Plötzlich ist alles anders. Sascha Ruefer wollte seinen Sohn Matti, 8, von der Schule abholen und mit ihm die Mittagspause samt Fototermin mit der Schweizer Illustrierten am Sempachersee verbringen. Und für den Abend hatte Ruefers Sohn etwas Besonderes für den 50. Geburtstag seines Papis geplant: «Er wollte für mich kochen und eine Party für uns zwei vorbereiten.» Daraus wird nichts. Matti, der zum zweiten Namen Petter heisst und nach Skispringer Matti Hautamäki und Langläufer Petter Northug benannt wurde, ist in Quarantäne. Ruefer und Mattis Mutter haben sich vergangenen Sommer getrennt und teilen sich das Sorgerecht. Die Quarantäne verbringt Matti bei seiner Mutter. «Am meisten nervt ihn, dass er nicht zur Schule kann», sagt Ruefer, der nun den Nachmittag alleine in seinem Seehäuschen in Sursee LU verbringt. Die Ruhe vor dem Sturm sozusagen: Ende Januar fliegt Ruefer als Moderator für Schweizer Radio und Fernsehen an die Olympischen Spiele nach Peking – sofern er innerhalb 96 Stunden vor Abflug zwei negative Covid-Tests aufweisen kann.
Sascha Ruefer, bedauern Sie, dass es keine grosse Geburtstagssause gibt?
O nein! Ich bedauere, dass ich nicht mit meinem Sohn feiern kann. Sonst bin ich keiner, der Geburtstage gross feiert. Ich bin sogar froh, entkomme ich dem Trubel.
Der 50. Geburtstag löst also gar keine speziellen Gefühle aus?
Zahlen und Alter lösen bei mir wenig aus. Es klingt abgedroschen, aber es stimmt: Man ist so alt, wie man sich fühlt – und ich fühle mich noch sehr jung. Doch dann stelle ich fest, dass Menschen, die ich als Kleinkinder kennengelernt habe, nun heiraten und Eltern werden. Dann denke ich schon: Wow, wie die Zeit vergeht!
Was ist mit 50 besser als mit 25?
Mit 25 bist du auf einer Reise. Mit 50 bist du angekommen. Mit 25 sagte ich, dass ich mal eine Bar in Jamaika haben möchte. Da kürze ich nun ein wenig ab und sage: Mein Weg wird mich irgendwann nach Mallorca führen.
Weitere Dinge auf der Bucket-List?
Ich möchte eigenen Wein anbauen. Bei einem Glas habe ich mir vorgenommen, dass ich ruhiger – nicht langweiliger! – werden und mehr Zeit ohne Handy geniessen möchte. Doch das Allerwichtigste: mehr Zeit mit meinen Liebsten verbringen.
Keine sportliche Challenge dabei?
Nein, diesen Drang habe ich nicht. Ich bin zwar nicht gerade Couch-Potato geworden, doch in letzter Zeit hatte ich wenig Anreiz, viel zu trainieren. Nun habe ich eine Partnerin, die extrem sportlich ist und das auch von mir fordert, mich motiviert. Wandern, Ski fahren, langlaufen – wir machen alles Mögliche, und ich bin wieder recht fit.
Sie sind wieder vergeben. Es gibt Gerüchte, dass Sängerin Eliane Müller die neue Frau an Ihrer Seite ist.
Wer meine Partnerin ist, behalte ich für mich. Es ist mir mehr denn je wichtig, meine Privatsphäre zu wahren. Ich kann einfach sagen: Ich geniesse die Verliebtheit. Es ist ein wunderschönes Gefühl, wieder jemanden zu haben.
Wie wichtig ist Ihnen Ihr Aussehen?
Ich bin nicht eitel. Aber wenn man vor der Kamera steht, ist man stets mit dem eigenen Aussehen konfrontiert. Ich kann es mir nicht leisten, mich gehen zu lassen. Doch ich wills auch nicht übertreiben: Ich muss nicht aussehen wie ein 25-Jähriger. Wichtiger ist mir, dass ich gesund bin. Und nachhaltig lebe. Ich esse etwa weniger Fleisch, versuche, meinen Abfall zu reduzieren. Das Vaterwerden hat bei mir diesbezüglich schon einiges ausgelöst.
