«Ja, wir sind ‹es bitzeli› verliebt»: So simpel machten Dominique Rinderknecht, 31, und Tamy Glauser, 35, im Herbst 2016 ihre Liebe öffentlich – und überraschten damit die Schweiz. Denn Rinderknecht, die Miss Schweiz von 2013, war zuvor sechs Jahre lang mit einem Mann liiert. Die Liebe zu einer Frau? Ein Novum für sie.
Doch ganz so neu war es dann doch nicht, wie die Zürcherin nun bei «Schlussendlich lesbisch» auf «SRF Virus» erzählt. Der Reiz am gleichen Geschlecht ist schon früh da. «Ich glaube, alle dökterlen ein bisschen rum, nicht? Und das war auch bei mir so, sowohl mit Buben als auch mit Mädchen», sagt sie. «Es ist so ein Gefühl, das hochkommt, dass man vielleicht interessiert sein könnte, auch mal etwas auszuprobieren mit demselben Geschlecht.»
Zunächst aber versucht Rinderknecht die aufkeimende Lust aufs Ausprobieren zu unterdrücken. «Nachher ist das aber wie so: ‹Oh, nein, nein, nein, nein, nein›.» Doch abstellen lässt sich der Gwunder damit nicht. «Irgendwann ist das aber schon immer mehr aufgekommen. Und es hat mich einfach nicht losgelassen.»
Mit Tamy wird es dann ein erstes Mal ernst. Im Spätsommer 2016 lernen sie sich an einer Modeschau kennen. Wie Rinderknecht in einem Podcast erzählt hatte, geht ihr das Model danach nicht mehr aus dem Kopf. «Ich fand Tamy sehr attraktiv, ihre Selbstsicherheit faszinierte mich.» Zwei Wochen später macht sie den ersten Schritt, schreibt sie an – «mit dem Hintergedanken, dass mehr daraus entstehen könnte».
Eine turbulente dreimonatige Dating-Phase bricht an. Doch letztlich fühlt sich Glauser bei Rinderknecht «zuhause». «Es war, als hätten wir uns ewig gekannt», sagt Rinderknecht.
Bevor das neue Glamour-Paar öffentlich zu seiner Liebe steht, will Dominique allerdings zunächst ihre Familie über das neue Glück informieren. Erst lernt ihre Schwester Noemi, 27, Glauser kennen, als die Dating-Phase noch in vollem Gang ist. Sie weiss bereits vorher von Dominiques Interesse an Frauen. «Du warst die Erste, die das gewusst hat, und sie war auch dann dabei, als Tamy zum ersten Mal ins Spiel gekommen ist», erinnert sich Rinderknecht bei «SRF Virus».
Die Schwestern gehen zusammen in den Ausgang. Später stösst wie vereinbart Tamy dazu. Für Noemi ist der Fall klar: «Sie hatte einfach Schiss, sich allein mit ihr zu treffen», erzählt sie und lacht. Als Glauser dann ebenfalls im Club auftaucht, habe Dominique «die ganze Zeit nervös dagestanden» und habe gesagt: «Oh mein Gott, sie ist da! Sie ist da!», lässt Glauser aber im Raum umherschleichen, um nicht zu wirken, als ob sie die ganze Zeit auf sie gewartet hätte. «Sie hat sich benommen wie ein Teenager», sagt Noëmi.
An jenem Abend habe «ich dann auch angefangen, ein bisschen rumzuknutschen – so halb, in der Öffentlichkeit», sagt Rinderknecht. «Öffentlich war das noch kein Thema bis dahin.» Noemi ist sich dessen bewusst, und als sich ihre Schwester und Tamy «wahnsinnig nahekommen», habe sie gesagt: «Domi, nimm dich zusammen, da hat es noch andere Leute und die sehen das alle.» Daraufhin habe sie Tamy ein Zeichen gegeben und «wir gingen dann einfach aufs WC rummachen».
Die ersten Reaktionen auf die sich anbahnende Liaison lassen nicht lange auf sich warten. Ein Familienfreund etwa fragt Noëmi: «Was meinst du, sagt Grosi? Und Papi?» Und auch Dominiques Schwester selbst macht sich Gedanken. «Ich habe das mit eigenen Augen auch nicht so mitgekriegt. Und dann das erste Mal, dass ich zwei Frauen miteinander küssen sehe, ist es noch meine eigene Schwester.»
Dominique hingegen, die «mega auf der Entdeckungsreise» ist, blendet alle Reaktionen aus. «Davon habe ich mich nicht abbringen lassen, damals war mir wirklich egal, was die Leute denken.»
Doch bei der eigenen Familie macht sich Rinderknecht Gedanken. Wie soll sie die Liebe zu einer Frau am besten kommunizieren? «Papi war ein Thema», sagt sie. Davor, ihrem Vater von der neuen Liebe zu berichten, hat sie Bammel. Ganz ohne Grund: Am selben Tag lassen sich Rinderknecht und Glauser und unabhängig davon auch Vater Christian die Haare bei Noemi schneiden – ohne, dass Dominique davon gewusst hätte. «Tamy und ich liefen da so raus nach dem Haare schneiden, stehen auf einem Weg und küssen uns. Und wer läuft vorbei? Domis Vater. Ich weiss nur noch, dass das Nächste, das ich bekam, eine Sprachnachricht war. ‹Oh mein Gott, Domi! Papi hat gesehen, wie Tamy und du einander küssen!›»
Mit dem Kuss ist alles gesagt – und ihr Coming-out, so ungeplant es auch geschah, für Rinderknecht im Nachhinein ideal. «Irgendwie war ich erleichtert damals, dass ich jetzt nicht zu ihm hingehen musste und sagen: ‹Hey, ich date eine Frau.›»
Doch als ihr Vater Bescheid weiss, gilt es, eine weitere Person in der Familie zu informieren: die Grossmutter. «Beim Grosi war es noch viel schlimmer», erinnert sich Dominique. Kurz darauf fahren die Rinderknechts mit Glauser in die Ferien. Die Presse hat zu jenem Zeitpunkt bereits Wind gekriegt von der Liebelei zwischen der Ex-Miss-Schweiz und dem Model – für Rinderknecht der Anstoss, auch ihre Grossmutter zu informieren. «Drum musste ich sie aus Südfrankreich anrufen», erzählt sie.
Sie habe ihr gesagt: «Du Grosi, ich muss dir noch kurz etwas sagen. Es könnte sein, dass dich morgen der ‹Blick› anruft, weil sie haben Wind davon gekriegt, dass ich eine Frau date. Einfach, dass du das weisst. Es ist Tamy, die hast du auch schon gesehen.» Entgegen aller Erwartungen nimmt Grosi Leni die Neuigkeit gelassen auf. «Das Herzige war ihre Reaktion: ‹Ah, das ist ja total normal heute, dass die überhaupt so ein Zeug daraus machen!› Ich dachte nur: Cool, hat sich das auch erledigt.»
Heute kann sich Rinderknecht kaum mehr vorstellen, je Angst vor der Reaktion ihrer Familie gehabt zu haben. Tamy ist mittlerweile voll integriert. «Alle lieben sie, sie wird als meine Partnerin wahrgenommen, nicht einfach als eine Freundin.» Sie würden alle zusammen Weihnachten feiern, die Mutter von Dominique ist mittlerweile mit Tamys Mami befreundet. «Sie ist wirklich voll Teil der Familie – und genau so wird sie auch behandelt.»