«Pesche war ein Pionier des freien Theaters, ein Allroundtalent und noch heute ein Vorbild für unabhängige Theaterschaffende», sagt Viktor Giacobbo, 70. Der Kabarettist lernt Peter Freiburghaus Anfang der 80er-Jahre kennen. Damals zieht dieser als Strassenkünstler mit einer Theatergruppe durch die Gassen. Zwischen dem Winterthurer Komiker Giacobbo und dem Berner Schauspieler, Regisseur und Autor Freiburghaus entsteht eine tiefe Freundschaft. 1984 schreiben sie zusammen ein Stück für Zampanoos Variété, das Freiburghaus bis 1986 leitet. Dann besucht Giacobbo Pesche in New York, wo dieser in einer Künstlerwohnung der Stadt Bern wohnt.
Einschneidend für das private und berufliche Leben ist Harul’s Top Service, wo sowohl Freiburghaus als auch Giacobbo als Komiker-Kellner die unwissenden Gäste überraschen. «Da war nämlich eine junge Schauspielerin namens Antonia Limacher dabei, die Gäste wegen ihres engen Minis manchmal betatschten», erzählt Giacobbo. Ihre Kollegen raten ihr deshalb: «Spiel doch künftig das Gegenteil – eine alte, mürrische Dame!» So beginnt nicht nur die Erfolgsgeschichte von Ernst und Lilian vom Duo Fischbach, sondern auch die Liebesbeziehung von Pesche und Antonia.
Schnell erobert das keifende Duo die Herzen des Publikums. 1997 erhalten die beiden den Prix Walo in der Kategorie Kabarett/Kleinkunst, zweimal begleiteten sie den Circus Knie, 2008 eröffnen sie in Küssnacht SZ ihr eigenes Theater. «Privat war Pesche alles andere als mürrisch», sagt Giacobbo. Vielmehr selbstironisch, er konnte gut von sich abstrahieren. «Diese Fähigkeit machen gute Freunde – und grosse Künstler aus.»
2009 erleidet Freiburghaus durch ein Virus eine halbseitige Gesichtslähmung. Peter und Antonia hängen Zipfelmütze und Haarnetz von Ernst und Lilian an den Nagel und widmen sich anderen Projekten – er vermehrt dem Film, etwa «Nebelgrind». «Es machte ihm Freude, alte kuriose Männer zu spielen», so Giacobbo.
2012 geht das Duo Fischbach getrennte Wege – beruflich und privat. «Nach jahrelangem Reisen und Touren, immer zu zweit, waren wir ausgebrannt», so damals der Schauspieler in der SI. «Wir brauchten Abstand. Vom Duo Fischbach – und voneinander.» 2014 wollen sie wiedervereint mit «Endspurt» durchstarten. Doch es kommt anders: 2017 erkrankt der Komiker an Hautkrebs. Giacobbo weiss nicht, wie es genau in seinem Freund aussah: «Aber Pesche hat nie über seine Gesundheit gejammert.» Er habe stets in sich geruht und die Krankheit akzeptiert. Oder wie es Freiburghaus selbst formulierte: «Jetzt bist du halt nicht nur alt, sondern auch krank.» Nun trauert nicht nur die Schweizer Comedy-Gemeinde.
Pesche war ein unglaublich berührender Mensch, Schauspieler und Clown. Egal ob privat oder auf der Bühne, immer war er mit Herz, Seele und vollem Engagement dabei. Bei ihm gab es keine halben Sachen, er war authentisch und ehrlich und immer offen für ein Gespräch, wenn wir ‹jüngeren› Theaterschaffenden eine Frage hatten.
Als Clown-Duo schauten wir gern zu, wenn er mit seiner Antonia auftrat, denn: Das Duo Fischbach gastierte im Circus Knie, als Ursus & Nadeschkin noch in den Anfängen steckten. Von diesem eigenwilligen, verschrobenen und urkomischen Duo Fischbach konnten wir beim blossen Zuschauen immer viel lernen. Auch wenn sich unsere Tourneen viel zu selten kreuzten, ein Zusammentreffen war immer herzlich und intensiv. Von Duo zu Duo gab es vieles, das uns verband.
Aber Pesche berührte nicht nur imTheater, sondern auch im Film, und was ihm gelang, gelingt nicht vielen: Der Spagat zwischen beiden Sparten, Bühne und Film. Zum Beispiel in seiner Verkörperung des vom Alzheimer geplagten Grossvaters Karli im Schweizer Film «Nebelgrind» (2012). Mit dem unglaublich rührenden, traurigen, witzigen und trotzigen Charakter konnte Pesche Freiburghaus alle Facetten der elenden Krankheit einfangen. Eine wirklich grosse Leistung. Wer sich mit dem Thema auskennt, konnte hier viel weinen, lachen und verstehen lernen.
Pandemiebedingt und auch weil Pesche seit langer Zeit sehr krank war, hat man sich leider kaum noch gesehen. Er fehlt uns nicht erst jetzt, wo er der irdischen Welt endgültig entflogen ist. Wir sind sehr traurig.»
Urs Wehrli und Nadja Sieger