Inwiefern?
Ich mache mir viel mehr Gedanken, was ich der nächsten Generation hinterlasse. Zudem bin ich viel gelassener geworden. Früher war es mir extrem wichtig, was andere von mir denken. Die Kritik der Zuschauer hat mich etwa an der Fussball-WM 2014 fast zerrissen. Ich ging danach in ein Coaching, um besser damit umzugehen. Ich hatte auch rebellische Jahre, in denen ich dachte: Ihr könnt mich mal. Und jetzt, wie soll ich sagen: Der Rebell wird 50. Ich rebelliere zwar immer noch, aber nicht als Teil einer Krise. Ich rebelliere gegen Oberflächlichkeiten, gegen Wertverluste, gegen Unanständigkeiten und fehlenden Respekt.
«Ich habe eine Partnerin, die extrem sportlich ist und das auch von mir fordert, mich motiviert»
Sascha Ruefer
Sind das auch die Dinge, die Ihnen in der Erziehung wichtig sind?
Ja. Ich möchte, dass Matti anständig ist. Dass er aufrichtig und ehrlich ist. Dass er den Fairnessgedanken lebt.
Ist Ihr Sohn Ihnen ähnlich?
Das ist schwierig zu sagen für einen Vater. Natürlich ist er für mich der Allerbeste, und ich bin der stolzeste Papi überhaupt. Er ist sicher kein Klon von mir, er mag Fussball zum Beispiel nicht. Dafür reitet er gern, während ich wenig Bezug zum Reitsport habe. Was er von mir hat: Er mag den Rummel auch nicht sonderlich. Und er redet wie ich – ohne Punkt und Komma.
Sind Sie ein strenger Vater?
Ich bin nicht autoritär. In erster Linie haben wir es lustig und gut zusammen. Aber mein Sohn weiss, dass es Grenzen gibt. Gerade seit der Trennung hat sich das verändert. Seine Mutter hatte schon immer den Lead in der Erziehung. Sie macht das super und ist ein gutes Vorbild für Matti. Nun soll er auch bei mir wissen, dass es nicht immer nur Pläuschlen gibt. Solange er die genannten Werte respektiert, darf er vieles. Auch Fehler machen.
Welche Fehler bereuen Sie?
Ich nage daran, dass meine Familie in die Brüche ging. Da war ein Gefühl des Versagens. Deshalb würde ich rückblickend die Prioritäten anders legen, der Familie mehr Zeit geben. Ich habe mir geschworen: Ich werde nie mehr irgendwas über meinen Sohn oder meine Partnerin stellen. Doch ich denke: An jedem Fehler, den ich gemacht habe, auch im Job, bin ich gewachsen.
Nach 25 Jahren am TV kann Sie nichts mehr aus der Ruhe bringen?
Ich werde wirklich nicht mehr nervös. Doch ich nehme jede Aufgabe ernst. Ich will mich verbessern, hinterfragen, neue Reize schaffen. Doch ich sage mir auch: Der Ausgang eines Sportereignisses verändert die Welt nicht. Das bin ich mir zu jeder Zeit bewusst. Nicht weltbewegend, aber emotional kann der Sport sein.
Welches sind Ihre prägendsten Sportmomente?
Etwa die Fussball-WM 1998, als der Polizist Daniel Nivel von deutschen Hooligans verprügelt wurde. Am ganz anderen Ende des Spektrums: Die Emotionen, als Simon Ammann 2002 und 2010 Doppel-Doppel-Olympiasieger wurde, werde ich nie vergessen. Auch unvergesslich bleibt, was ich zuletzt mit der Schweizer Nati erleben durfte.
Was wünschen Sie sich für Peking?
Mein grösster Wunsch ist, dass nicht Corona über Sieg und Niederlage entscheidet.