Die Pisten und Trails im Unterengadin kennt Nevin Galmarini wie sein eigenes Wohnzimmer. Der noch frische Dreck an seinen Unterarmen, sein gerötetes Gesicht und die Schweisstropfen auf seiner Stirn verraten: Der Snowboard-Olympiasieger hat sich eben noch einer seiner Lieblings-Mountainbike-Strecken in der Region Scuol-Zernez gewidmet.
Gut, gibts jetzt eine Abkühlung – in Form einer River-Rafting-Tour auf dem Inn. Die örtlichen Gewässer sind Galmarini zwar nicht ganz so vertraut. Doch auf jeder Unterlage gilt für den 32-Jährigen: Vollgas geben! «Hoffentlich wirds wild! Ich liebe alles, was schwierig und abenteuerlich ist.»
Zusammen mit seiner Schwester Oceana wagt Galmarini den Ritt auf dem wasserreichen und schäumenden Fluss. Die in Chur wohnhafte 26-Jährige ist ebenfalls sportlich, snowboardet und klettert. Eine weitere Gemeinsamkeit, die sie mit ihrem Bruder teilt: Als Moderatorin und Redaktorin beim rätoromanischen Fernsehen hat auch sie kein unbekanntes Gesicht.
Nevin Galmarini nannte bereits viele Orte sein Zuhause. Der gebürtige Appenzeller, der mit seiner Familie als 13-Jähriger des Sportes wegen nach Ardez GR gezogen ist, wohnt nun mit seiner Frau Nadja und den Zwillingen Eddie und Louie, 1, in der Nähe von Solothurn. Viele Monate im Jahr reist er für Trainingslager und Wettkämpfe um die Welt. Dennoch fühlt er sich im Unterengadin am wohlsten: «Hier riecht es anders als im Unterland. Im Sommer nach Nadelbäumen und im Winter nach Schnee. Das gibt mir sofort ein Gefühl von Heimat», sagt Galmarini.
Wann immer es für die Familie passt, kommt er hierher. Und er träumt davon, nach der Sportkarriere samt Familie zurück in seine alte Heimat zu ziehen. Der Masterstudent in Business Administration mit Vertiefung Innovations-Management wird im Frühjahr entscheiden, ob er die Mission Olympia-Titelverteidigung in Peking 2022 in Angriff nimmt.
Bald gehts los. Der Neopren-Anzug und die Schwimmweste sitzen. Der Helm ist übergestülpt. Bevor es beim Kraftwerk Scuol aufs Wasser geht, informiert ein Rafting-Guide von Engadin Adventure über Risiken und Sicherheitsmassnahmen: «Sollte das Boot kippen, gibt es darunter noch eine Weile Luft. Wir schwimmen also nicht weg, sondern stossen das Boot über uns zur Seite.»
Bei der Abfahrt weicht Nevin Galmarinis Lachen einem konzentrierten Blick. Auf der Wildwasserfahrt wechseln sich rassige Stromschnellen mit gemütlicheren Flussabschnitten ab, auf welchen die Natur genossen werden kann. Je nach Auswahl der Route ist das Rafting ab 14 Jahren möglich. Auf ruhigen Streckenabschnitten gibts gar Touren für Kinder ab acht Jahren.
Nach drei Stunden und 16 Kilometern trifft das Schlauchboot mit den Co-Captains Galmarini in Martina GR ein. «Geil! Das muss ich wieder machen», sagt Nevin. «Es hätte aber ruhig noch etwas mehr Action haben können, wir sind gar nie gekippt», ergänzt Oceana. «Dann gehen wir das nächste Mal in die Giarsun-Schlucht», schlägt der Bruder vor. Ein weiterer Grund also für einen gemeinsamen Besuch in der Unterengadiner Heimat.
Weitere Etappen gibt es im Dossier «Quer durch die Schweiz» zu lesen.