dem Hosensack. «Die habe ich immer bei mir», schmunzelt der Besitzer des letzten verbliebenen reinen Schweizer Möbelhauses. «Damit kann ich die Anzahl der Knoten zählen, je mehr, desto besser ist die Qualität», sagt der Teppichliebhaber.

Ein anderes Hobby ist das Velofahren. «Ich komme gerade von Gran Canaria zurück.» Dort war er mit seiner Frau Irina, der zweifachen Mountainbike-Weltmeisterin. «Sie ist topfit, ich hingegen war ohne Training – jetzt komme ich mir vor, wie wenn ich eine Sattelallergie hätte.» Märki ist ein Chrampfer, ein Zahlenmensch mit zwei linken Händen, der oft auch am Wochenende arbeitet. «Dafür mache ich jedes Jahr sechs Wochen Ferien.» Und wenn er Zeit hat, lebt er seine Leidenschaft für italienische Autos aus: «Ich liebe alte Fiat 500 und neue Ferraris.»

Die Österreicher von XXXLutz kaufen die Möbel-Schweiz zusammen. Pfister, Mömax, Hubacher, Egger, Conforama, Lipo – macht Ihnen das Bauchweh?
Da gibt es andere Sachen, die mich plagen.

Was denn?
Seit dieser unsägliche Krieg ausgebrochen ist, haben wir je nach Filiale 20 bis 40 Prozent weniger Besucher.

Krieg, Rezession, Inflation – was ist schuld?
Wenn ein Kunde bei uns einkauft, macht er eine Investition in seinen privaten Haushalt. Er konsumiert nicht einfach etwas Alltägliches. Der Krieg verunsichert, führt zu einer Zurückhaltung. Schuld ist aber auch die Politik.

Weshalb?
Unsere Politiker verbreiten nur Angst. Zuerst Corona, dann die Energiekrise mit Blackout. Keines der Horrorszenarien ist eingetroffen. Tausende von Beamten in Bern müssten doch in der Lage sein, realitätsnähere Prognosen zu erarbeiten. Und Zuversicht verströmte auch keiner unserer sieben Bundesräte.

Wie läuft es denn?
Schlecht. Möbel Märki kommt gar nicht nach damit, den Gürtel noch enger zu schnallen.

Ein Grund mehr, dass es bei Märki künftig «Servus» statt «Grüezi» heisst?
Die Österreicher waren schon 2017 hier und wollten mich kaufen. Aber ein Verkauf kam und kommt nicht infrage. Vorher restrukturiere ich eins ums andere Mal. Es läuft bei allen schlecht. Ich bin nur ehrlich. Die Umsätze der verschiedenen Firmen, die jetzt alle unter XXXLutz laufen, sowie von Ikea haben sich in den letzten Jahren seitlich und nicht gegen oben entwickelt.

Ihre Kampfansage?
Mir geht es darum, in unseren acht Filialen in der Deutschschweiz mehr Kundenfrequenz zu generieren.

Weshalb so bescheiden?
Das ist knallharte Realität. Wenn ein Kunde eine unserer Filialen besucht, dann verlässt er sie im Schnitt mit einem Einkauf in Höhe von 4000 Franken. Wir haben keine grosse Boutique-Abteilung und kein Schnitzelrestaurant, die Leute in Massen anziehen. Wer zu uns kommt, hat einen konkreten Möbelwunsch.

Wollen Sie nicht wachsen?
Mit unserem Filialnetz nicht. Ich möchte aber an unseren Standorten etwas mehr verkaufen. Mit 32 Millionen Umsatz sind wir ein kleiner, feiner Player – im Vergleich zu XXXLutz und Ikea mit mehr als einer Milliarde. Wir bieten herausragende Qualität, top Service und viel Swissness.

Roger Maerki, Moebel Maerki

Der Chef am Hauptsitz: Das Möbelhaus in Hunzenschwil AG ist auch der Hauptsitz von Roger Märkis Firma.

Kurt Reichenbach

Aber Sie sind sauteuer.
So ein Quatsch. Wir sind preiswert. Eine top Schweizer Matratze von Swissflex aus dem Baselbiet oder Riposa aus dem Glarnerland kostet etwa einen Franken pro Tag. Gerechnet auf sieben Jahre. Danach muss man eine Matratze aus hygienischen Gründen ersetzen. Da geben die meisten jeden Tag mehr für Kaffee und Zigaretten aus.

