«Wie muss ich reanimieren?», fragt Rapper Stress. 20 Jahre ist es her, dass er an einem Nothilfekurs teilgenommen hat. «Das war, bevor ich in Lausanne die Autoprüfung gemacht habe», erinnert sich der 43-Jährige. «Höchste Zeit, dass ich hier einen Refresher bekomme!»
Der in Zollikerberg ZH lebende Musiker steht auf einem Trottoir beim Hauptbahnhof Zürich, neben ihm Mélanie Freymond, 42, die in der Romandie bekannte TV-Moderatorin aus Lausanne VD. Sie sind neu Botschafter des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK).
Nun nehmen sie an einem kurzen Erste-Hilfe-Kurs teil, organisiert vom Hilfswerk. Instruktorin ist Tanýa Bauer, 48, Kursleiterin beim Schweizerischen Samariterbund. «An einem Konzert von dir war ich noch nie», sagt die Thurgauerin zu Stress und lacht.
Dann wird es ernst: Zuerst gelte es festzustellen, ob eine regungslos am Boden liegende Person bei Bewusstsein ist, sagt Tanýa Bauer. «Wie machen wir das?» Stress: «Ich fühle ihr den Puls.» Die Kursleiterin schüttelt den Kopf. «Nein. Wir prüfen, ob die Person antwortet.» Ist dies nicht der Fall, doch der Patient atmet normal, wird er in die Seitenlage gedreht.
Was als Nächstes zu tun sei, will die Samariterin wissen. Stress und Freymond antworten unisono: «Notruf Nummer 144!» Tanýa Bauer nickt. Das gelte es auch, sofort zu machen, wenn der Patient weder antwortet noch atmet. Und dann? «Reanimation», sagt Stress. Die Instruktorin nickt erneut. «Für die Wiederbelebung machen wir eine Herzdruckmassage und setzen wenn möglich zusätzlich einen Defibrillator ein.» Solche Geräte gibt es mittlerweile an vielen öffentlichen Standorten, an Bahnhöfen zum Beispiel. «Auch medizinische Laien dürfen einen Defi benützen», betont die Samariterin und demonstriert an der Phantompuppe eine Reanimation: Oberkörperkleider des Patienten entfernen, Schritt für Schritt den akustischen Anweisungen des Defibrillators folgen. Dazu gehört Herzmassage – bis der Rettungsdienst eintrifft.
Mélanie Freymond macht einen Versuch bei der Puppe. Da in Zeiten von Covid-19 auf die Beatmung verzichtet wird, muss ununterbrochen reanimiert werden – ohne Pause. Also drücken, drücken, drücken! Nach zwei Minuten ist Freymond am Schwitzen, sie keucht: «Ganz schön anstrengend!» – «Gut, weiter so!», spornt die Instruktorin an.
Was tun im medizinischen Notfall? Dieser und weiteren Fragen in diesem Zusammenhang ist die Studie nachgegangen, die das SRK und der Krankenversicherer Helsana in Auftrag gegeben haben. 3000 Personen in der Schweiz wurden im Juli befragt. Der Befund lässt aufhorchen! Die Bevölkerung fühlt sich in Notfallsituationen und bei Erste-Hilfe-Massnahmen unsicher. Nur jede zweite Person traut sich zu, im Notfall zu helfen. Der Grund: fehlendes oder veraltetes Wissen. Die meisten sind der Ansicht, dass mit dem Benützen von Smartphones eine passivere Haltung in Notfällen überhandnimmt. Konkret: Man ruft vermehrt den Rettungsdienst, statt Erste Hilfe zu leisten. Viele Befragten befürworten eine obligatorische Ausbildung. «Nothilfekurse sollten an der Schule obligatorisch werden», sagt auch Stress.
Zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer haben mindestens einmal direkt einen medizinischen Notfall einer anderen Person miterlebt. Rapper Stress gehört nicht dazu. «Zum Glück. Umso besser, dass ich diesen Refresher gemacht habe», sagt der gebürtige Este. «Ich kann dies nur empfehlen. Macht einen Kurs! Das kann Leben retten.»