Sechs junge Menschen posieren bei der Passerelle. Die 343 Meter lange Fussgängerbrücke ist Teil des Grandfey-Viadukts nördlich von Freiburg. Über unseren Köpfen überquert der Zug das Wasser der Saane. Die Brücke ist eine architektonische Meisterleistung und verbindet den deutschen mit dem französischen Sprachraum. Brücken bauen – das ist die perfekte Metapher für das Projekt der sechs Unternehmer. Es heisst Kariyon, so werden im lokalen Dialekt die kleinen Glocken an den Türen alter Geschäfte genannt.
Kulturerbe und neue Technologie, auf dieser Kombination gründet das Start-up Local Impact, das seit Beginn der Coronapandemie eine Internetplattform für den Verkauf von Solidaritätsgutscheinen aufgebaut hat. Etwas mehr als ein Jahr nach dem Onlinegang sprechen die Zahlen von Kariyon für sich. Es ist eine sozioökonomische Erfolgsgeschichte. «Die Aktion hat insgesamt 45 Millionen Franken generiert. 87 Prozent der Solidaritätsgutscheine wurden eingelöst», so Jérôme Guéry, 33, Mitbegründer von Local Impact. Das Geld kommt von den Einheimischen selbst. Um das lokale Gewerbe zu unterstützen, bestellten rund 15 Prozent der Bevölkerung des Kantons einen digitalen Gutschein von Kariyon.
Coiffeure, Restaurants, Lebensmittelläden, Buchhandlungen – die Freiburgerinnen und Freiburger haben die Qual der Wahl unter den Dienstleistungen, die in dieser Geschenkkarte integriert sind. Mehr als 2000 Unternehmen haben sich auf der Plattform registriert. Diese Geschäfte sind in der ganzen Region verteilt, vom Greyerzerland bis zur Broye und dem Sensebezirk.
Frische Kundschaft
Verbünden: Das ist die Mission von Kariyon. Die Start-up-Gründer haben sich zum Ziel gesetzt, die Vielfalt des Handwerks und des Handels in ihrer Region hervorzuheben. Dachverbände, Unternehmen und die Gemeinden haben sich der Solidaritätsaktion angeschlossen. «Dieses Konzept verbindet den französischen und den deutschsprachigen Teil der Region. Es hat den Leuten ermöglicht, Geschäfte in ihrer Nähe plötzlich neu zu entdecken», sagt Carmen Vonlanthen, Geschäftsführerin des Haar- und Schönheitssalons Vonlanthen in Düdingen. Auch ihr Laden profitiert davon und bekommt frische Kundschaft. Im Dezember 2020 hatten 80 Prozent der Menschen, die durch ihre Tür kamen, einen Kariyon-Gutschein im Smartphone dabei. Und im Jahr 2021 sind 50 Prozent ihrer Besucher Neukunden.
Solche Berichte freuen die Köpfe hinter dem Projekt, das in erster Linie darauf abzielt, KMU in Krisensituationen eine schnelle Hilfe zu bieten. Oliver Price, Mitbegründer von Local Impact, erinnert sich gut an den 13. März 2020. Damals kündigte der Bundesrat die erste Eindämmung an. Das löste Schock und Bestürzung aus. Zusammen mit seiner Frau Eléonore, einer Webdesignerin, beschloss Price zu handeln. Während einer Nachtaktion richteten sie eine Website ein, um die Händler zu unterstützen, die ihre Geschäfte schliessen mussten.
«Einige Handwerker waren plötzlich unsichtbar, weil sie gar keine Onlinepräsenz hatten. Wir mussten ihnen dabei helfen, mit ihren Kunden in Kontakt zu bleiben», sagt der 33-jährige Unternehmer. Schnell folgt ihnen die Junge Wirtschaftskammer Freiburg bei diesem Abenteuer. Und angesichts des Ausmasses der Aktion, die sehr positiv aufgenommen wird, umgibt sich das Ehepaar bald mit einem Team: Kommunikator, Entwickler, Manager. Im Juli 2020 wird die Plattform Kariyon offiziell eingeführt. Die Geschenkgutscheine berechtigen zu einem Rabatt von 10 bis 20 Prozent auf den Kaufpreis.
«Ohne Hintergedanken»
Kurz darauf schenkt François Baumann dem Projektteam sein Vertrauen. Er ist Besitzer mehrerer Hotel-Restaurants, darunter das «Le Sauvage» und die «Auberge aux 4 Vents» in Freiburg. «Es war eine gesunde Idee, die aus einem Impuls ohne Hintergedanken entstand. Das hat alle überzeugt: die Unternehmen, die Verbraucher und sogar den Staat, was sehr beruhigend war.» Tatsächlich stellte der Kanton sechs Millionen Franken zur Verfügung, um die Freiburger Wirtschaft anzukurbeln.
Die Handhabung von Kariyon ist für Kunden und Händler so gestaltet, dass es ihnen das Leben erleichtert: Einlösung der Gutscheine, Verfolgung der Zahlungen, Transaktionsverlauf – «die Verwaltung auf Händlerseite ist effizient und im Vergleich zum administrativen Aufwand anderer Unterstützungsleistungen sehr einfach», sagt François Baumann.
So hat sich Kariyon nach und nach wie David erhoben, um internationalen Giganten wie Amazon Paroli zu bieten. «Es ist doch besser, einen Newsletter von seinem Metzger zu erhalten als vom chinesischen Onlinehändler Alibaba», findet Mitgründer Jérôme Guéry. Nach den Gutscheinen möchte Kariyon weitere Initiativen in Angriff nehmen wie zum Beispiel «digitale Porträts» seiner Mitglieder. «Wir wollen sie bei ihrer Reise in die Digitalisierung unterstützen, damit sie bei Google besser gefunden werden.»
Freiburg hat mit seiner digitalen Lösung für das lokale Gewerbe bereits andere Regionen inspiriert, insbesondere die Gemeinden Carouge und Nyon. «Wir wollen unser Know-how weitergeben», sagt Oliver Price. Zur Feier des ersten Jahrestages hat sich Kariyon nun mit Almighty Tree zusammengetan, einem Start-up, das Bäume in der Stadt pflanzt. Gemeinsam wollen sie nicht nur der Wirtschaft ihres Kantons, sondern auch der Umwelt Gutes tun.
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