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Schlagergängerin Beatrice Egli über Bodyshaming

«Ein Diamant entsteht nur unter Druck»

Seit Jahren steht sie im Rampenlicht – seit Jahren muss sie Kritik zu ihrem Körper einstecken. Nun wehrt sich Beatrice Egli. Wie die Sängerin die Liebe zu sich selbst feiert und was die 33-Jährige ihrem 18-jährigen Ich gern sagen würde.

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Beatrice Egli, 2022

Schlagerstar Beatrice Egli: «Ich habe verstanden, was mich einzigartig macht.»

David Biedert

Jeden Tag nur Frust und Hater
Und sie prügeln auf dich ein
Bleibe stark und bleibe mutig
Bist nicht allein

(Aus dem Lied «Ganz egal»)

Selbstbewusst posiert Beatrice Egli, 33, mitten in der Stadt Zürich für den Fotografen – um sie herum Dutzende Passantinnen und Passanten. Ein paar bleiben stehen, tuscheln miteinander. Einer ruft: «Das kommt gut!» Für den Schlagerstar aus Pfäffikon SZ ist diese Aufmerksamkeit kein Problem. Seit ihrem Sieg bei «Deutschland sucht den Superstar» vor neun Jahren steht sie im Rampenlicht. Doch so gelassen wie heute war Beatrice Egli nicht immer. «Es war ein langer Prozess», sagt die Sängerin. Mit ihrer Musik verarbeitet sie diesen nun.

In der Single «Ganz egal» gehts um Bodyshaming. Warum ist dieses Thema wichtig?
Weil ich Bodyshaming erlebe, seit ich in der Öffentlichkeit stehe. Nicht erst seit «Deutschland sucht den Superstar» – das fing schon früher an. Immer wieder musste ich mir Kommentare über meinen Körper anhören. Es gibt sogar ganze Titelstorys über meine Figur! Aber jetzt bin ich an einem Punkt, an dem ich über all dem stehen kann. Meine Selbstliebe und mein Selbstbewusstsein sind in den letzten Jahren extrem gewachsen.

Wie haben Sie das geschafft?
Ich bin nicht mehr die gleiche Frau wie vor zehn Jahren. Ich kenne zwar meine Wurzeln, aber ich bin gewachsen und habe die Welt und mich selber entdeckt. So habe ich zu mir gefunden und verstanden, was mich einzigartig macht: meine Disziplin, mein Charakter und der unbändige Wille, die Ziele, die ich mir gesteckt habe, zu erreichen. Ich möchte nun meinen Fans Mut machen, das Gleiche zu tun. Es ist schön zu sehen, dass die 18-jährigen Mädels, die meine Shows besuchen, viel weiter sind als ich damals mit 18 Jahren. Sie kleiden sich so, wie es ihnen gefällt, egal, was andere davon halten.

Was würden Sie der 18-jährigen Beatrice gern sagen?
Ich würde ihr gerne die Stärke geben, für sich selber einzustehen. Und ihr sagen, dass sie lernen soll, sich zu lieben, wie sie ist. Gleichzeitig bin ich aber auch stolz auf die 18-jährige Beatrice. Wie ich damals mit dem Druck umging und wie schnell ich lernte, beeindruckt mich heute. Klar haben die Kommentare zu meinem Aussehen und meiner Figur wehgetan. Aber ich habe mit 18 Jahren viel Mut bewiesen, mich der Öffentlichkeit zu stellen. Ich wäre heute nicht die Frau, die ich bin, wenn ich diesen Prozess und diesen Schmerz nicht durchgestanden hätte. Ein Diamant entsteht nur unter Druck.

Ist dieser Kampf gegen Bodyshaming eine Art Mission geworden?
Ich mag das Wort Kampf nicht so. Ich möchte es an meinem Beispiel vorleben: Ich bin für mich selber die beste Freundin. Es soll für alle eine Selbstverständlichkeit sein zu sagen: Das bin ich, und ich bin wunderschön.

Beatrice Egli, 2022

«Ich wäre nicht die Frau, die ich bin, wenn ich den Schmerz nicht durchgestanden hätte», sagt die Sängerin.