Ihre Konkurrenten locken mit 20 Prozent auf Betten, 25 Prozent auf Schlafzimmer und bis 40 Prozent auf Gartenmöbel.
Jedes Schulkind weiss: Rabatte kannst du nur gewähren, wenn du sie vorher kalkuliert hast. All diese Rabatte zeigen keine reellen Preise. Sie sind nicht vergleichbar, weil das Sortiment sonst niemand anders anbietet.

Die meisten Unternehmen jammern über den Fachkräftemangel.
Wir sind während der Coronapandemie etwas geschrumpft, haben aber unsere Handwerker bewusst behalten. Wir sind 115 Leute, davon 70 Vollzeit. So können wir die Qualitätsstandards bei Lieferung und Montage halten. Und im Gegensatz zur Konkurrenz sind wir mit unseren Camions zu zweit und nicht zu dritt unterwegs. Die andern haben einen Chauffeur, einen Monteur und einen Träger – bei uns machen vom Fahren bis zum Montieren beide das Gleiche.

Sie beziehen viele Möbel von Schweizer Anbietern. Besteht nicht die Gefahr, dass diese für den Marktführer arbeiten?
Unsere Partnerschaften sind alle langjährig. Es fliessen auch Kundenfeedbacks in die Produktentwicklungen ein. Und ich kann direkt mit unseren Manufakturen zusammenarbeiten und tüfteln. So entstehen nützlichere Funktionen, mehr Komfort und eine fühlbar grössere Wohnatmosphäre. Das verbindet.

Das Internet haben Sie verschlafen.
Einrichten geht nicht online. Die Haptik, das Grössen- und Raumgefühl sowie Probe sitzen und Probe liegen sind am Computer unmöglich.

Was liegt im Trend?
Weiss und Beige sind immer noch am weitesten verbreitet. Wir entwickeln aber mit Kunden immer öfter individuelle Farbkonzepte.

Das ist Roger Märki

1992 übernahm Roger Märki mit 33 Jahren von seinem Vater das vor dem Konkurs stehende Möbelgeschäft, das er schweizweit ausbaute. Märki ist verheiratet mit Irina Kalentyeva. Die zweifache Mountainbike-Weltmeisterin im Cross Country und Olympia-Bronze-Gewinnerin fährt im Märki MBT Pro Team.

Ihr Steckenpferd sind die Teppiche.
Seit ich 2005 das erste Mal im Iran war. Vorher hatte ich zu Hause nie einen Teppich. Dort kommen die meisten unserer Exemplare her. Ich habe eine eigene Grosshandelsfirma mit einem Experten im Iran. Selbst Möbelhändler kaufen bei uns ein. Das will etwas heissen – beim Futterneid in dieser Branche.

Sind Sie oft im Iran?
Alle zwei Jahre. Es gibt dort für die Nomadenteppiche Gabbeh spezielle Knüpferfamilien, die sich niedergelassen haben. Diese haben jeweils ein eigenes Grundstück mit einem überdachten Knüpfplatz. Meist sind zwei Generationen von Frauen an der Arbeit. Wir geben diesen die Motive vor und das Material. Wenn alles okay ist, erhalten sie das Geld und das Material für neue Aufträge. Wenn nicht, dürfen sie die Teppiche behalten. Sie verkaufen diese dann auf den Basaren.

Wie wohnen Sie selber am liebsten?
Ich bin vor 22 Jahren in das Haus gezogen, in dem ich heute noch mit meiner zweiten Frau Irina und Nicolas, 22, einem meiner Söhne, lebe. Zuerst wollte ich mir ein aussergewöhnliches Sofa leisten: Artanova, mit einem sündhaft teuren Leder bezogen. Doch ich rutschte darauf immer ab. Dann wechselte ich zu einem traditionellen Elementmodell von Rolf Benz – zu einer Zeit, als die Unternehmung noch nicht bloss eine Marketingfirma war. Ich wurde auch damit nicht glücklich. Dann kaufte ich an der Möbelmesse in Mailand von einem Süditaliener ein günstiges Produkt. Das Design haut einen nicht um. Doch das Leder ist dick wie bei De Sede. Und all unsere Gäste wollen nicht mehr aufstehen.

Von Max Fischer am 18. März 2023 - 12:00 Uhr