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  4. Liebes-Aus mit Ronja Furrer: Rapper Stress spricht über sein persönliches Tief und Trennung
«Liebe kann man nicht steuern»

Stress spricht erstmals über die Trennung von Top-Model Ronja Furrer

«Libertad» heisst das neue Album von Stress. Freiheit. Für ihn ein Lebensgefühl. In den Bergen spricht der ­Musiker über Kindheit, Krise, Kinderwunsch. Und warum das Scheitern einer Beziehung nicht nur negativ ist.

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Stress auf dem Parsenn, Musik, SI 07/2022

Weitsicht auf dem Weissfluhgipfel. «Man muss zuerst mit sich selbst klarkommen, bevor es jemand anders tut.»

Kurt Reichenbach

Rechts und links wird getuschelt in der Kabine Richtung Weissfluhgipfel im Bündner Skigebiet Davos Parsenn. «Keine Ahnung, ob die mich erkannt haben oder sich einfach fragten, wer der Idiot in den komischen Klamotten ist», meint Stress, 44, beim Aussteigen lachend. Nach dem Fotoshoo- ting stürzt sich der Rapper aber in Skikleider und aufs geliebte Snowboard. Kaum etwas symbolisiert für den Lausanner Musiker das Gefühl der Freiheit so sehr wie das «Shredden» auf dem Brett.

Stress auf dem Parsenn, Musik, SI 07/2022

Festhalten in der Gipfelbahn. «Im Leben gehts darum, loslassen zu können. Nur so wird man glücklich.»

Kurt Reichenbach

Was heute das Snowboard für Stress ist, war früher für den kleinen Andres Andrekson – so sein richtiger Name – das Velo. Bis er zwölf war, wuchs Andres in Tallinn auf, der Hauptstadt des damals kommunistischen Estland. Mit dem Velo durch die endlosen Hochhausschluchten zu fegen, war der einzige Weg, im Kopf den dauernden Spannungen zu entkommen. Nicht nur denen in einem gebeutelten Land, sondern auch denen zu Hause. Dem alkoholkranken, gewalttätigen Vater, den Geldsorgen der Mutter, dem leeren Kühlschrank. Andres verpasste dem wichtigen Velo einen Namen: Er nannte es «Libertad».

Einsicht, Weitsicht, Loslassen

Jetzt, über 30 Jahre später, tauft Stress sein neustes Album so. Es ist für ihn genauso wichtig wie damals das Fahrrad. Und genauso persön- lich. Es erzählt die Geschichte einer Flucht. Und vom Entschluss, sich den Dämonen zu stellen. Es geht um Einsicht, Weitsicht und vor allem um eines: loslassen. «Wer das nicht kann, wird es nie schaffen, glücklich zu sein», sagt Stress.

«Schwache Momente gehören zum Leben. Aber sie definieren mich nicht.»

Dabei hat Glück, das weiss er heute, sehr viel mit Selbstliebe zu tun. Das «Loch», wie er es nennt, tut sich langsam auf, bis es vor zweieinhalb Jahren unüberwindbar vor ihm klafft. In ihm lauern die Dämonen der Kindheit, der eigenen Unsicher- heit, der ungelösten Probleme. Das Gefühl, dass alles negativ ist, gipfelt in täglichen Panikattacken und Wutausbrüchen – mehrmals pro Tag. Und in Selbsthass. «Wie kann jemand, der sich selbst nicht mag, erwarten, dass es jemand anderes tut?», fragt Andres mit einem gequälten Lächeln.

Hilfe holen ist eine Stärke

Am Tiefpunkt holt er sich psychologische Hilfe. Und entscheidet sich einmal mehr für die Flucht – diesmal aber die nach vorne. Er veröffentlicht Videoaufnahmen von Sitzungen mit seiner Psychologin. Um anderen, aber auch sich selbst zu zeigen: Sich in einem schwachen Moment Hilfe zu holen, ist eine Stärke. Und: «Schwache Momente gehören zum Leben. Aber sie definieren mich nicht.» Als er sich psychologische Hilfe holt, setzt Stress zum Sprung an über dieses ominöse Loch. An den Moment, in dem er springt, erinnert er sich genau. Es ist in den Ferien auf einer wunderschönen indonesischen Insel.

