Seit viereinhalb Jahren gehen die Liechtensteinerin Tina Weirather, 32, und der Bündner Fabio Nay, 33, gemeinsam durchs Leben. Während er sich nach langer Radiokarriere selbstständig gemacht hat und nun Online Content für Firmen produziert, überzeugt die 41-fache Weltcuppodestfahrerin seit ihrem Rücktritt vom Skisport 2020 als Expertin beim SRF. Dass es zwischen den beiden passt, spürt man beim Fotoshooting jederzeit. «Du bist auf jedem Bild wunderschön!», ruft Nay begeistert, als er die Fotos durchsieht.
Tina Weirather, Fabio Nay, wer von Ihnen fühlt sich vor der Kamera wohler?
Weirather: Ich glaube ich, oder?
Nay: Hätte ich auch gesagt. Fotoshootings sind ziemlich ausserhalb meiner Komfortzone.
Weirather: Seit ich beim SRF arbeite, habe ich fast keine Hemmungen mehr vor der Kamera. Die Ski-WM war für mich ein Wendepunkt. Wir waren im Studio live – was passierte, passierte.
Nay: Und ich geniesse es immer mehr, im Hintergrund zu sein, seit ich nicht mehr beim SRF bin. Mein Rampensau-Gen fällt gerade zusammen …und das finde ich gar nicht schlecht.
Tina Weirather, Sie kommen hervorragend an beim Fernsehpublikum. Könnten Sie sich vorstellen, anderes zu machen als Skirennen?
Nay: Das klingt immer etwas blöd, wenn man über sich selber spricht. Deshalb sage ich es: Ich finde, sie ist für jegliche Unterhaltungssendung geeignet, weil sie ein Naturtalent vor der Kamera ist. Das sage ich als Freund natürlich mit einer rosaroten Brille, aber es steckt viel Wahrheit drin.
Weirather: Ich habe diesen Job angenommen, weil ich Skirennen das Grossartigste der Welt finde. Technische Analysen, kommentieren, frischen Wind reinbringen auf Social Media – das ist auf mich zugeschnitten. Früher hat mich Live-TV belastet, vor Auftritten war ich immer so nervös. Seit ich mich vor der Kamera wohlfühle, mache ich es auch mega gerne.
«Tina ist für jegliche Unterhaltungssendung geeignet, weil sie ein Naturtalent vor der Kamera ist»
Fabio Nay
Als Sie zurücktraten, hatte sich Fabio gerade vier Monate zuvor selbstständig gemacht. War es hilfreich oder schwierig, dass ihr beide gleichzeitig euer Leben umkrempelten?
Weirather: Es war ja nicht nur das. Er lebte vor-her in Zürich, ich in Vaduz. Nach vier Monaten zusammenwohnen kam der Lockdown, und wir waren 24 Stunden zusammen. Das war das Krasseste.
Nay: Danach wussten wir: Doch, diese Beziehung «verhebt» wunderbar. Dass sich beide gleichzeitig neu orientiert haben, war mal schwierig, mal cool. Abends hatte man sich Dutzende Sachen zu erzählen, war auch auch mal am Kämpfen.
Weirather: Wir hatten beide Phasen, in denen wir so mit dem eigenen Wechsel beschäftigt waren, dass die Beziehung ein wenig unterging. Wo wir dann sagten: Hey, uns gibts auch noch, nicht nur jeden einzeln. Wir sind auf Augenhöhe, machen vieles gemeinsam, aber jeder hat auch sein Ding. Wir können uns aufeinander verlassen.
Sie sind beide ziemlich kommunikativ, haben in den Ferien Action ohne Ende. Gibts auch mal einen ruhigen Moment?
Nay: In den Ferien beim Kitesurfen sind wir recht fanatisch. Da gibts Adrenalin, Spass, neue Menschen, feines Essen, da können wir uns selten stoppen. Aber zu Hause …
Weirather: … da sind wir voll chillig. Es ist schön, wenn man mal nichts tun kann, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu verpassen. Ich finde es schlimm, an jeden Event zu müssen, weil du sonst meinst, du hast zu wenig aus dem Tag gemacht.
Wer hat die grössere Klappe?
(Tina zeigt auf Fabio.)
Nay: Ich habe schon rein physikalisch die grössere Klappe. Ich habe Mühe damit, die richtige Lautstärke für jeden Raum zu finden. Ich spüre den nicht wirklich, bin einfach ein lauter Mensch.
Weirather: Wir haben bereits Zeichen abgemacht, wie ich ihm zu verstehen geben kann, dass er zu laut ist. Ich habe mich schon geschämt!
Nay: Die ganze Familie Nay ist laut, als hätte sie ein Megafon!
Wie verstehen Sie sich mit euren Familien?
Nay: Super! Es ist meine längste Beziehung, und ich hätte nicht gedacht, dass es so wichtig ist, dass man es so gut hat mit der Familie.
