Das Ende der Sommerferien naht. Noch ists ruhig im Schulhaus Sonnegg in Goldau SZ. Patrik «Padi» Bernhard nutzt die Ruhe vor dem Sturm, um letzte Vorbereitungen für seinen neuen Job als Schulleiter des Schulkreises Goldau zu treffen. «Am meisten freue ich mich auf mein allererstes eigenes Büro», meint er schmunzelnd.
Bisher waren die Wirkungsorte von Bernhard das Klassenzimmer, das Tonstudio und die Bühne. Vor 25 Jahren schreibt der Primarlehrer den Song, der ihn durchs Leben begleiten sollte – mal als Fluch, mal als Segen. Fast 100 Wochen hält sich «Ewigi Liäbi» seiner damaligen Band Mash in der Schweizer Hitparade. 2007 wird das Lied in der SRF-Sendung «Die grössten Schweizer Hits» zum besten helvetischen Lovesong aller Zeiten gekürt und landet im Final nach Polo Hofers «Alperose» auf dem zweiten Rang der grössten Schweizer Songs überhaupt.
«Ich weiss bis heute nicht so richtig, wie ich mit diesem Song und allem, was damit passiert ist, umgehen soll»
Padi Bernhard
Im gleichen Jahr feiert die Musicalversion von «Ewigi Liebi» Premiere – bis heute das erfolgreichste Schweizer Musical. Von dem Lied gibt es mittlerweile unzählige Cover-Versionen. «Ich weiss bis heute nicht so richtig, wie ich mit diesem Song und allem, was damit passiert ist, umgehen soll», sagt Bernhard. «Zum einen ist es unglaublich, was ich dank ihm alles erleben durfte. Zum anderen nervt es, immer darauf reduziert zu werden. Ich bin mehr als Mister Ewigi Liäbi.» Von dem Hit zu leben – «ich könnte ihn mehrmals pro Woche an Hochzeiten oder sonstigen Veranstaltungen zum Besten geben» –, kam denn auch nie infrage. Auch weil er dafür den Lehrerberuf zu sehr liebt.
29 Jahre lang unterrichtet Padi Bernhard seine Klassen mit Herzblut. «Das hat mir geholfen, ein bisschen am Puls der Zeit zu bleiben», sagt er. «Dies wird wohl in Zukunft mit mehr Aufwand verbunden sein.»
Zumal auch seine Kinder Tim, 17, und Sarah, 14, langsam flügge werden. Zwar wohnen beide wohl noch eine Weile bei ihren Eltern in Brunnen SZ – Tim besucht die Informatik-Fachmittelschule, Sarah möchte nach ihrem Schulabschluss eine Lehre im Detailhandel machen. Aber der Gedanke, dass der Nachwuchs je länger, je selbstständiger wird, löst beim Vater gemischte Gefühle aus. «Zum einen freue ich mich, wieder mehr Zeit mit meiner Frau zu verbringen. Zum andern ist es schon seltsam, dass sie einen nicht mehr so brauchen und ihr eigenes Ding machen.» Seine Gattin Bea, 47, hingegen sieht in der Selbstständigkeit der Kinder eine Bestätigung: «Wir sind mit Leib und Seele Eltern. Jetzt trägt unsere Erziehung Früchte», sagt die Kosmetikerin mit eigenem Studio.
Für Papas Musik interessiert sich der Nachwuchs nur oberflächlich. «Ich find sie ganz gut gemacht, und die Texte gefallen mir», meint Tim. Er gehe auch gern mal mit an ein Konzert – obwohl er selbst ganz anderen Sound macht. Der Teenager hat gemeinsam mit einem Freund ein DJ-Projekt gestartet. Das Duo legt an kleineren Anlässen und in Lokalen auf. «Ich fänds toll, wenn ihr mal einen meiner Songs bearbeiten würdet», meint Padi Bernhard. Tim grinst auf den Stockzähnen. «Wohl eher nicht. Aber sag niemals nie.» Padi lacht. «Vielleicht kann ich dich ja mit was Neuem überzeugen.»
Denn Bernhard betritt 2020 nicht nur beruflich, sondern auch musikalisch Neuland. Trybguet heisst seine neue, siebenköpfige Band, von der es am 28. August erstmals etwas auf die Ohren der Fans gibt. Die Texte auf dem Album «So wyt, so guet» stammen von Bernhard, der Sound ist gespickt mit Country- und Rock-Einflüssen. Nach der CD-Taufe am 18. September stürmt die Band dann auch – sofern es möglich ist – die Deutschschweizer Bühnen. Mit im musikalischen Gepäck: eine ganz neue, auf Trybguet zugeschnittene Version von «Ewigi Liäbi».
Aber zuerst gilt es noch, eine andere Herausforderung zu meistern: Padi Bernhards 50. Geburtstag am Tag nach der CD-Taufe. «Ganz ehrlich? Am liebsten würde ich den Tag ignorieren», meint er seufzend. «Nun beginnt definitiv das letzte Lebensdrittel. Dabei fühle ich mich eigentlich noch ziemlich jung – ich habe das Gefühl, dass ich weder reifer noch weiser geworden bin», sagt Bernhard lachend. «Nur wenn ich am Morgen in den Spiegel schaue, sehe ich, dass sich da doch was getan hat.»
Dass ihm gerade dieses schwierige Jahr 2020 die Chance auf mehr als einen Neuanfang gibt, weiss Padi Bernhard zu schätzen. «Natürlich habe ich mir überlegt, ob ich mit meinen 50 Jahren auf dem Buckel wirklich noch auf einer Bühne herumgumpen will», sagt er. «Aber was meine Musikkarriere betrifft, bin ich ja in einer sehr komfortablen Lage. Ich habe nichts mehr zu beweisen. Ich darf alles, aber muss nichts. Und dass ich als Amateur in der nationalen Liga mitmischen darf, macht mich auch ein bisschen stolz.»
Genauso gross ist die Freude über den beruflichen Wechsel. Obwohl er den Lehrerberuf vermissen wird. «Aber ich habe mit jedem Jahr gemerkt, dass ich mich nicht nur altersmässig mehr von den Kindern entferne. Dass ich nun die Chance auf einen Neustart bekomme, freut mich enorm. Ach – und hab ich schon erwähnt, dass ich ein eigenes Büro bekomme? Nur für mich allein!»