«Lieber bin ich frei als ängstlich.» Mit diesen Worten outet sich Schwinger Curdin Orlik, 27, heute Freitag im «Tages-Anzeiger». Der Spitzensportler hat es sich alles andere als leicht getan, mit diesem Entscheid an die Öffentlichkeit zu gehen. Jetzt aber ist der Zeitpunkt für ihn gekommen: «Ich bin so. Ich kann nichts dafür. So bin ich geboren», erklärt er.
Sein Coming-out ist ein Novum im Schweizer Spitzensport: Als erster Schwinger und als erster aktiver männlicher Topsportler in der Schweiz überhaupt steht Orlik zu seiner Liebe zu Männern. Sein Outing folgt auf eine Erfolgswelle: So war der gebürtige Bündner Sieger am Walliser, am Freiburgischen, am Emmentalischen und am Oberländischen Schwingfest, Schlussgangteilnehmer am Unspunnen-Schwinget, Kranzgewinner am Eidgenössischen Schwingfest.
Viel zu lange habe er verdrängt, wer er wirklich sei. Orlik erzählt: «Ich bin keiner, der vor Leuten herumknutscht, aber ich will mich mit einem Mann in die Badi legen und ihn berühren können. Ich tue das auch für meinen Sohn, ihn will ich auf gar keinen Fall anlügen.»
Schon sein halbes Leben weiss er, dass er Gefühle für Männer hat. «Ich wusste schon immer, dass ich schwul bin, sicher seit ich zwölf war», so Orlik. Als Bub auf dem Schulhausplatz habe er damals Sprüche über Homosexuelle gehört: «Du schwule Sau, du Schwuchtel. Oder beim Fussball: So ein schwuler Pass! Klar, niemand meinte das ernst, aber wenn du selbst so bist, dann denkst du: Scheisse, das ist nicht gut. Ich dachte: Ich will nicht schwul sein», erinnert er sich.
Lange Zeit hat er im Ausgang absichtlich Frauen nachgeschaut, um seine sexuelle Orientierung zu vertuschen. Als er nach einem längeren Aufenthalt in der Romandie nach Bern zog, um Agronomie zu studieren, lernte er eine Frau kennen. Im Frühling 2016 wurden sie Eltern. Im Sommer 2017, ein Jahr nach der Geburt seines Sohnes, zog Orlik aus der gemeinsamen Wohnung aus. Heute wohnt der Schwinger in Rubigen BE in der Nähe seiner Ex-Partnerin und seines Sohnes.