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  4. Zum 75. Geburtstag: Sängerin Sue Schell vom Trio Peter, Sue & Marc blickt auf ihr Leben zurück
Sängerin Sue Schell wird 75

«Wir haben diese Zeit ausgekostet»

Mit dem Trio Peter, Sue & Marc wurde Sue Schell in den 70er-Jahren zum Star. Nun feiert die Sängerin den 75. Geburtstag und blickt zurück auf ein Leben, das geprägt ist von Erfolgen, Spiritualität – aber auch von schwierigen Momenten.

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<p>Ständchen am Klavier: Sue Schell singt das Lied «I Will Rock My Heart» aus ihrem 2024 erschienenen Album «Songs for Coming Home».</p>

Ständchen am Klavier: Sue Schell singt das Lied «I Will Rock My Heart» aus ihrem 2024 erschienenen Album «Songs for Coming Home».

Geri Born

Susan «Sue» Schell sitzt auf dem Boden ihrer Wohnung im appenzellischen Teufen. Im Körbchen neben ihr döst Hund Mishko, den sie vor fünf Jahren aus Bulgarien gerettet hat. Die Augen geschlossen, die Beine im Schneidersitz gekreuzt, sitzt Sue da. Sie atmet sanft und sagt: «Ich integriere viele Momente des Seins in meinen Alltag, bin ganz im Hier und Jetzt und denke dabei an nichts.» Ein warmes Lächeln umspielt ihre Lippen. «Durch das Meditieren fühle ich mich zeitlos.»

<p>Moment der Ruhe: Regelmässig meditiert Sue in ihrer Wohnung in Teufen. «Den Buddha im Hintergrund habe ich auf dem Flohmarkt gefunden», verrät sie.</p>

Moment der Ruhe: Regelmässig meditiert Sue in ihrer Wohnung in Teufen. «Den Buddha im Hintergrund habe ich auf dem Flohmarkt gefunden», verrät sie.

Geri Born

Das Alter ist für Sue Schell, die am 6. April ihren 75. Geburtstag feiert, nur eine Zahl. «Natürlich habe ich Respekt vor dem Älterwerden», so die Sängerin des legendären Trios Peter, Sue & Marc, das in den 70er-Jahren mit Hits wie «Cindy» oder «Io senza te» grosse Erfolge feierte und die Schweiz viermal am ESC vertrat. «Im Grossen und Ganzen bin ich aber zufrieden mit meinem Körper», erzählt sie, während sie alte Fotos auf dem Couchtisch ausbreitet. Die ausgebildete Klangheilerin nimmt eines davon in die Hand und schmunzelt. Sue, Peter und Marc in ihren Anfangszeiten schauen ihr entgegen: singend, braun gebrannt, nur mit Badehosen bekleidet. «Da waren wir zum Anbeissen schön.» Sue lacht. «Es gibt auch heute noch Momente, in denen ich in den Spiegel schaue und denke: Du bisch e Hübschi!»

Zwischen Erfolg und Krisen

Wenn sie an den Erfolg mit PSM, wie die Fans von Peter Reber (75), Sue Schell und Marc Dietrich (77) die Gruppe nannten, zurückdenkt, erfüllt sie Dankbarkeit. «Ich mutiere immer mehr zum ganz grossen PSM-Fan», sagt Sue Schell, während sie amüsiert ein Schwarz-Weiss-Foto des Trios betrachtet. «Ich wusste immer, dass wir gut waren. Aber jetzt, als älterer Mensch, bin ich von unserem Sound richtiggehend begeistert. Wir haben diese Zeit wirklich ausgekostet», so Schell, die in den Anfangszeiten von PSM eine dreijährige Beziehung mit Peter Reber führte. Sie fügt an: «Wenn ich aber nochmals auf die Welt kommen sollte, mit einem anderen Bewusstsein, dann würde ich sicher ein anderes Leben führen.»

<p>Sue Schell als achtjähriges Mädchen im Jahr 1958.</p>

Sue Schell als achtjähriges Mädchen im Jahr 1958.

Privat

Die in New York geborene Sängerin, die sich heute unter anderem dem Improvisationstheater widmet, durchlebte schwierige Zeiten. «Ich habe viel gelitten», gesteht Schell. 1982, nach der Auflösung von Peter, Sue & Marc, fokussiert sie sich auf ihre Solokarriere, veröffentlicht drei Alben mit melodiösen Popsongs. «Ich wollte zeigen, dass ich das allein auch kann, fühlte mich frei.» Doch die Karriere verläuft nicht nach Plan, der Plattenvertrag wird aufgelöst. Schell stürzt in eine tiefe Lebenskrise. «Wer bin ich? Was mache ich hier? Ich verlor jegliches Selbstvertrauen, war drei Jahre bei einem Psychiater.»

