Final Wimbledon, 19. Juli 2017: Roger Federer setzt sich gegen Marin Cilic in drei Sätzen durch und gewinnt das Turnier als erster Spieler in der 140 jährigen Wimbledongeschichte zum achtenmal und avanciert im Mekka des Rasentennis zum Rekordhalter.
In der Siegesrede auf dem Platz dankt er seiner Frau Mirka, seinen Eltern Lynette und Robbie sowie seiner Entourage mit Trainer, Fitnesscoach, Physiotherapeut und Manager für die grosse und stetige Unterstützung. Beim Verlassen des Courts, widmet er sich voll und ganz den Fans, ermöglicht Selfies und erfüllt Autogrammwünsche zu Hauf.
Anschliessend in den Katakomben der Smalltalk mit Prinz William und Kate, mit den Legenden Rod Laver und Björn Borg und mit Vertretern seiner Sponsoren .
Dann, zurück in der Garderobe, fordert Federer im allgemeinen Jubel und Trubel die Leute auf, doch etwas ruhiger zu sein, aus Rücksicht und Respekt gegenüber dem körperlich angeschlagenen Verlierer Marin Cilic. Der Tag geht weiter mit dem Medienmarathon und unzähligen Einzelinterviews und endet mit dem Champions-Dinner, an dem sich Federer mit einer brillanten Rede bei den Organisatoren bedankt.
Diese zehn Stunden zwischen dem Final und der Nachtruhe spiegeln eindrücklich, was das Phänomen Roger Federer ausmacht. Auf dem Centre Court während des Spiels sind es seine Eleganz und seine Kreativität, sein ausgeprägtes Ballgefühl, seine Leichtfüssigkeit, sein vielseitiges Schlagrepertoire, sein Einsatzwille, sein eiskaltes Verhalten bei den big points – und vor allem: seine Spielfreude.
Mit diesem kunstvollen und erfolgreichen Tennis und mit seiner Ausstrahlung hat Federer seine Sportart in neue Sphären gehoben und gleichzeitig Konkurrenten inspiriert, nachzuziehen und noch härter zu arbeiten. Und Federer ist trotz Rückschlägen und nicht wenig allzu schnellen Rücktrittsforderungen konsequent und selbstbewusst seinen Weg gegangen.
Bernhard «Berni» Schär
Bernhard «Berni» Schär, 66, berichtete für das Schweizer Radio und Fernsehen im Tennissport von 70 Grand-Slam-Turnieren und von 18 ATP-Finals. Er begleitete Roger Federer praktisch ab dessen erstem Turnier auf der ATP-Tour.
Der Inhalt seiner Dankesrede auf dem Platz hat aufgedeckt, wie entscheidend es ist, dass ihm seine Ehefrau Mirka stets den Rücken frei hält und mit Geduld, Ausdauer und Offenheit für Harmonie und eine gute Organisation des Lebens sorgt. Der Dank an Lynette und Robbie war ein Indiz dafür, dass die tolerante aber dezidierte Erziehung seiner Eltern ihn zu einem weltoffenen und kommunikativen Menschen mit guten Manieren gemacht haben, zu einem Menschen, der dem Gegenüber stets Respekt und Aufmerksamkeit schenkt, zu einem Menschen, der trotz des Weltstarstatus die Bodenhaftigkeit nie verliert und immer auch an diejenigen Mitmenschen denkt, die es weniger gut im Leben haben und deshalb schon früh mit 22 Jahren seine Roger Federer Foundation gründete. Und die Worte der Dankesrede an die Adresse seiner Entourage haben verdeutlicht, wie entscheidend dieses Umfeld war, dass sich Federer ständig überlegt hat, wo er noch besser werden kann.
Auf dem Weg in die Katakomben hat Federer gezeigt, dass ihm die Zeit für das Publikum nie zu schade war. Es war diese Sympathie und die Wertschätzung, mit der er sich in die Herzen der Fans in der ganzen Welt spielte, auch in die Herzen vieler, die wenig Bezug zum Tennis hatten. Und es ist beeidruckend, wie Federer in der Umfrage der ATP bei den Fans seit 2003 19-mal hintereinander zum beliebtesten Spieler der jeweiligen Saison gewählt worden ist – selbst wenn er kaum spielte. Kleiner Einschub: Anlässlich der Swiss Indoors in Basel hat sich Federer trotz Turnierstress jeweils immer eine extra Stunde Zeit genommen um seinen Schweizer Fan Club exklusiv zu treffen.
In den Katakomben hat Federer gezeigt, wie eloquent, sicher und stilvoll er sich auch auf dem Parkett der Prominenz bewegen kann. Nicht von ungefähr sind Grössen wie Microsoftgründer Bill Gates, Amazon-Besitzer Jeff Bezos oder Mode-Ikone Anna Wintour – um nur ein paar wenige zu nennen – vom Wesen Federer fasziniert. Und sogar Queen Elisabeth II. hat immer wieder öffentlich geschwärmt von der Kommunikationskunst und der Gesprächsbereitschaft Federers anlässlich ihres einmaligen Treffens mit den besten acht Spielern der Tour.
Zum Abschluss folgt der Medienmarathon: Imponierend war – und das galt immer wieder und für alle Turniere – wie motiviert und gelassen sich Federer stets den Fragen der Journalisten stellte. Es war ihm wichtig, dass er der Weltpresse spannende und aussagekräftige Antworten lieferte. Die Journalisten betrachtete Federer stets als unverzichtbare Gilde, die den Tennissport in der weiten Welt mit attraktiven Geschichten propagiert. Federer nahm die Journalisten mit in sein Boot, in seine Gedankenwelt und in seine Emotionen.
Wo und wann auch immer: Roger Federer hat in seiner bewundernswerten Karriere gezeigt, was es heisst, mit Klasse und Integrität Aussergewöhliches zu leisten. Und er hat bewiesen, dass es mit Talent, harter Arbeit und mit den richtigen Leuten im Umfeld möglich ist, sich vom Balljunge aus Münchenstein zum Weltstar zu entwickeln.