Liebe auf den ersten Blick ist es nicht, als Ellen Brandsma vor elf Jahren mit ihrem Partner das ehemalige Pfarrhaus in Aarau besichtigt. Die verwinkelten Räume scheinen zu eng für ihre Familie. «Heute finde ich die Einteilung sehr herzig», sagt die 52-jährige Interior Stylistin. «Ich kann durch die Räume zirkeln, in jedem einzelnen passiert was anderes.»
In der ersten Etage des Hauses gibt es mehrere Räume zu entdecken. Bereits der grosszügige Eingangsbereich ist mit einem kleinen in Altgelb gefliesten Lavabo, das zum Gäste-WC gehört, ein Hingucker. Zwei Türen führen in Stube und Esszimmer, die ebenfalls miteinander verbunden sind. «Während die einen noch gemütlich am Esstisch sitzen, können die anderen in der Stube einen Film schauen, das ist toll.»
«Wir können so leben, wie es uns gefällt. Also ‹why so serious›?»
Jedes Zimmer hat die Inhaberin von «Dutch Living – by Ellen Brandsma» stimmig eingerichtet. «Ein schönes Esszimmer ist mir wichtig, hier passiert so viel.» Auf ihren Einkaufsreisen rund um die Welt lässt sie sich von Kulturen und Locations inspirieren. Viele dieser Eindrücke und Stile finden Eingang in ihre Projekte wie das Einrichten von Geschäfts- und Privathäusern und Musterwohnungen und natürlich in ihren 230 Quadratmeter grossen Einrichtungsladen in Aarau.
Kissen, Pflanzen und die Holzbank im Essbereich stammen aus ihrem Store, Designerstücke sind neben einer Vintage-Flos-Lampe rar. «Ich bin wohl sehr holländisch eingerichtet. Mir machen altes Handwerk und alte Möbel, die ‹verhebet›, Freude», sagt die gebürtige Holländerin, deren Eltern in den 60ern in die Schweiz kamen. «Ich mag Materialien wie Holz. Am liebsten belasse ich die Möbel roh und unbehandelt. Holz regeneriert sich von selbst, wie auch das wunderschöne alte Eichenparkett.»
Am runden Holztisch stellt Ellen Brandsma Moodboards – Ideenmappen – für ihre Kunden zusammen. «Viele wünschen, dass ich ihnen Wärme in ihr Zuhause bringe.» Ledersofas, Plattenböden und zu viele Designerstücke können zusammen schnell kalt wirken. «Da machen Textilien etwa eines Stoffsofas oder Leinenvorhänge schon sehr viel aus.» Fürs Ambiente von Gemütlichkeit setzt sie auch auf Licht und Farbtöne. «Wenn die Wand nicht gefällt, einfach bemalen, verändern und ausprobieren.» Diese Einstellung sei typisch für ihre Heimat. «Die Holländer sind mutig, verspielt, verzichten meist auf Vorhänge und geben Einblicke», sagt sie und lacht. «Wir sind erwachsen, können so leben, wie es uns gefällt. Also ‹why so serious›? Wieso nicht mehr mit der Einrichtung spielen?»
«Die Holländer sind mutig, verspielt, verzichten meist auf Vorhänge und geben Einblicke»
Ellen Brandsma öffnet die Glasschiebetür zu ihrem Arbeits- und Malzimmer mit Staffeleien. Ob Acryl, Kohle oder crossmedial mit Klebeband – für sie, die an der Kunsthochschule in Zwolle studierte, ist Malen eine Spielerei und Experimentierfreude. «Hier ist der Ort, an dem ich nichts denken, nichts beweisen muss.» Ihre Gemälde sind im ganzen Haus präsent, besonders Gesichter haben es ihr angetan. «Die Vorstellung, dass ich im Alter im Süden lebe, barfuss gehe und nur noch male, ist toll.»
Fachwissen hin oder her – «das Wichtigste eines Daheims sind die Menschen», sagt Ellen Brandsma. «Und dass wir Dinge um uns haben, bei denen wir Freude empfinden.» Das kann eine schöne Lampe, gebastelte Dinge der Kinder oder ein Teppich sein, auf dem sich die Füsse wohlfühlen. Bei der ehemaligen News-Moderatorin von Tele M1 finden sich neben ihren Gemälden und Möbeln auch einige dekorative Stücke von Reisen. In der Stube steht eine alte Apotheken-Vitrine aus Frankreich. Darin sind Kalabassen in einer aus Draht geflochtenen Schale aus Südafrika – wo sie früher als Fotomodell oft gearbeitet hat –, ein eingerahmter Liebesbrief des Sohnes und alte Holzspielzeuge ausgestellt.
Ledersofas, Plattenböden und zu viele Designerstücke können zusammen schnell kalt wirken
Ellen Brandsma greift sich eine Decke und tritt hinaus in den Garten, wo Sträucher und alte Bäume das Haus zieren. Ihre Söhne, Miles, 21 – er wohnt noch zu Hause –, und Leon, 27, helfen beim Umschwung mit. Sie blickt auf das Haus – ihr Daheim. «Die vielen Zimmer mit Türen ermöglichen es, die Räume separat zu heizen.» Denn nicht zuletzt trage auch eine ideale Raumtemperatur zu einem warmen Zuhause bei. «Schliesslich müssen wir Menschen einfach ‹cocoonen› – uns gemütlich umhüllen», ist Brandsma überzeugt.