Stress auf dem Parsenn, Musik, SI 07/2022

Kleiner Schneesturm im Gegenwind. «Gewinnen bringt einen nicht weiter im Leben. Verlieren schon.»

Kurt Reichenbach

Wochen zuvor hat Andres seine alte Heimat Tallinn besucht. Von dort nach da. Vom Buben, dessen grösster Schatz sein geliebtes Velo ist, zum gefeierten Rapper mit vier Nummer-1-Alben, mehrfachen Gold- und Platin-Auszeichnungen und Livekonzerten, die kein Publikum je vergisst. «Ich bin einen unglaublichen Weg gegangen», sagt er. «Wie kann ich da den Nerv haben, mir selbst nicht zu vertrauen!»

Corona sorgt fürs Liebes-Aus

Trotzdem ist die Landung auf der anderen Seite schmerzhaft. Das Loch ist zwar überwunden, seine zehnjährige Beziehung zu Topmodel Ronja Furrer, 30, ist ihm zum Opfer gefallen. Das Paar versucht, die Risse zu kitten. Die Fernbeziehung – sie lebt in New York, er in Zürich – macht das fast unmöglich. «Man kann gewisse Dinge nicht am Telefon diskutieren.» Corona sorgt dann für das endgültige Liebes-Aus. Fünf Monate lang sehen Ronja und Stress sich nicht. «Irgendwann haben wir einander einfach nicht mehr gespürt. Da wusste ich: Jetzt ists am Arsch», meint der Rapper in seiner nonchalant pragmatischen Art. Dem Beziehungsende folgt die Erkenntnis: «Liebe kann man nicht steuern. Auch wenn man es noch so sehr versucht.»

Stress auf dem Parsenn, mit Ronja Furrer, Musik, SI 07/2022

Zehn Jahre galten Stress und Ronja Furrer als Traumpaar. Vor Kurzem bestätigt sie das Liebes-Aus.

Alexandra Pauli / SI

Ja, er habe gelitten und getrauert. Und ja, er sehe das Scheitern einer Liebe auch als Niederlage. «Das ist aber nicht nur negativ. Wer stets nur gewinnt, kommt nicht weiter im Leben. Ich denke, ich bin jetzt an einem sehr guten Punkt angekommen, an dem ich im Reinen bin mit mir selbst.» Um ein paar Sätze später in seiner unvergleichlichen Ausdrucksweise mit französischem Akzent zu sagen: «Vor einiger Zeit war ich an einem Punkt, an dem ich dachte: Ich bin 44, und ich bin Single. Figg mis Läbe!» Er meint es nur halb lustig. Denn: «All meine Freunde sind verheiratet und haben Kinder. Ich hätte das auch gern. Ich glaube, ich könnte einem Kind sehr viel mitgeben.» Ausserdem stellte er seine Vaterqualitäten bereits unter Beweis, schliesslich wuchs der mittlerweile erwachsene Sohn seiner Ex-Frau Melanie Winiger, 43, zu einem grossen Teil mit ihm auf. Die beiden pflegen immer noch einen guten Kontakt.

Stress auf dem Parsenn, Musik, SI 07/2022

Einsicht im Restaurant Weissfluhjoch. «Wir schauen ständig darauf, was andere machen. Aber wir müssen unser eigenes Rennen rennen.»

Kurt Reichenbach

Das Leben kann man halt genauso wenig steuern wie die Liebe. «Aber man kann, wie ein Rennpferd, sein eigenes Rennen rennen und nicht ständig nach rechts und nach links schauen.» Und wenn man strauchelt, steht man wieder auf und versucht, «danach eine bessere Version meiner selbst zu sein». Und wenn man Stress ist, verpackt man all das in ein Album. Und benennt es nach einem Velo aus Kindertagen. Weil es ihn an etwas Wichtiges erinnert: «Freiheit ist kein Besitz oder etwas, das andere dir geben. Freiheit ist etwas, das du selbst kreierst.» Sagts und brettert los. Und wenn er unten angekommen ist, gehts wieder aufwärts.

Stress auf dem Parsenn, Musik, SI 07/2022

Freiheit. «Ich habe mir mit 15 mein erstes Snowboard zusammengespart und war sofort begeistert.»

Kurt Reichenbach
Familienbloggerin Sandra C.
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Von Sandra Casalini am 18. Februar 2022 - 00:09 Uhr