Eine Zeit des Suchens und Ausprobierens beginnt. Bis sie sich 1990 ganz aus der Öffentlichkeit zurückzieht. «Ich musste zur Ruhe kommen», sagt sie. Es folgen Jahre ohne festen Wohnsitz, mit Meditations-Retreats, Aufenthalten in Klöstern, spirituellen Zentren und Gemeinschaften, darunter sechs Monate in Sri Lanka. «Ich habe jeden Tag meditiert. Das war eine der glücklichsten Zeiten meines Lebens.»

<p>Schnappschuss: Das Trio Peter, Sue &amp; Marc auf einer Kreuzfahrt in den 70er-Jahren. «Da waren wir zum Anbeissen schön», lacht Sue.</p>

Schnappschuss: Das Trio Peter, Sue & Marc auf einer Kreuzfahrt in den 70er-Jahren. «Da waren wir zum Anbeissen schön», lacht Sue.

Privat

Wie hat die Bernerin, die ohne Partner und Kinder lebt, ins Appenzellerland gefunden, wo sie seit 25 Jahren eine Wohnung hat in einer ehemaligen Stickereifabrik? «Ich war lange in Berlin und habe dort an einem Retreat die Leiterin eines Bildungshauses aus Teufen kennengelernt.» Mit ihr engagierte sie sich in der Friedensarbeit, reiste in Länder wie Israel oder auf die Philippinen – und fand zum Singen zurück. Vor 20 Jahren erschien die CD «Breathe, You Are Alive», 2024 veröffentlichte Schell das Album «Songs for Coming Home» mit besinnlichen Liedern in englischer und deutscher Sprache. «Ein Herzensprojekt.»

<p>«Hier bin ich zur Ruhe gekommen», sagt Sue Schell vor ihrem Zuhause mit Blick über das Appenzellerland.</p>

«Hier bin ich zur Ruhe gekommen», sagt Sue Schell vor ihrem Zuhause mit Blick über das Appenzellerland.

Geri Born

Älter werden – mit grossen Plänen

Eine neue CD wird es nicht mehr geben. Das Singen, erklärt Sue, falle ihr nicht mehr so leicht. «Es ist ein Kraftakt geworden», gesteht sie. Sie macht eine Pause, nimmt einen Schluck selbst gemachtes Zitronenwasser. «Ich kann das jetzt ja sagen: Ich bin nicht ganz gesund. Seit einem Jahr. In meinem Verdauungssystem stimmt etwas nicht. Ich habe stark abgenommen.» Sie sei in Behandlung, die Ärzte schauen gut zu ihr. Es gebe Tage, an denen sie sich fit und munter fühle, und solche, an denen es ihr nicht so gut geht. «Man weiss nicht, was es für einen Weg nimmt.»

Doch klagen will sie nicht. «Das bin nicht ich. Ich lebe sehr gern und blicke mit Zärtlichkeit auf mein Leben mit allem, was ist.» Angst vor dem Tod hat Sue Schell nicht. Und stimmt eine Zeile aus ihrem Lied an: «Wie ein Blatt, das vom Baum fällt, friedvoll, ohne Reue. So möchte ich gehen!»

<p>Seit fünf Jahren ihr treuer Begleiter: Strassenhund Mishko aus Bulgarien. «Er gibt mir viel, seine Eigenwilligkeit gefällt mir», schwärmt Sue.</p>

Seit fünf Jahren ihr treuer Begleiter: Strassenhund Mishko aus Bulgarien. «Er gibt mir viel, seine Eigenwilligkeit gefällt mir», schwärmt Sue.

Geri Born

Für das Alter hat Sue Schell vorgesorgt: Im Herbst 2027 zieht sie in eine «sorgende Hausgemeinschaft» ganz in der Nähe. Das Projekt nennt sich «Haus des Werdens» und wird wissenschaftlich begleitet. Dort entstehen 14 Wohnungen. «Man schaut zueinander, hilft, wo nötig und möglich. Das spricht mich sehr an. Zwar werde ich mich platzmässig einschränken müssen. Aber das finde ich gut: – nicht ansammeln, sondern loslassen.»

Bis es so weit ist, geniesst Sue Schell das Leben im Moment. Langweilig wird ihr nicht. Neben langen Spaziergängen mit Mishko leitet sie eine Meditationsgruppe, singt in einem Altersheim und im April sogar wieder öffentlich. «In einer Seniorenresidenz trete ich als Gast auf», verrät sie. Plant sie ein Bühnen-Comeback? Sue Schell lacht. «Nein. Ich wünsche mir nur eins: dass meine Songs und Lieder in die Welt hinaus klingen und so viele Herzen wie möglich berühren.»

Von Andrea Germann vor 20 Stunden