Weirather: Ein Beispiel: Meine Tante hatte letzte Woche Geburtstag, und Fabio ging hin, obwohl ich weg war und er es nicht mal wusste.
Nay: Beide Familien sind sehr gesellig. Wenn man etwas Gutes zu diskutieren hat, gehts ab.
Was kann der andere besonders gut?
Weirather: Fabio ist sehr einfühlsam, ich kann ihm alles erzählen. Er sagt nie: Jetzt tu nicht so, sondern nimmt mich immer ernst. Und ich bin so froh, dass er gut kocht, denn ich habe Phasen, in denen ich nicht gerne koche.
Nay: Ich finde, dass Tina zu ihren engsten Freundinnen, ihrer Familie und zu mir so lieb ist und alles für mich macht. Sie ist einfach immer da. Und: Sie ist den ganzen Winter auf der Welt unterwegs, und ich muss mir nicht ein einziges Mal Sorgen machen. Das Vertrauen ist bei 110 Prozent.
Wie ist es für die Beziehung, wenn Tina so viel unterwegs ist?
Nay: Momentan hab ich ein wenig Angst, etwas zu verpassen. Weil sie an so coolen Orten der Welt ist und ich Lust hätte, mit ihr dorthin zu gehen. Sonst ist sie meistens nur drei, vier Tage weg. Früher war es richtig hart im August, wenn sie vier Wochen in Chile im Trainingslager war.
Weirather: Im ersten Jahr habe ich Fabio eine Art Adventskalender gebastelt, für jeden Tag Rätsel, Bilder und so. Das habe ich danach nie mehr gemacht, es war wahnsinnig aufwendig (lacht).
Nay: Das war cool, die Rätsel waren schwierig.
Weirather: Ich dachte: Wie kann man das nicht checken?
Nay: Tina ist manchmal zu intelligent für mich. Ich schnall solche Sachen nicht immer. Zusammenhänge checkst du viel schneller.
Weirather: Unsere Hirne funktionieren ganz anders. Das ist das Faszinierende am Zusammensein. Wir lernen viel voneinander. Wir haben komplett andere Schaltungen, sind anders aufgewachsen.
«Unsere Hirne funktionieren ganz anders. Das ist das Faszinierende: Wir lernen so viel voneinander»
Tina Weirather
Wo gehen Ihre Meinungen denn auseinander?
Weirather: Beim Thema Streiten.
Nay: Ich finde, man kann Dinge nicht genug diskutieren …
Weirather: … und ich will dann nicht mehr drüber reden und es zur Seite legen.
Nay: Ich habe damit einfach gute Erfahrungen gemacht: In dem Moment fühle ich mich total gereinigt, weil ich alles rausgelassen habe, was ich in mir hatte. Das ist meine Methode. Tina belastet es mehr, wenn sie das alles durchkauen muss.
Weirather: Seine Eltern sind Psychologen. Und ich bin in einer Familie aufgewachsen, die gesagt hat: Nimm dich zusammen, und schau nach vorne!
Nay: Mittlerweile hab ich festgestellt, dass die Wahrheit in der Mitte liegt. Dort sind wir jetzt.
Was kann der andere besser?
Weirather: Fabio bringt Dinge besser zu Ende. Er macht Projekte von A bis Z. Ich reisse gerne an, bin mega begeistert. Und wenn es dann um Details geht, mag ich nicht mehr.
Nay: Ich bin gerne in der Freizeit chaotisch und im Büro strukturiert ohne Ende und erwarte das auch von allen um mich herum. Vielleicht sollte ich diese Strategie mal überdenken.
Haben Sie gemeinsame Träume oder Projekte?
Nay: Wenn man in Graubünden aufwächst, macht man keine Skiferien. Viele aus dem Unterland mieten eine Hütte und fahren eine Woche lang. Deshalb wäre mein Traum, ein kleines Hüttchen an einer Skipiste zu besitzen. Am Morgen aufwachen und direkt auf die Piste.
Und für Sie, Tina, kommen normale Skiferien auch in Frage?
Weirather: Ja!
Nay: Sie liebt es, weil sie nun durchaus auch mal noch einen Glühwein trinken kann und nicht noch in die Physio muss.
Weirather: Aber ich bin eher der Typ, der nicht etwas kaufen möchte, sondern mal ins Südtirol und mal ins Wallis geht, mal ins Bündnerland.
Nay: Ich glaube, wir müssen die Frage nochmals richtig beantworten vom gemeinsamen Traum. Aber wir sind nicht so die Träumer, das liebe ich.
Weirather: Was ich voll schön finde, ist, wenn man gemeinsam Traditionen aufbaut. Jedes Jahr Silvester ein Cordon bleu essen etwa. Solche Rituale haben wir fast nicht, weil ich immer weg war. Ich freue mich, wenn sich das etabliert.