Sie sind ein Traumpaar – der Chansonnier Michael von der Heide (51) und der Modedesigner Willi Spiess (57). Seit 29 Jahren gehen die beiden gemeinsam durchs Leben. Sie teilen alles. Beziehungsweise fast alles. Doch davon später.
Willi Spiess’ Massschneiderei in der Altstadt am Ufer der Limmat in Zürich ist die Kreativwerkstatt für Michaels Bühnenoutfits. Bald ist es wieder so weit: Ab dem 30. September geht Michael von der Heide mit seinem neuen Album auf Tournee. Zu einer perfekten Show gehören nicht nur grossartige Songs, sondern auch grossartige Looks.
Dafür hat der Sänger eben «Loschi», wie Michael seinen Willi liebevoll nennt. (Dieser nennt seinen Liebsten umgekehrt «Katze».) Und Loschi, ähm, Willi, kennt nach so vielen Jahren Liebe den Geschmack seines Partners aus dem Effeff. «Ich lasse mich stets vom Thema des jeweiligen Albums inspirieren. Dann wähle ich die Stoffe aus. Michi will immer Jacken, egal, in welchem Stil, mit passenden Hosen und Accessoires. Für diese Tournee habe ich grosse Blumen aus Seide fürs Revers entworfen.» – «Um mich auf der Bühne sicher zu fühlen, brauche ich einen Veston oder eine Jacke», betont der Künstler.
«Als wir uns kennenlernten, meinte Willi, ich hätte einen schlechten Geschmack. Was so nicht stimmt», schmunzelt der Musiker.
Geri Born«Nocturne» – Nachtstück – heisst das Album von Michael von der Heide. «Dieses Wort hat mir schon immer gefallen. Die blaue Stunde ist auch ein bisschen meine Stunde. Die Zeit für Apéros. Aber auch die Zeit, in der ich mich für die Bühne bereitmache.»
«Nocturne» ist ein vielseitiges Album mit 14 Songs – ein Mix aus Balladen, Chansons und Pop. Und wie es sich für Michael von der Heide gehört, singt er mehrsprachig: auf Mundart, Französisch und das erste Mal auf Englisch. «Nach wie vor singe ich aber am liebsten auf Französisch. Mit dieser Sprache hat meine Karriere begonnen», erzählt er.
Obwohl: Der Junge aus Amden SG ist gar nicht zweisprachig aufgewachsen. Mit 16 geht er als Au-pair in die Romandie, nimmt dort Gesangsstunden bei einer Opernsängerin und entdeckt sein Talent. Et voilà – einer der grössten Schweizer Chansonniers ist geboren.
Für jede neue Show bekommt Michael von der Heide von Designer Spiess acht verschiedene Outfits. Jacken und Vestons dürfen nie fehlen.
Geri BornWeitere Trouvaillen auf dem Album sind die Duette mit der britischen Vocal-House-Legende Eve Gallagher und den Schweizer Musikerinnen Jessanna und Heidi Happy. Und von der Heide setzt für einmal nicht seiner Muse Paola Felix ein musikalisches Denkmal, sondern «Ursi National» Ursula Andress, der er ein Lied widmet.
Inspiriert hat ihn der Hit «Barbra Streisand» der DJs Duck Sauce. «Niemand hat bis heute einen Song über unser Bond-Girl geschrieben. Das wollte ich ändern, denn ich finde, dass dieser Weltstar das mehr als verdient hat», so der Sänger. Ursula Andress gab ihr Okay, schickte ihm sogar eine Karte mit Widmung: «Pour Michael, Créateur de si belles chansons»
Seit 1991 steht Michael von der Heide auf der Bühne. Seit fast so vielen Jahren lässt sich der Modeliebhaber von Willi Spiess für jede neue Show mindestens acht verschiedene Bühnenlooks schneidern.
Das ergibt eine stattliche Summe an Kleidern. «Ja, das stimmt», so von der Heide lachend. «In meinen Schränken zu Hause in Rümlang hängen sicher über 200 Kostüme. Ein paar davon musste ich aus Platzgründen abgeben.
Nie trennen würde ich mich aber von den Looks, die ich beispielsweise bei meinem ersten Fernsehauftritt oder beim Eurovision de la Chanson getragen habe. Ob sie mir heute noch passen, ist eine andere Frage. Vielleicht müsste man sie hinten aufschneiden.» Willi, eher der zurückhaltende Teil des Duos, schmunzelt.
Auf dem Sprung: Bald gehts für Michael von der Heide wieder auf die Bretter, die die Welt bedeuten – mit seiner Tournee «Nocturne».
Geri BornDer Quirlige und der Ruhige. Und fast 30 Jahre Liebe. Wie macht man das? Sie hätten eine völlig normale Beziehung und kaum je Streit, sagt von der Heide. «Die Jahre sind einfach so passiert», meint Willi Spiess. «Gut ist sicher, dass wir nicht denselben Beruf haben – aber den gleichen schwarzen Humor.»
Ein kleines Geheimnis gebe es vielleicht doch, um die Beziehung lebendig zu halten. Von der Heide: «Wir schlafen, seit wir zusammen sind, in getrennten Betten. Jeder hat sein eigenes Zimmer.»
Die beiden könnten sich gut vorstellen, irgendwann nicht mehr in der Deutschschweiz zu leben, sondern dort, wo Michael von der Heides gesangliche Liebe liegt: in der Romandie oder in Frankreich. Auch wenn das Zügeln des Kleiderschranks wohl eher aufwendig wäre. Klar ist: Wo der eine ist, ist immer auch der andere.
Michael von der Heide und Willi Spiess können nicht ohne einander. «Wir teilen so vieles. Wir besprechen alles miteinander, wir schauen zusammen Filme, wir hören zusammen Musik, wir reisen zusammen», erzählt Michael. Willi ergänzt: «Von mir aus könnten wir ständig zusammen sein. Wenn er mal weg ist, fehlt er mir sofort.»
Für die Bühnenkollektion von Michael von der Heide lässt sich Willi Spiess (r.) jeweils vom Titel des Albums inspirieren.
Geri BornSo viel Liebe könnte doch auch Lust aufs Heiraten machen, oder? «Als uns früher diese Frage gestellt wurde, haben wir gesagt, dass wir uns dies sofort überlegen, sobald wir vor dem Gesetz heiraten dürfen», sagt Michael.
Jetzt dürften sie. Aber: «Nun haben wir doch ein bisschen Respekt. Man hört immer wieder, dass Paare, die lange zusammengelebt haben, sich plötzlich trennen, kaum haben sie geheiratet.» Wer braucht schon einen Trauschein, wenn man 200 Kostüme hat, die einen verbinden?