David Biedert

Selbstliebe kann aber manchmal anstrengend sein, oder?
Natürlich, ich schaue auch manchmal in den Spiegel und denke: Nein, heute ist es nicht optimal. Aber auch das muss ich annehmen und darf mich nicht davon beeinflussen lassen. Vieles in meinem Leben ist nicht so gekommen, wie ich mir das vorgestellt habe – aber in vielen Fällen ist es dann doch auch besser geworden.

Wann zum Beispiel?
Ich war schon vor «DSDS» an vielen Songcontests und Castings in der Schweiz und war alles andere als erfolgreich. Ich hätte aber den Schritt über die Landesgrenze nach Deutschland nicht gewagt, wenn hier alles geklappt hätte.

Welche Ihrer Körperstellen mögen Sie am liebsten?
Meine Kurven. Ich liebe sie in allen Formen und an allen Körperteilen. Ich bin so glücklich, dass ich mich heute wohlfühle in meinem Körper. Er ist ein Geschenk; ich habe ihm schon vieles abverlangt.

Beispielsweise letztes Jahr: Sie haben das Matterhorn bezwungen und dafür hart trainiert.
Ich bin körperlich an meine Grenzen gekommen und habe entdeckt, dass mir Sport Spass machen kann. Aber die grösste Challenge war für mich die im Kopf. Ich bin mental so gewachsen, und das ist das Schönste, was ich von dieser Herausforderung mitgenommen habe. Auch jetzt denke ich oft, wenn etwas schwerfällt oder unerreichbar erscheint: Ich habe das Matterhorn geschafft, also schaffe ich auch das!

Beatrice Egli, 2022

Beatrice Egli gewann mit 24 Jahren die zehnte Staffel von «DSDS» – und musste viel Kritik wegen ihrer Figur einstecken. «Heute stehe ich darüber.»

David Biedert

Wie tanken Sie Energie?
Ich habe eine tolle Familie und tolle Freunde, die mich stets wieder aufbauen. Früher habe ich immer zu viel gemacht und zu viel gewollt. Ich bin tatsächlich fitter geworden, seit ich mir bewusst Zeit für Pausen nehme. Das ist wie bei der Musik: Ohne Pause gibt es keinen Rhythmus.

Gab es einen Schlüsselmoment, sich in Ihrer Musik mit ernsteren Themen zu beschäftigen?
Es ist schön, über die Liebe und das Positive zu singen, und das werde ich auch weiterhin machen. Aber heute beschäftigen mich andere Themen als noch vor vier oder fünf Jahren. Neben Bodyshaming auch Mobbing oder häusliche Gewalt. Es ist kostbar, dass meine Stimme von einer grossen Öffentlichkeit gehört wird, das will ich nutzen, um auf schwierige Themen aufmerksam zu machen. Ich finde, auch das gehört zum Schlager.

Sie sind bei den Swiss Music Awards als «Best Female Act» nominiert. In dieser Kategorie haben Sie bereits dreimal gewonnen – 2015, 2017 und 2021. Was ist das für ein Gefühl?
Jedes Mal schöner. Früher dachte ich, ich werde ein Jahr lang erfolgreich sein, und dann ist alles vorbei. Sich immer wieder beweisen und die Leute neu unterhalten über so eine lange Zeit – es sind immerhin neun Jahre jetzt – ist sehr intensiv. Mit meinen letzten zwei Alben konnte ich wegen der Pandemie kaum auf Tour gehen. Der Swiss Music Award wäre ein sehr schönes Feedback.

Würden Sie trotz grösserem Selbstbewusstsein gern etwas an sich ändern?
Manchmal hätte ich gern längere Beine, damit ich nicht so viel laufen muss und schneller wäre (lacht). Ich könnte dann auch ab und zu von High Heels zu Turnschuhen wechseln, und es würde immer noch toll aussehen. Aber Hauptsache, meine Beine bringen mich vorwärts.

Beatrice Egli, 2022

Beatrice Egli ist bei den Swiss Music Awards als «Best Female Act» nominiert. «Früher dachte ich, ich werde nur ein Jahr lang erfolgreich sein.»

David Biedert
SD
Silvana DegondaMehr erfahren
Von Silvana Degonda am 21. Mai 2022 - 07:58 Uhr