Mit 19 Jahren wurde Sonia Grandjean 1998 zur Miss Schweiz gekürt. In ihrem Amtsjahr strahlte die Zürcherin von Plakaten und Hochglanz-Magazinen, war ein gern gesehener Gast an VIP-Events und bezauberte bei Autogrammstunden. Nach zwölf Monaten Model-Business aber entschied sie sich, ins Büro zurückzukehren und verschwand bis auf wenige Ausnahmen aus der Öffentlichkeit. Schweizer-Illustrierte.ch erzählt die Ex-Miss nun, wo sie heute im Leben steht.
Die Schönheitskönigin ist heute Hypothekar-Expertin
«Ich geniesse es sehr, inkognito zu sein», sagt eine gut gelaunte Sonia Küng-Grandjean. Ins Kino oder Restaurant gehen zu können, ohne erkannt zu werden, sei für sie ein Segen. Die Miss Schweiz 1998 arbeitet schon seit dreizehn Jahren bei der Allianz Versicherung. Nach internen Stationen als Assistentin bei Human Ressources und im Ressort Leben ist sie heute glücklich als Sachbearbeiterin Hypotheken.
Dass Küng-Grandjean ihrem Arbeitgeber so eine treue Angestellte ist, hat mit ihrem früheren Chef zu tun, erklärt die heute 40-Jährige: «Über all die Jahre hat mir die Allianz Versicherung so viele Türen geöffnet. Als ich mit meinem ersten Sohn Travis schwanger wurde, war für meinen damaligen Chef klar, dass ich auch in einem reduzierten Pensum weiterarbeiten kann. Ein solches Entgegenkommen ist nicht überall selbstverständlich und dafür bin ich meinem Arbeitgeber sehr verbunden.»
Ihre Mutter und Schwiegermutter sind grosse Stützen
Die Working Mom arbeitet heute 60 Prozent. Gemeinsam mit Ehemann Sandro Küng, 40, der als Service-Techniker arbeitet, zieht sie die Söhne Travis, 8, und Lenny, 6, gross. Wenn sie die Familie gerade nicht schaukeln kann, springen die Grossmütter der Buben ein, erzählt sie: «Sowohl meine Mutter als auch meine Schwiegermutter sind eine grossartige Unterstützung bei der Betreuung der Kinder. Das ist in meinen Augen ein riesen Vorteil, den nicht jede berufstätige Mutter geniessen darf.» Beide Grossmütter hüten die Buben je einen Tag in der Woche. «Einen Tag in der Woche sind sie noch im Hort. Beide Jungs gehen sehr gerne hin, weil sie dort ihre Gspänli zum Spielen haben», erklärt Küng-Grandjean.
«Für meine Familie habe ich Skifahren gelernt»
Durch die Geburten ihrer Söhne haben sich die Interessen der einstigen Schönheitskönigin verlagert. Heute sind die Hobbys ihrer Kinder und ihres Mannes auch ihre. «Es gibt mir enorm viel, Zeit mit meinem Mann und den Buben zu verbringen. Für meine Familie habe ich vor zwei Jahren sogar Skifahren gelernt.»
Bei schlechtem Wetter werkelt und malt Küng-Grandjean gerne mit dem Jüngeren im Eigenheim im Knonauer Amt, Kanton Zürich. Scheint an den Mittwochnachmittagen und an den Wochenenden aber die Sonne, zieht es die zweifache Mama an die frische Luft. «Meine beiden Buben und auch mein Mann lieben das Velofahren.» Zum Biken geht es oft in den nahegelegenen Wald. «Die Jungs lieben es, im Dreck herumzufahren», schmunzelt die Miss Schweiz 1998.
