Wohin geht jemand, der schweizweit als TV-Moderator bekannt ist? Am besten an einen Ort, wo er nicht auffällt: an einen Touristen-Hotspot! Von all den Hergereisten erkennt auf dem Hausberg von Interlaken niemand Sven Epiney, 47. Dafür interessieren sich saudische Touristen für Neo und Lenny.
Die beiden gucken auf dem Harder Kulm aus dem Tragkörbchen und stehen Fotomodell. «Das passiert immer wieder. Wir werden oft auf unsere Hunde angesprochen, gell Mäuse?», sagt Partner Michael Graber, 26.
Vielleicht liegt es auch daran, dass auf der Aussichtsplattform um 15.40 Uhr «gerade tote Hose herrscht», wie der Chef des «Harder Kulm», Dieter Aegerter, sagt. Die meisten Touristen würden nach dem Mittag zurück ins Dorf fahren. «Gegen 18 Uhr wirds wieder voll.» Und so kann das Paar das Bergpanorama mit Eiger, Mönch und Jungfrau sowie dem Thuner- und Brienzersee geniessen.
Sven Epiney streckt den Arm aus und weist auf ein grosses Zelt und Fahrzeuge. «Schau, das Trucker & Country Festival findet gerade statt.» Es folgen Fakten, Anekdoten und Erklärungen, schliesslich hat Epiney den Anlass zehn Jahre lang moderiert.
Weiter gehts mit der örtlichen Geografie. Auch im «Harder Kulm» hat der Moderator schon für das Swiss Economic Forum durch einen Anlass geführt. «In der Schweiz habe ich mit Sven immer einen Guide dabei», so Graber. «Und er ist so schön euphorisch und möchte das Wissen teilen. Das ist der Lehrer in ihm.»
Manchmal könne dies auch ein bisschen anstrengend sein, gesteht Graber und lacht verschmitzt. «Doch so ist mein Schatz – immer positiv und stets gut gelaunt.»
Nach einer Stunde fällt Epiney doch auf. «Ich höre dich jeden Morgen», sagt Christine und fragt um ein Selfie. Seit über 20 Jahren ist der Walliser mit Berner Dialekt beim SRF als Radio- und TV-Moderator tätig und in der ganzen Schweiz unterwegs. Von 2003 bis 2005 führt er durch die Sendung «Fensterplatz», den Vorgänger von «SRF bi de Lüt».
Mit «Wer wohnt wo?» reist er aktuell von Ort zu Ort. Zudem vertritt er auch dieses Jahr in «Lueget vo Berg und Tal: Nationale 1.-August-Sendung von SRG SSR» (1. 8., 20.05 Uhr, SRF 1) den deutschsprachigen Landesteil.
«Die Schweiz ist einfach schön! Ich war beruflich schon in jedem Kanton unterwegs, aber definitiv noch nicht auf allen Bergen.» In Brig geboren und in Naters aufgewachsen, liebt Epiney das Wallis und die Weitsicht. Früher wie heute zieht es ihn stets auf die Gipfel. «Das gibt mir das Gefühl von Freiheit und von Demut», sagt er. «Ich bin sicher, dass viele Touristen denken, wenn sie die klaren Seen und die Berge betrachten: So muss das Paradies aussehen!»
Das Paar ist oft in der Schweiz unterwegs – zu Fuss, mit dem Velo (beide haben ein Mountain- und ein E-Bike), dem Roller, Auto oder neustens mit dem Camper. «Privat entdecken wir gerne Neues, am liebsten Orte, wo wir beide noch nicht waren», so Michael Graber. Er hatte auch die Idee fürs Stand-up-Paddling – schliesslich hat Sven das noch nie gemacht.
Am Ufer des Brienzersees in Bönigen BE gibt Instruktorin Nicole Schneider von SUP Fit + Fun eine kurze Einweisung in den Sport und gesteht Sven sogleich: «Weisch, ich habe dich schon so oft im TV gesehen, ich kenne dich einfach.» Am Ende der «entschleunigenden Tätigkeit auf dem Wasser», wie Epineys Fazit lautet, fragt sie ihn noch nach einem Selfie. «Die Zeit für ein Foto mit Zuschauern nehme ich mir in der Regel gerne, das gehört zu meinem Job dazu.» Und posiert dann am Ufer mit den Fans. «Früher verbrauchte ich Tausende Autogrammkarten pro Jahr, jetzt sind es eben die Selfies.»
Michael Graber nimmts gelassen. «Im Ausland ist es erstaunlicherweise extremer», sagt der Aargauer, «denn einen prominenten Schweizer in der Wüste Gobi anzutreffen, ist spezieller, als ihn in der Schweiz zu sehen.»
Langsam dämmerts. Die beiden laufen durch den TCS-Campingplatz zurück zu ihrem E-Auto. «Ich kenne dich! Ich machte bei ‹5 gegen 5› mit», rufts von einer Tischrunde. Die Nachbarin schliesst sich an.
«Ich kenne dich auch. Ich habe schon dein Ticket kontrolliert.» Epiney grüsst, schmunzelt, macht einen Spruch und wünscht einen schönen Abend.
Weitere Etappen gibt es im Dossier «Quer durch die Schweiz» zu lesen.