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Der Skirennfahrer vor seinem WM-Start

Spieler Luca Aerni ist in Hochform zurück

Vor vier Jahren war er Weltmeister. Dann machte Luca Aerni schwierige Zeiten durch. Nun ist der 27-Jährige nach einem Materialwechsel wieder in Topform. Und will mit alter Unbeschwertheit neue Höhenflüge erleben – denn das Spielen hat er im Blut. Heute Montag geht er in der WM-Kombi auf Medaillenjagd.

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Luca Aerni, Ski Alpin, SKI WM 2021 - Cortina d'Ampezzo, 10. Februar 2021

Luca Aerni, der Weltmeister von 2017, an der Ski-WM in Cortina d'Ampezzo. Er orientiert sich wieder an den besten Skifahrern der Welt.

Valeriano Di Domenico

Skifahrer sind es gewohnt zu warten. Schneefälle, Lawinen und Nebel entscheiden mit, ob sie ihren Beruf ausüben können – ein paar Rennverschiebungen bringen also niemanden aus der Ruhe. Anders liegt der Fall, wenn man jahrelang darauf warten muss, wieder gute Leistungen zu zeigen.

Luca Aerni, 27, hat das erlebt. «Ja, ich bin schon stolz auf mein Comeback», sagt er vor der WM in Cortina d’Ampezzo und nach einem erfolgreichen Januar. 2017 ist er in St. Moritz überraschend Weltmeister in der Super-Kombination geworden, danach holt er das erste Schweizer Slalom-Podest seit vielen Jahren. 

Doch dann passt vieles nicht mehr zusammen. Vor einem Jahr wird er in den Januar-Slaloms mal Letzter, mal 63., mal 49. Aerni kann sonst Niederlagen schnell wegstecken und wieder nach vorne blicken, «aber da war ich schon sehr enttäuscht. Ich wusste, dass ich mehr kann.» 

Luca Aerni, Ski Alpin, SKI WM 2021 - Cortina d'Ampezzo, 10. Februar 2021

Anstelle der Super-Kombination gibts für Luca Aerni im Schneefall von Cortina d’Ampezzo einen Spaziergang. Viel ist im italienischen Dorf nicht los – Zuschauer sind beim Event nicht zugelassen.

Valeriano Di Domenico

Er grübelt, obwohl er sonst ein ausgesprochen positiver und aufgestellter Typ ist. Der auch froh ist, abends mit seiner Freundin Audrey Chaperon mal nicht übers Skifahren zu reden, obwohl sie früher selber Rennfahrerin war.

Seit sieben Jahren sind die beiden zusammen. Mit der 27-Jährigen wohnt Aerni teils in Mollens bei Crans-Montana VS, wo er die ersten vier Jahre seines Lebens verbrachte, bevor die Familie ins Berner Mittelland zog. Und anderseits in Semsales FR, aus dessen Nähe Chaperon stammt – und was praktischerweise näher am Flughafen liegt als das Wallis.

Kaffee und Bier nach der Golfrunde

Bis er 14 war, setzte Aerni auf eine Fussballer-Karriere, entschied sich dann aber für den Skisport. Das Polysportive ist ihm aber heute noch wichtig: Mit seiner Familie geht er gern klettern, mit seinen Teamkollegen spielt er Golf – «seit den vergangenen zwei Sommern richtig angefressen».

Unter den jungen, ehrgeizigen Ski-Technikern gehts beim Golf um den Kaffee oder das Bier nach der Runde. Bei allen übrigen Spielen darum, dass der Sieger seinen Triumph den anderen den ganzen Tag unter die Nase reiben darf, wie Luca mit einem verschmitzten Grinsen erzählt. Verlieren verträgt keiner von ihnen gut. «Luca ist ein Spieler», sagt Matteo Joris, sein langjähriger Trainer. Hat er Spass am Skifahren, ist er vorne dabei, locker, unbekümmert. Dann ist er der Erste, der im Team-Chat Sprüche klopft. Laufe es aber nicht, sei er im Loch. So etwas wie eine Mittelphase gebe es nicht bei ihm.

Als es sportlich nicht gut lief, war das Problem schnell beim Material festgemacht – nicht für jede Fahrweise ist dasselbe geeignet. Zudem gabs Rückenprobleme. Doch Aerni hat mit seinem langjährigen Ausrüster Salomon, für den auch sein Vater arbeitet, noch einen Vertrag bis 2020. Im Frühling wechselt er zu Fischer und fühlt sich sofort wohl auf den Ski, die mehr Fehler verzeihen. 

Luca Aerni, Ski Alpin, SKI WM 2021 - Cortina d'Ampezzo, 10. Februar 2021

Tricolore-Sessel in Cortina. Welches Gesicht wird Luca Aerni an der WM in Italien zeigen?

Valeriano Di Domenico
Wieder Bestzeiten im Training

Letzten Samstag war es vier Jahre her, dass Aerni in St. Moritz Kombi-Weltmeister wurde: Nach dem 30. Rang in der Abfahrt legt er einen derart genialen Slalomlauf hin, dass alle anderen an seiner Zeit scheitern. Diese 44,47 Sekunden sind für Trainer Joris jahrelang der Referenzwert für Aernis Weltklasse. Und dann, als dieser im vergangenen März zum ersten Mal die neuen Ski an den Füssen hat, sieht Joris im Training endlich wieder ein paar jener Schwünge.

Im September fährt Aerni erstmals seit drei Jahren wieder Bestzeit in einem Trainingslauf. Und das in der Gruppe um Daniel Yule und Ramon Zenhäusern, die in der Zwischenzeit an die Weltspitze vorgestossen sind. «Ich bin zufrieden, dass es jetzt wieder passt. Freude und Lockerheit sind wieder da.» 

«Ich bin immer noch der Gleiche wie vor vier Jahren, wenn ich zurückschaue»

Luca Aerni

Und die Resultate? Im Januar wird Aerni mit hohen Startnummern Vierter, Sechster, Achter im Slalom. «Ich bin immer noch der Gleiche wie vor vier Jahren, wenn ich zurückschaue», sagt Aerni. «Damals ist der Erfolg halt einfach passiert, ich war im Flow. Heute weiss ich, was ich richtig mache, wenn ich gut fahre. Und kann es dann wiederholen.»

Die Zeit des Grübelns und der Unsicherheit ist vorbei. Nun attackiert er wieder unbeschwert im Rennen. Der Spieler gibt Vollgas. «So bin ich.» 

Von Eva Breitenstein am 15. Februar 2021 - 06:09 Uhr