Andrea Vetsch, Sie werden am Weihnachtsabend, dem 25. Dezember, die Hauptausgabe der «Tagesschau» moderieren – ein freiwilliger Entscheid?
Es ist ein Team-Entscheid. Wir planen unsere Einsätze immer gemeinsam innerhalb unseres vierköpfigen Moderations-Teams der «Tagesschau» und schauen, dass niemand alle Weihnachtstage hintereinander arbeiten muss und so sicher mindestens einmal feiern kann. Bei der Planung stellen wir sicher, dass niemand, der an Weihnachten moderiert, auch an Silvester im Studio stehen muss.
Wie beliebt sind die Einsätze an Weihnachten?
Für uns ist es normal, dass wir an jedem Tag des Jahres, also auch an Weihnachten, arbeiten müssen – die «Tagesschau» kommt nunmal an 365 Tagen im Jahr. Es muss einfach ausgeglichen sein. Wer im letzten Jahr über die Festtage viele Einsätze hatte, der kann sich dieses Jahr etwas zurücklehnen und muss dann dafür nächstes Jahr wieder etwas mehr moderieren. Wir sind aber total kollegial unterwegs, es ist wichtig, dass es für alle stimmt. Meist brauchen wir für die Planung nicht länger als zwei Minuten.
Fühlt sich das Moderieren der «Tagesschau» am Weihnachtsabend anders an als sonst?
Ich muss vorausschicken, dass wir an ganz vielen Feiertagen arbeiten und auch an Pfingsten, Ostern oder dem 1. Mai im Studio stehen. Der Umstand, dass wir arbeiten, wenn alle anderen freihaben, gehört in diesem Job dazu und ist für uns ganz normal. Mir wird der spezielle Tag aber jeweils dann bewusst, wenn ich mit dem Tram ins Fernsehstudio fahre, wissend, dass in diesem Moment alle zu Hause Lieder singen, um den Baum sitzen und vor ihren feinen Weihnachts-Menüs sitzen. Das fühlt sich dann schon ein wenig speziell an. Ich bin damit aber nicht alleine, ganz vielen Menschen an der Supermarkt-Kasse, im Spital oder der Pflege geht es nicht anders als mir.
Unterscheiden sich die Themen an Weihnachten?
Nicht wirklich. Oft ist ein bisschen weniger los als an normalen Tagen, aber wir sind auch am 25. Dezember meist gut ausgelastet.
Passen Sie Ihre Moderation an?
Früher zog man sich im Studio immer ein bisschen festlicher an als an normalen Tagen, diesbezüglich habe ich mir aber nichts vorgenommen. Wenn es die Themen erlauben, möchte ich aber schon eine freundschaftliche, warme und einladende Stimmung ins heimische Wohnzimmer transportieren. Ein besonderes «Tschüss», bei dem ich ein paar Worte mehr sage und frohe Festtage wünsche, muss aber schon sein.
«Ich möchte den Menschen zu Hause ein Gefühl von Vertrautheit vermitteln»
Andrea Vetsch
Wie kann man sich Ihren Arbeitsabend an Weihnachten vorstellen?
Grundsätzlich ist der Ablauf so wie an jedem anderen Arbeitstag auch. Festlicher wird es nach der Sendung, dann gehen wir meistens gemeinsam mit dem Team der «Tagesschau»-Spätausgabe in die SRF-Mensa, wo uns ein festliches Menü offeriert wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben sich immer sehr viel Mühe und verwöhnen uns mit einem richtigen Mehrgänger, selbstverständlich ohne Alkohol.
Vermissen Sie es, am 25. Dezember nicht mit Ihrer Familie feiern zu können?
Ich verbringe ja an Heiligabend bereits einen schönen Abend gemeinsam mit meinen Liebsten, einmal feiern zu können, reicht mir eigentlich. Als Kind zelebrierten wir jeweils drei Abende hintereinander – das war mir fast ein bisschen zu viel.
Nimmt es Ihre achtjährige Tochter auch so locker, dass ihre Mutter an Weihnachten arbeitet?
Ganz ehrlich, ich habe es ihr noch gar nicht gesagt. Sie ist aber sicher froh, dass wir am 24. zusammen feiern, am Tag darauf hat sie selber schöne Pläne und ist mit ihrem Vater unterwegs und verbringt den Weihnachtsabend mit seiner Familie. Sie ist es sich aber gewohnt, dass ich unregelmässig und auch an Wochenenden arbeite – damit kann sie gut umgehen.
Unter den Zuschauerinnen und Zuschauern der «Tagesschau» vom 25. Dezember dürften einige einsame Menschen sein. Haben Sie das beim Moderieren im Hinterkopf?
Auf jeden Fall. Wir «Tagesschau»-Moderatorinnen und -Moderatoren sind jeden Abend für die Menschen vor den Bildschirmen da und sind – vielleicht ganz besonders an Weihnachten – ein Fixpunkt. Vielleicht genau für jene, die alleine zu Hause sind und niemanden zum Feiern, keine Familie, keinen Christbaum haben. Solchen Menschen vielleicht ein gewisses Gefühl von Vertrautheit zu vermitteln, fühlt sich gut an.