Es sind drei Medaillen und die dazugehörigen Trophäen in Schneesternform, die Loïc Meillard am frühen Montagmorgen ins Auto packt. Dazu kommen Kisten mit Sponsorengeschenken, Skitaschen, Ausrüstungsbeutel – das ganze WM-Leben wird im Kofferraum verstaut. Endlich gehts zurück in Richtung Heimat. Der 28-Jährige, der den ganzen Winter auf Achse ist, stapelt die Taschen routiniert – als wäre er nicht nur ein Meister im Slalom, sondern auch im Tetris. Und doch ist dieses Packen anders.
Noch nie hat Meillard so viele Medaillen auf einmal von einer Weltmeisterschaft mit nach Hause genommen. Zwei goldene, eine bronzene – die Bilanz eines Weltmeisters, der die Ski-WM in Saalbach geprägt hat wie kein anderer. Etwas erschöpft, aber glücklich, verstaut er die letzte Tasche, bevor er sich kurz umdreht und sagt: «Es ist absolut fantastisch, was ich in dieser Woche erleben durfte.» Ob Saalbach nun sein neuer Lieblingsort ist? «Das nicht», sagt der Technikspezialist schmunzelnd, «aber es ist sicher ein spezieller Ort für mich. Ich habe hier schon sehr viel Schönes erleben dürfen.»
Vertraute Piste
Bereits seinen ersten Weltcup-Podestplatz feierte Loïc Meillard am Zwölferkogel – 2018 im Riesenslalom. In der Zwischenzeit sind die Träume längst grösser geworden. «Ich wollte nicht ohne eine Medaille nach Hause kommen – das war klar.» Dieses Ziel hat er weit übertroffen! Erst gewinnt er mit Franjo von Allmen in der Team-Kombination Gold, dann holt er im Riesenslalom die Bronzemedaille hinter seinem Schweizer Kollegen Thomas Tumler. «Er ist ein ruhiger, zufriedener Typ. Mit ihm habe ich immer tolle Momente – wir sind beide auch schon lange dabei», erzählt Meillard.
Langjährige Kollegen: Silber und Bronze im Riesenslalom – die Freude ist riesig! «Zusammen auf dem Podest zu stehen, ist noch toller!»
PASCAL MORAAm letzten WM-Tag und zum krönenden Abschluss wird der Romand schliesslich Slalom-Weltmeister. 75 Jahre wartete die Schweiz auf diesen Erfolg – der letzte, der diesen Titel einheimsen konnte, war Georges Schneider 1950. «Es ist verrückt. Das mit dem Slalom und mir war ja nicht immer eine Liebesgeschichte – vor allem in jungen Jahren», sagt er und lacht. Das ist längst vergessen – Meillard gelingt sein Coup dank vollem Angriff in beiden Läufen. Er lächelt. Bekannt für seinen Perfektionismus und seine Bescheidenheit, sagt er prompt: «Verbessern kann man sich immer. Aber es war ein gutes Rennen, auf jeden Fall.» Auf dem obersten Podest zu stehen, mit der Schweizer Hymne im Ohr, fühle sich einmalig an. «All die Vorbereitungen, das harte Training, all die Ups und Downs der letzten Monate durchläuft man da nochmals. Diese Emotionen sind überwältigend – und wunderschön.»
Ab nach Hause! Am Morgen nach dem Slalomsieg gehts kurz heim, bevor am Wochenende der Weltcup in Crans-Montana ansteht.
PASCAL MORAMitleiden mit Mélanie
Nur etwas trübt Meillards perfekte WM-Reise: Seine zwei Jahre jüngere Schwester, Skirennfahrerin Mélanie Meillard (26) ging leer aus. Sie fädelte im Slalom im zweiten Durchgang gar ein. «Das tut mir schon sehr weh. Sie ist mit dem Herzen gefahren, hat alles gegeben – aber im Slalom kann es leider schnell passieren.»
Loïc Meillard schliesst den Kofferraum, steigt ins Auto. Dann dreht er den Schlüssel, der Motor springt an – mit einem letzten Blick in den Rückspiegel verlässt der Doppelweltmeister Saalbach. Drei Medaillen schwerer, aber irgendwie auch ein Stück leichter.