Hoch oben die Churfirsten, im Tal spiegelt der Walensee die Sonne. «Einfach magisch», sagt die Baslerin Ronja Borer (31). Seit Mitte Mai wohnt und arbeitet die Musical-Darstellerin in Walenstadt SG: Sie tanzt und singt im Stück «Flashdance» auf der Walensee-Bühne und gerät als liebenswerte, naive Gloria auf die schiefe Bahn. «Sie träumt davon, berühmt zu werden, lässt sich von Betrügern umgarnen und manipulieren», erzählt die Toch-ter von Musiker Bo Katzman (70). «Das habe ich mit meiner Rolle zum Glück gar nicht gemeinsam. Dank meiner starken Familienbande und einem schönen Umfeld blieb ich stets auf dem richtigen Pfad.»
Bern, Luzern, Zürich, Walenstadt – Ronja Borer kennt arbeitsbedingt viele Schweizer Städte. Zurzeit lebt sie in einem Häuschen mit Garten, vier Zimmern, drei Toiletten und zwei Kühlschränken mitten in Walenstadt. Und zwar mit ihren italienischen Musical- Gspänli Elisa Filace (32) und Carlo Schiavone (30) dessen Hund Zoe so- wie einer weiteren Mitbewohnerin. «Wir haben keine Regeln, aber den nötigen gegenseitigen Respekt, alles ist sehr locker», sagt Carlo. So herr-sche auch in der Küche keine Kolli- sion, wenn alle ihr Essen kochen. «Wir essen generell sehr gesund», sagt sie. «Und wenn, wärst du die Ungesunde unter uns», neckt Schiavone. Auf dem Tisch steht denn auch eine Packung Basler Läckerli. «Meine Homebase habe ich nach wie vor in der Region Basel.» Dort verbringt sie jede freie Zeit bei ihrem Freund Kevin (35).
«In diesem Beruf ist man nicht nur Bühnenkünstlerin, sondern auch alles dahinter»
Ronja Borer
Bereits zum zweiten Mal spielt Ronja Borer in einer Walensee-Bühne-Produktion mit. Als sie in «Die Schöne und das Biest» (37 000 sahen das Stück) im Einsatz war, hatte sie eine Einliegerwohnung in Flums. Diesmal wollte sie nicht allein leben, da sie sehr gesellig sei. «Auch wenn wir nicht immer alles zusammen machen: Man trifft sich oft in der Küche oder im Flur zum Plaudern.» Und nun, da Showtime herrsche, hätten sie mehr Zeit, um auch mal ins Strandbad zu gehen oder einen Absacker nach der Vorstellung zu geniessen. «Vor Auftritten trinke ich nie Alkohol», sagt Borer. «Ich will bei jeder Show mein Bestes geben.» Danach darfs gern ein Lillet Spritz mit «Beeri» sein. «Für diesen Sommer habe ich vier Engagement-Angebote erhalten», sagt Ronja Borer. «Das ist die Tücke meines Berufs – ich kann nie alles machen. Aber ich bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung für ‹Flashdance› und die Walensee-Bühne.» Denn Freilichtbühnen hätten einen ganz speziellen Charme. «Je nach Wetterlage kanns besonders reizvoll oder herausfordernd sein.»
Zurückstecken muss aktuell ihre Partyband Sheee, und auch Konzerte mit Vater Bo Katzman sind weniger. «Dafür geben wir im Winter wieder Vollgas.» Manche Auftritte als Solosängerin kann sie tagsüber wahrnehmen. Normalerweise unterrichtet sie noch dreimal wöchentlich im Tanzstudio ihrer Mutter Marianne, 68, in Aesch BL. «Es hilft, das Glas halb voll zu sehen, sich zu freuen, dass viel läuft», sagt Borer. Denn während der Pandemie ging nichts. Kurz überlegte sie gar, ob sie den Master in Psychologie anfangen soll. «Die Idee legte ich schnell ad acta.» Sie weiss bis im März 2023, was sie zu tun hat, spielt im Herbst bei «Der Löwe, der nicht schreiben konnte» und «Oh läck du mir!» mit.
Nun also «Flashdance»! «Ich freue mich jeden Abend, wenn ich zum Festgelände der Seebühne fahre.» Bereits büffelt Ronja aber ihre nächste Rolle, erledigt daneben Buchhaltung, bewirtschaftet Websites (ihre und die von Vater Bo) und soziale Medien. «In diesem Beruf ist man nicht nur Bühnenkünstlerin, sondern auch alles dahinter – ist sozusagen Allrounder.» Und als Freischaffende muss sie Eigendisziplin besitzen, ihren Tagesablauf selbst gestalten, Körper und Stimme fit halten – einmal pro Woche hat sie online Gesangsunterricht mit ihrer Lehrerin in San Diego. «Manchmal sind Geist und Körper nach vielen Shows und Proben einfach müde, dann muss ich mir auch Erholung gönnen.» Zudem gebe es Phasen, in denen wenig läuft. «Die nutze ich dann, um Energie zu tanken und bei meinen Liebsten zu sein.» Denn eines ist für die Arbeitsnomadin klar: «Ich habe das gefunden, womit ich mein Leben verbringen will.»