Die Jungmannschaft interessiert sich für Motorräder
Travis und Lenny tauschen den Veloreifen auch gerne mal gegen einen richtigen Pneu. Kaum zu glauben, aber der Nachwuchs interessiert sich bereits im zarten Alter für die schwereren fahrbaren Untersätze. «Das haben sie von ihrem Vater. Der hat sie mit drei Jahren zum ersten Mal auf einen Töff gesetzt», sagt Küng-Grandjean lächelnd. Als gelernter Töff-Mechaniker und leidenschaftlicher Töff-Fahrer hat der Mann der Ex-Miss den zwei Jungs je ein Mini-Motocross-Motorrad gekauft. «Sie lieben es. Aus Lärm- und Platzgründen muss ich sie als Mutter da aber manchmal etwas zügeln», sagt sie augenzwinkernd.
Im Moment sind die Buben noch zu klein, um über ihr Leben selbst zu entscheiden. Ihr Alltag wird massgeblich von Hort, Schule und den Eltern bestimmt. Die Berufswahl steht noch in ferner Zukunft. Ob es einen ihrer Söhne dereinst ins Rampenlicht zieht? «Ich glaube nicht, Travis und Lenny werden andere Ziele verfolgen», winkt die Ex-Miss ab. Falls ihr Nachwuchs wider Erwarten den Wunsch äussern würde, an einer Schönheitswahl teilzunehmen, würde Küng-Grandjean weder dazu raten noch abraten. «Sie sollen das machen, was sie für richtig halten. Ich werde nicht im Weg stehen.»
Die Erfahrungen als Miss weckten in ihr den Wunsch nach einem Nest
An ihr damaliges Amtsjahr als Miss Schweiz hat Küng-Grandjean überwiegend positive Erinnerungen. «Ich durfte so viele tolle Dinge erleben, habe wunderschöne Orte gesehen und konnte einen richtigen Einblick ins Model-Dasein gewinnen.» Über Nacht berühmt zu werden, hatte in ihren Augen aber auch seine Schattenseiten: «Das ständige Übernachten in Hotels hat mich geschlaucht. Für mich stand nach dem Amtsjahr fest: Ich brauche ein Nest.»
Rückblickend findet sie, dass sie in diesem Jahr als Titelträgerin wahnsinnig gereift sei. «Als Miss muss man zu allem und jedem eine Meinung haben. Das zwingt einen, sich sehr früh mit seinem Leben, der eigenen Person und Themen der Gesellschaft auseinanderzusetzen.» In ihrem Fall ist dieses Kapitel über 20 Jahre her. «Mein Missen-Jahr bleibt Teil meiner Vergangenheit, hat für mich heute aber keinen Stellenwert mehr. Ich richte meinen Blick lieber auf die Zukunft mit meiner Familie.»
Sie ergreift Partei für die abgesetzte Miss Jastina Doreen Riederer
Auf den zuletzt kontinuierlichen Sinkflug der Miss-Schweiz-Wahl angesprochen, sagt Küng-Grandjean: «Ich habe die Schlagzeilen um Jastina Doreen Riederer natürlich mitbekommen. Es ist traurig für Jastina, dass sie aus ihrem Sieg nicht mehr machen konnte.»
Die Gründe für Jastinas Scheitern seien von aussen schwierig zu beurteilen. «Was jedoch sicher gegeben sein muss, ist eine erfahrene und gut aufgestellte Organisation. Zu meiner Zeit als Miss Schweiz hatte ich die volle Rückendeckung und Unterstützung der Miss-Schweiz-Organisation. In Jastinas Fall stand die Organisation auf wackligen Beinen, da kann man sein Missen-Jahr weder geniessen noch etwas daraus machen», schlussfolgert Küng-Grandjean.
Ob eine Miss-Schweiz-Wahl im Jahr 2020 überhaupt noch zeitgemäss ist, kann die Ex-Miss schwer einschätzen. «Das müssen Marketing-Experten beurteilen. Was ich aber sagen kann, ist, wenn ich das Rad der Zeit zurückdrehen würde, würde ich wieder teilnehmen und alles genau gleich machen.»
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