Nemo outet sich als non-binär

Berlin ist eine Stadt, in der man aufgrund ihrer Grösse gut anonym bleiben kann, doch ebenso multi-kulturell in jeder Hinsicht. Durch die Vielfalt an Menschen, welche in Berlin leben, ist es einfacher, sich ausdrücken zu können und auf Akzeptanz zu treffen, ohne Angst vor Ablehnung zu haben. Das spürt auch Nemo (24). Das Bieler Musiktalent lebt seit 2021 in der deutschen Hauptstadt und erlangte 2017 mit dem Song «Du» Bekanntheit (33 Wochen in den Schweizer Charts).

«Weder Mann noch Frau»

Nun hat Nemo ein neues Leben in Berlin begonnen, eine neue Richtung für die eigene Musik entdeckt – Nemo singt nun nämlich auf Englisch. Nun wieder als Nemo, zuvor unter dem Pseudonym «Not Nemo». Die Musik war ein Instrument der Selbstfindung. Denn während Nemo ab Geburt mit den Geschlechtspronomen «Er/Ihm» angesprochen wurde, gelang dem Musiktalent die Identifikation damit nicht mehr, wie Nemo im Interview mit der «Sonntags Zeitung» erzählt.

Die neue Single «This Body» beschäftigt sich mit der Thematik, im eigenen Körper fremd zu sein, eine Situation, die Nemo im Entstehungsprozess des Songs nur zu gut kannte. Nemo habe sich nicht öffnen können, habe sich allein gefühlt, denn: «Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau», erklärt Nemo. Heisst: Nemo ist non-binär, wie der Begriff heisst. Die Ansprache «Herr Nemo Mettler», fühle sich nicht richtig an. «Frau Nemo Mettler» aber genauso wenig.

Non-binäre Menschen identifizieren sich mit keinem spezifischen Geschlecht, fühlen sich in ihren Körpern weder als Mann noch als Frau. Ihre Pronomen sind «They/Them», also die englischsprachige Plural-Form «Sie/Sie», die keinem einzelnen Geschlecht zugeordnet ist. Im deutschen ist dies zugegebenermassen etwas schwieriger, auszudrücken, weshalb sich auch hier im deutschsprachigen Raum das «They/Them» manchmal auch in der Schreibweise «Dey» langsam etabliert.

Die Pronomen «They/Them» möchte auch Nemo für sich verwenden, das männliche «er» oder das weibliche «sie» fühle sich einfach nicht mehr richtig an. Das Outing verlief positiv, wie Nemo erzählt. «Ich habe grosses Glück mit den Menschen in meinem Umfeld. Sie haben es super liebevoll aufgenommen, als ich davon erzählt habe», verrät Nemo der «Sonntags Zeitung». In Berlin sei es einfacher, als non-binäre Person zu leben, erklärt Nemo weiter. «In der Schweiz sagen mir ständig Leute, wer ich bin.» Das scheint in Berlin nicht der Fall zu sein.

Nemo outet sich auf Social Media

Auf Instagram outete sich Nemo nun ebenfalls offiziell. Der Post handelt vom Gefühl, sich nie daheim im eigenen Körper gefühlt zu haben – worum es auch im Song «This Body» geht, der am 17. November erscheint. «Die Art und Weise, wie die meisten Menschen mich wahrnahmen, stimmte nicht mit meinem wahren Selbst überein», schreibt Nemo. Dank anderer Personen aus der LGBTQIA+-Community wurde die non-binäre Geschlechteridentität klar. «Das war die befreiendste Erfahrung meines Lebens», sagt Nemo. «Meine Pronomen sind ‹They/Them›», so Nemo. Einfach «Nemo» sei aber auch ok, ohne jegliche Pronomen, «vor allem auf deutsch». Man wisse, dass es schwierig sein könnte, sich daran zu gewöhnen, aber «eure Bereitschaft zu lernen und eure Akzeptanz meines wahren Selbst bedeuten mir mehr, als es von Anfang an richtig zu machen.»

Nemo ist mit der Geschlechter-Identität nicht alleine. Hier sind einige berühmte Persönlichkeiten, die sich über die Jahre ebenfalls als non-binär outeten:

• Tamy Glauser
• Demi Lovato
• Bella Ramsay
• Sam Smith
• Grimes
• Tilda Swinton
• Ruby Rose

Mundart-Nemo ist nicht weg

Im Interview mit der «Sonntags Zeitung» sprach Nemo aber auch über die Entscheidung, vorerst auf Englisch zu singen. Sind die Mundart-Songs nun Geschichte? «Nemo auf Schweizerdeutsch ist wie ein Buch im Regal. Vielleicht hab ich mal Lust, es wieder zu öffnen.» Vorerst konzentriert Nemo sich aber auf die englische Sprache, weg von der «einschränkenden» Mundart.