Angefangen hat alles mit einer Liste. «Als die Welt immer mehr in Panik oder Weltuntergangsstimmung verfiel», sagt Chris von Rohr (72). «Corona, Klimakrise, Krieg. Plötzlich fingen Menschen an, einander zu hassen, die sich nicht einmal kannten! Es herrscht bis heute eine gewisse Hoffnungslosigkeit. Ich musste selber aufpassen, nicht in eine Abwärtsspirale zu geraten.» Eines Nachts stand der Musiker auf und fing an, eine Liste zu schreiben. Darauf alle Dinge, die ihn glücklich machen. Freunde, Familie, gutes Brot, Krokus, die Natur, Schnee, sein Piano. «Es sprudelte nur so aus mir raus.» Daraus entstand das sechste und neuste Buch von Chris von Rohr: «Meh Glück! Liebeserklärungen ans Leben».
Chris von Rohr sitzt zu Hause in Solothurn am grossen Esstisch und zieht seine alte Schreibmaschine zu sich hin. «Hör dir mal den Sound an», sagt er und fängt an, mit zwei Fingern den Queen-Song «Another One Bites the Dust» in die Tastatur zu hämmern. Chris von Rohr hat das Glück gefunden. «Wenn ich morgens aufstehe und mir nichts wehtut, bin ich nicht etwa tot – sondern glücklich!», sagt der Krokus-Rocker. «Weil ich den ganzen Tag machen kann, was mir Freude bereitet. Wenn ich da nicht happy wäre, kann mir auch niemand mehr helfen.» Er komponiert Songs, malt im Garten oder schreibt Texte. «Als Schweizer haben wir schon ein unfassbares Glück, hier leben zu dürfen.»
Das Geheimnis des Glücks ist, es jeden Tag von Neuem in den kleinen Dingen zu finden. Für Chris von Rohr ist das etwa, eine Kürbissuppe zu kochen, die farbigen Herbstblätter zu betrachten «oder mein Bildschirm in der Küche, der ein digitales Kaminfeuer zeigt – ohne dass ich Holz hacken muss», sagt er und lacht.
Diese Erkenntnis war nicht immer da, sondern ist mit der Zeit gekommen. «Es gab auch graue Jahre in meinem Leben. Als die Leute die Strassenseite wechselten, weil sie mich als Freak oder Taugenichts sahen.» Die Musik von den Beatles, Rolling Stones und die Bücher von Hermann Hesse haben ihm durch schwere Zeiten geholfen. «Heute bejuble ich jeden Tag! Umso mehr, weil ich weiss, dass meine Zeit begrenzt ist. Ich habe nur noch eine kurze Strecke vor mir.» Viele Freunde von früher sind gestorben. «Nur mit wenigen kann ich heute noch über die genialen, bewegten Sixties reden.» Auch Trauer und Tränen seien wichtig im Leben. «Es gibt keinen Tag ohne Nacht, und ohne Dunkelheit sehen wir die Sterne nicht.»
Das Buch ist seine Ode an das grosse Glück, das er im Kleinen findet. Er beschreibt darin etwa, wie seine Mutter immer für ihn da war, wie die Stadt London ihn beflügelt, wie er auf Kreta eine «Weltpause» macht und auch, wie seine Partnerin ihm diese schöne Beziehung schenkte.
Patricia Linder (37) ist ausschlaggebend für das Glück im Leben des Rockers. «Ich hatte ein bewegtes Liebesleben: Als Schüler wurde ich von den Mädels wie ein Seuchenvogel behandelt, als Musiker in den USA habe ich dann nichts ausgelassen.» Fünf mehrjährige und ernsthafte Beziehungen hatte er in seinem Leben – doch keine hat gehalten. Bis jetzt! «Mit Pat ist alles leichter. Es passt einfach. Sie inspiriert und motiviert mich, sie bringt mich zum Lachen und regt mich geistig an.» Kein Wunder, spielt auch sie als sein «Zauberluchs» eine Rolle im Buch. «Was Pat in die Beziehung bringt, ist wahre Medizin und Freude.» Oder wie Hermann Hesse sagen würde: Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.